ich hatte es, glaube ich, bereits erwähnt: aus dem Koma zu erwachen ist nicht vergleichbar mit unsererem normalen Aufwachprozess: der Wecker klingelt, wir öffnen die Augen und sind mehr oder weniger sofort „da“…
Da die Sedierung mit Opiaten erfolgt, müssen diese „ausgeschlichen“ werden, d.h. Stück für Stück werden die drei verschiedenen Medikamente in der Dosierung zurück gefahren. Wenn dann die Medikamente endgültig nicht mehr gegeben werden, ist mit Entzugserscheinungen zu rechnen, die denen eines Drogen-Entzugs gleichen: z.B. Schüttelfrost, Fieber, Zittern bis hin zu einem Krampf, Halluzinationen, Schreien, Desorientierung usw.
Nicht schön… Und das dauert… Man spricht davon, dass der Körper ca. die ein- bis eineinhalbfache Länge zum endgültigen Abbau der Medikamente braucht, wie sie dem Körper zugeführt worden sind. Je nach Beschaffenheit und Sensibilität des Patienten auch evtl. noch länger…
Um Samuel diese Entzugserscheinungen zu erleichtern, wird widerum mit anderen Medikamenten dagegen gesteuert. Aber da sind wir noch nicht… das kommt erst noch…
Aktuell also der Beginn des Ausschleichens, also des „Zurückfahrens“… Das Ausschleichen der Medikamente geht einher mit der Normalisierung der Körpertemperatur bzw. keiner weiteren „Zwangskühlung“. Er lag ja auf einer Kühlmatte, die seine Temperatur etwas unter dem Normalwert hielt, um seine Körperfunktionen zu dämpfen und das Hirn dadurch noch zusätzlich zu entlasten. Das fiel nun schon mal weg…
Des Weiteren wurden uns kommende Schritte erläutert… am Montag solle das MRT erfolgen, das als etwas bessere Bildgebung noch mehr Aufschluss über Samuels Zustand geben kann. Außerdem würde man in den kommenden Tagen versuchen, ihn wieder mehr selbstständig atmen zu lassen, so dass er demnächst auch von der künstlichen Beatmung wegkommen kann…
Das sind alles kleine Schritte – aber Schritte in die richtige Richtung. Und wir haben uns ja so danach gesehnt, dass er das alles wieder selbst kann… Auch solche grundsätzlichen lebenserhaltenden Funktionen werden vom Gehirn gesteuert und könnten theoretisch „defekt“ sein – das ist aber bei Samuel Gott sei Dank ziemlich ausgeschlossen…
Die „normale Körpertemperatur“ ohne Kühlmatte war nun ein Problem… und sollte es für gut eine Woche bleiben… Am Sonntag, d.8.10. wurde zunächst leicht erhöhte Temperatur festgestellt, dies sollte sich in den kommenden Tagen noch zuspitzen bis über 40°. Über verschiedene Erklärungsmöglichkeiten zur Ursache des Fiebers werde ich im nächsten Blog-Eintrag sprechen… da waren durchaus auch Dinge dabei, die uns Angst machten…
Am 7.10. war in der Losung ein Wort aus Offenbarung 21 zu lesen: „Gott wird abwischen alle Tränen… und der Tod wird nicht mehr sein noch Schmerz noch Geschrei…“
Eine großartige Perspektive auf das Ende der Zeiten, wenn Gott alles neu machen wird. So habe ich diesen Text immer verstanden und gelesen. Und für mich auch beschlossen: nein, das ist keine Ewigkeitsvertröstung! Es ist eine Mutmachperspektive, die besagt: Gott wird am Ende alles gut machen – und das kann mir heute schon Trost geben, Mut geben, Hoffnung geben, auch schwierige Zeiten zu durchstehen.
Aber ganz ehrlich… in diesen Tagen fühlt es sich doch so ein bisschen wie Jenseitsvertröstung an… Ich möchte doch für meinen Sohn schon HEUTE kein Leid mehr, keine Tränen, keinen Tod bzw. „Absterben“ wesentlicher Lebensqualitäten… – und ich ringe mit Gott im Gebet. Sicherlich weiß ich, dass Gott meinen Samuel und auch uns als Familie am Ende so aufnimmt, dass „dieser Zeit Leiden gering sind gegenüber der Herrlichkeit, die uns erwartet“ (Röm. 8,18) und das ist ein Trost, gerade dann, wenn sich Samuels Leben zukünftig wesentlich beschwerlicher darstellen sollte als bisher. Dennoch: ich möchte meinem Gott zutrauen, dass er HEUTE körperliches Leiden beseitigen kann, dass er als Arzt, Heiland, Helfer… meinen Sohn gesund macht und so seine Macht zeigt. Ja, ich weiß um die „Macht der Liebe“, um die „ohnmächtige Liebe“ Gottes, die ihn sogar den Kreuzestod hat erleiden lassen. Aber ich weiß auch um den Ostermorgen, ich weiß um Wunder zur Zeit Jesu und auch zur heutigen Zeit, um die Kraft und die Macht des Gebetes. Und deshalb „harre ich auf Gott“, jeden Tag aufs Neue, dass er aus der Not heraus führt und Schmerz und Leid jetzt schon beseitigt.
Yvonne sprach von einem „Lichtbogen“, den sie um Samuel gesehen und gespürt hat, schon einige Tage nach dem Unfall. Ein „Lichtbogen“ aus Gebeten, Engel um ihn her. Wir sind zuversichtlich, dass sich diese Engel, diese „Gebetslichter“ positiv auf seine Genesung auswirken.
Zuhause türmen sich Rechnungen, unbeantwortete Post, unbeantwortete Anrufe… der Garten sieht immer wilder aus… Der Alltag ist ausgehebelt, nun schon fast zwei Wochen. Aber es wird irgendwann auch wieder einen Weg zurück in diesen Alltag geben – und momentan sind viele Dinge einfach zweit- oder sogar drittrangig…
