An diesem Samstag kommt es zum ersten Mal (nach nun ja schon fast 7 Wochen) zu einer „live-Begegnung“ mit einem Freund: Samuel bekommt Besuch von Leon!
Die beiden kennen sich noch gar nicht so lange. Es ist eine der „Zufallsbekanntschaften“, die in eine echte Freundschaft münden… Im August hatte Samuel einen Krankenhaus-Aufenthalt in Lüneburg (Wespengift-Allergie) – und machte dort Bekanntschaft mit seinem Bettnachbarn: eben Leon! Die beiden wohnen leider nicht wirklich dicht beieinander, aber das tut der Freundschaft keinen Abbruch (Whatsapp sei Dank!) – und auch in der Zeit der Krankheit hatte Leon viel an Samuel gedacht, immer eine Kerze für ihn angezündet und sich mega gefreut, als der Besuch nun anstand. Und beide waren voneinander begeistert, waren beglückt, sich wiederzusehen: mit dem Rolli über die Flure düsen, zwischendurch „Fang den Ball“ oder andere Dinge spielen, Quatschen und Quatsch machen… all das klappt an diesem Tag wunderbar – und auch ein gemeinsamer ausgiebiger Spaziergang bei gutem Wetter ist möglich.
Zwischendrin schauen auch noch Samuels Schwestern rein – die Wochenenden eignen sich für diese Besuche einfach am besten. Beide können feststellen, dass in der Woche seit dem letzten Besuch einfach auch eine Menge positiver Entwicklung passiert ist. Das erleichtert vor allem Charlotte (3J.) das Wiedersehen. Katharina wird das Wiedersehen eher „erschwert“, denn – wie sie sagt: „er hat schon wieder versucht, mich zu ärgern“. Wunderbar! Der Schalk im Nacken ist zurück – und ich hab schon vor ein paar Wochen gedacht: wenn sich die beiden wieder so richtig „amtlich zoffen“, bin ich total happy, denn dann weiß ich: alles ist wieder im Lot! – Bis dahin wird es noch ein bisschen dauern, aber es ist Woche für Woche ersichtlicher, dass es dazu kommen wird 🙂
Nach so viel Besuch ist Samuel an diesem Nachmittag aber wirklich auch total platt! Und so komme ich in den Genuss, einen ruhigen, gechillten Samuel zu erleben… wir kuscheln ausgiebig, quatschen ein bisschen, schauen KiKa und irgendwie fliegen die Stunden dann dahin.
Es ist für mich (wenn ich bei ihm bin, aber eben auch, wenn ich es aufschreiben möchte) deutlich, dass er zwar immer noch und immer noch gute Fortschritte macht, dass diese ab jetzt aber nicht mehr wirklich täglich deutlich hervortreten, denn er ist einfach schon auf einem sehr hohen Level! Dennoch: das „chaotische Kinderzimmer“ (als Bildwort für seinen „unsortierten Kopf“) sortiert sich immer weiter, Phantasiegeschichten oder unpassende Antworten werden immer weniger.
Kurz vor dem Abendbrot zeige ich ihm noch ein paar Fotos von ihm aus der Zeit nach dem Unfall (Intensiv-Station) – er fragt viel (und hat es doch wahrscheinlich morgen schon wieder vergessen) und es ist bei ihm eine Mischung aus „geschockt sein“ und „es nicht wirklich glauben können“ vorhanden. Seiner Hauptüberzeugung nach ist er auch vor allem deswegen im Krankenhaus, weil sein Bein gebrochen ist. Das ist ja auch nicht falsch und reicht für diesen Moment auch an „Erkenntnis über das Geschehen“ vollkommen aus.
Insgesamt macht es Spaß, so viele Gespräche mit ihm zu führen, Vergangenes hervorzuholen und auch das Aktuelle nach und nach einzusortieren. Die „Klaviatur seines Lebens“ wird wieder immer „tonvoller“, immer reicher: an Gefühlen, Gedanken, Äußerungen, Mimik und Gestik. „Willkommen zurück in unserer Welt“, denke ich jeden Tag wieder – und jeden Tag ein bisschen mehr!
Am Abend futtert Samuel wie ein Weltmeister und verschlingt diverse Brote, Obst, Schoki, Kekse… es muss ja nach der langen Schonkost durch den Schlauch auch einfach wieder ein bisschen Masse aufgeholt werden!
