Die ruhigste Woche des Jahres (25.12.-28.12.2017)

Heiligabend ist vorüber. Oder wie Karl Valentin es ausdrückte: „Wenn die stille Zeit vorbei ist, dann wird es auch wieder ruhiger“. Das ist wirklich immer wieder erstaunlich: das ganze Gehetze & Vorbereiten, sowohl privat/familiär als auch beruflich, gerade wenn man wie ich dafür sorgen möchte, dass Menschen die Botschaft von Advent und Weihnachten auch „ansprechend hören/ erleben können“ – und wenn dann Heiligabend rum ist, wird es auf mal ganz ruhig. So ist der erste Weihnachtsfeiertag bei uns schon seit ein paar Jahren mehr oder weniger „traditionell“ ein „Schlafanzug-Tag“. Der erste Tag seit dem Unfall (bzw. auch schon seit einigen Tagen davor…), wo wir alle zuhause sind und nirgendwo hinfahren müssen. Die Autos bleiben einfach stehen, es kommt kein Besuch, wir wollen niemanden besuchen usw. Einfach Kraft tanken. Und das haben wir natürlich in diesem Jahr besonders gemerkt. Wie viele Kilometer haben wir seit Ende September abgerissen, wie viel Anspannung war täglich, wöchentlich, über Monate vorhanden… – und jetzt darf das einfach „abfallen“. Nicht nur für uns Eltern, sondern eben auch für Samuel selbst war das spürbar und tat einfach gut. So gibt es aus diesem Tag eigentlich auch nicht viel zu berichten, wir haben schlichtweg „Zeit verdödelt“. Naja, doch – was wir genießen an diesem ersten Weihnachtstag, ist: in Ruhe Weihnachtspost lesen und uns wirklich auch noch wahnsinnig über kleine und größere Weihnachtspäckchen für die Kinder bzw. für die ganze Familie zu freuen. Ein paar Telefonate mit Freunden haben. Das war schon echt schön. Essensmäßig ist nach der Völlerei am Heiligabend ohnehin nur Reste-Verwertung dran. Ansonsten: gemeinsames spielen, kuscheln, herumlungern, Glotze checken… Und Samuel ist mittlerweile auch schon wieder so richtig „Handy-kommunikativ“: er schickt Sprachnachrichten, kleine Text-Botschaften, macht Video-Telefonate mit einem Freund – und wir freuen uns, dass er auch auf diese Weise wieder deutlicher zeigt, wie sehr er eben auch schon wieder „gesellschaftsfähig und gesellschaftswillig“ ist.
Nachdem in der Nacht zu  Heiligabend Gäste bei uns waren, und Samuel notgedrungen in Katharinas Zimmer mit übernachten musste, wollte er dann in der Nacht zum ersten Weihnachtstag weiterhin bei Katharina schlafen –  und nun, in der Nacht zum zweiten Weihnachtstag, war tatsächlich Premiere: nach exakt 3 Monaten schlief er wieder IN SEINEM EIGENEN BETT, IN SEINEM ZIMMER! Whow! Am Dienstag morgen sagte er: es fühlte sich an, als hätte ich zum ersten Mal in diesem Bett geschlafen…