Auch der Sonntag ist ein „Besuchstag“: viel Verwandtschaft ist da. Und einen weiteren „Besuch“ (der etwas anderen Art) bekommt er dann nachmittags mit mir auch noch: ich bringe ihm sein Handy mit, auf dem unzählige WhatsApps in den vergangenen Wochen eingegangen sind. Es macht ihm noch Mühe, das alles selbst zu lesen (ist halt auch echt ne kleine Schrift und erfordert viel Konzentration), aber er lässt es sich begeistert vorlesen, freut sich über die Bilder und Sprachnachrichten. Aber ich nehme das Handy (NOCH) jeden Tag wieder mit nach Hause. Besser is das…
Wir bekommen das OKAY auf die Frage, ob denn ab jetzt auch wieder kleine Ausflüge (z.B. mit dem Auto) erlaubt sind… so kann ich ihm in den nächsten Tagen mal Geesthacht zeigen oder wir schauen uns den Sonnenuntergang über der Elbe an oder wie auch immer. Das ist toll. Er mag Auto-fahren und das gibt ihm ja auch einfach noch mal neue Möglichkeiten, seinen „Horizont“ zu erweitern.
An diesem Tag gibt es noch eine kurze Begegnung mit der Ärztin der neuen Station, die auch noch mal erklärt, dass es gut ist, dass Samuel noch eine Woche „unter der Obhut“ der Möglichkeiten auf der IMC-Station bleibt. Noch ist er ja noch nicht ganz „bewegungs-sattelfest“, was das Laufen angeht – und dann kann es z.B. nachts zu schwierigen oder gar gefährlichen Situationen kommen, wenn er alleine ist und auf Toilette möchte und dabei vielleicht stürzt… Hier auf der IMC bekommen die Pflegekräfte so etwas umgehend mit, auf der neuen Station wäre das eher nicht so. Wir können warten, haben eine ganze Menge Geduld gelernt und wünschen unserem Sohn einfach, dass er „step by step“ die Dinge bekommt, die ihn in der richtigen Weise fördern, aber nicht überfordern. Und da haben wir hier einfach insgesamt ein gutes Gefühl.
An diesem Montag übernehme ich mal eine „lange Schicht“; nachdem meine Frau in den letzten Tagen sehr wenig Zeit in Winsen hatte, ist es jetzt auch mal wieder dran. Aber: auch wenn ich von 12-18.30h bei Samuel bin, so hat er insgesamt 2,5h Anwendungen und Therapien, zwischendrin auch mal nur ne Viertelstunde Pause… so dass ich „gefühlt“ auch nicht wirklich viel mehr Zeit mit ihm verbringen kann als sonst.
Die Stationsärztin, die eine Woche Urlaub hatte, sieht ihn heute wieder und kann gar nicht richtig glauben, was/wen sie da vor sich hat. So viele Fortschritte in nur einer Woche: unbelievable!
Der Logopäde sagt mir, dass es manchmal schwierig ist, rauszufinden, ob Samuel „tüdelt“, oder ob er bewusst irgendnen Quatsch erzählt, um jemanden auf den Arm zu nehmen… Wie ich schon schrieb: der Schalk im Nacken ist zurück – und es ist gut, auch diese Wesenszüge bei Samuel wiederzuentdecken, auch wenn es das therapeutische Arbeiten nicht zwingend vereinfacht…
Das Thema „Aufmerksamkeitsspanne halten“ ist noch ein großes Thema bzw. eine große Aufgabe und Herausforderung für die nächste Zeit. Nichtsdestotrotz wurde mir heute schon gesagt: es besteht Schulpflicht – und von daher sei damit zu rechnen, dass Samuel ab der kommenden Woche auf der Station A auch wieder beschult wird. Zunächst gering… aber immerhin. „Die Pflicht ruft, mein Sohn“ („Lass sie nur rufen, Papa!“)
Wir sind gespannt!
An diesem Tag gab es noch eine Sache, die nicht unerwähnt bleiben darf: der erste Ausflug mit dem Auto – und dann gleich „miteinander essen gehen“, natürlich muss es dann die haute cuisine americano sein, zu deutsch: MCD…
2 Cheeseburger hat Samuel weggemampft und hatte sichtlichen Spaß an diesem Ausflug. Und ich war „glückselig“ in Anbetracht meines mampfenden (und auch Fanta-rülpsenden…) Sohnes. Ja, er wird auch wieder gesagt kriegen, dass er ein bisschen an seinen Eßmanieren in der Öffentlichkeit arbeiten darf. Aber für heute war ich einfach nur happy, dass es diesen Moment wieder gibt!
Gott sei Dank!

Lieber Willem,
Wunderbar mitzuerleben, wie es Stück für Stück vorwärtsgeht!
Danke, dass du uns daran teilhaben lässt.
Herzliche Grüße Manuela & Alf.
Woher er diesen Schalk wohl hat, Willem ;-)?
Weiter so, Samuel!
Das ist so wunderbar, so hoffnungsvoll, Gott sei Dank!
Es freut mich wirklich sehr, so viel Gutes, Erfreuliches von Samuel zu lesen. Zum Beispiel:
»Die „Klaviatur seines Lebens“ wird wieder immer „tonvoller“, immer reicher: an Gefühlen, Gedanken, Äußerungen, Mimik und Gestik.«
Einfach HERR-lich, lieber Willem!