Dienstag – der 2. Weihnachtsfeiertag – ist Besuch bei meinen Eltern angesagt. Auch mein Bruder ist aus Düsseldorf zusammen mit seiner Frau und seinem knapp 2Jahre alten Sohn angereist. Vor ein paar Wochen waren wir uns noch überhaupt nicht sicher, ob das mit Samuel (gut) gehen würde… ob er das schon packt, so einen ganztägigen Besuch… wie er sich (ver)hält, auch anderen gegenüber, die vielleicht ein Bild von ihm haben, das nicht der aktuellen Situation entspricht und er damit vielleicht auch überfordert sein könnte… Aber: es war tatsächlich WIE IMMER! Unglaublich schön, wie sehr unser Sohn sich auch an diesem Tag im Grunde völlig normal verhalten hat, normal kommunizieren konnte… für mich, für uns tatsächlich immer noch ein Wunder!
by the way: normalerweise gehört der Gottesdienst-Besuch am 2. Weihnachtsfeiertag zumindest für mich zum „Standard“ – die beiden Großen bleiben dann meistens zu Hause und nur wir Eltern gehen dann mit dem „Kleingemüse“ dorthin. Aber in diesem Jahr war mein Erholungsbedürfnis noch größer als die Sehnsucht, pünktlich um 10h im Gottesdienst zu sein. Postsermonale Erschöpfung, so wird dieses Syndrom in klerikalen Fachkreisen wohl genannt… 😉
Was an diesem 26.12., drei Monate nach dem Unfall, allerdings noch stattfand, bevor wir nach Selsingen fuhren: ich machte „online“ einen Familienurlaub nach Kreta für 2018 klar! Abflug am 26.9.2018, also exakt ein Jahr nach Samuels Unfall. Das war gar nicht gezielt so ausgesucht, aber hatte sich so ergeben und ist natürlich ein starkes Zeichen. Wir sind eigentlich überhaupt keine „Pauschal-Urlauber“, lieben individuell gestalteten Urlaub in der Ferienwohnung, mit eigenem (oder Miet)Auto, vorzugsweise auf „unserem“ geliebten Steiertbartlehof im Schwarzwald (Nahe Freiburg i.Br.). Aber dieses Mal sollte es was anderes sein. Etwas, wo wir uns einfach mal bedienen und verwöhnen lassen. Mal schauen, wie das wird… 😉
Und dann also der Besuch in Selsingen: natürlich stand bei diesem Besuch auch die kulinarische Verwöhnung im Vordergrund… Ente, Rotkohl, Klöße. Eis… Nachmittags Kuchen.
„Was hast du zu Weihnachten bekommen?“ – „Eine Wampe“!
Wie wahr…
Samuel haute auch hier nach Herzenslust rein – es sei ihm natürlich gegönnt!
Nach dem Abendessen fuhren wir zurück nach Winsen, schmissen die 4 Frauen (Yvonne, Katharina, Charlotte und Elisabeth) aus dem Auto und düsten weiter nach Geesthacht. Das war schon ein „schwerer Weg“, nach 4 Tagen Normalität nun wieder in die Reha-Klinik zu fahren. Aber: er hatte sein neues Kissen eingepackt UND: es sollten ja nur drei Tage mit Therapien sein, in denen er nicht @home ist: am Samstag geht es ja schon wieder für drei Tage zurück zu uns! In Geesthacht angekommen, machten wir dann auch nicht viel „Gedöns“ um die Tatsache, dass es jetzt wieder ans Abschiednehmen geht… ich wartete noch ab, bis er „bettfertig“ war, packte mit ihm noch die Klamotten für den nächsten Tag raus, wir schauten uns noch den Therapieplan an und dann legte er sich auf sein Bett mit seinem eigenen neuen Kissen. Wir beteten noch zusammen, ich sang noch ein Weihnachtslied – und dann wollte ich gerade „TSCHÜSS“ sagen, als er mich bat, noch mal die Fernbedienung für seinen Fernseher zu organisieren. Okay, mach ich… und ich dachte mir: vielleicht ist das auch ganz gut jetzt. Dann ist er ein bisschen abgelenkt, wenn ich fahre. Sinnigerweise blieb er bei einem Film hängen, den wir als Familie schon mal vor einer Weile geguckt haben: „Honig im Kopf“, ein rührender Film mit Til Schweiger und Didi Hallervorden, bei dem es um einen dementen alten Mann geht. Und Samuel lachte immer in sich rein, wenn „Didi“ irgendwas vertüdelte… Das ist schon auch einfach „lustig-schön“ in seiner, in unserer Situation! Gute Nacht, mein Sohn!

Von diesem Mittwoch gibt es gar nicht so viel zu erzählen. Es gab halt wieder Therapien und nachmittags fuhr ich dann zu Samuel. Spannend fanden wir, dass er Abends noch zu Hause anrief und meinte: „Mama, morgen habe ich um 14h meine letzte Therapie – dann kannst du ja um 14.30h schon da sein“. Es ist auch hier wieder das schöne Alltägliche, das uns erfreut: er ist in der Lage, voraus zu denken & zu planen, sich wieder gut zu orientieren auch im Zeitplan.
Als ich nachmittags zu ihm komme, ist er mit vielen anderen Kinunterwegs im „Bewegungsraum“, spielt Fußball usw. Das ist völlig okay, ich lasse ihm die Zeit und klöne derweil noch ein bisschen mit dem Stationspersonal, die mir auch berichten, wie froh-erstaunt sie über Samuels jüngste kognitive Entwicklung sind. Als er wieder kommt, berichtet er mir von Stress und Streitigkeiten unter den Jungs (also Samuel ist auch involviert). Natürlich wird darüber zu reden sein und die Jungs haben es auch nicht nur friedlich gelöst… auf der anderen Seite denke ich: es ist auch gut, wenn Emotionen wie Wut wieder kommen und sich bei Samuel zeigen. „Das darf alles sein“ hätte meine frühere Psychologie-Dozentin Elisabeth Schwarz jetzt wohl gesagt. Und sie hätte Recht damit!
Heute zieht Samuel es vor, nicht mit den anderen Kindern zusammen in der Essensgruppe zu sein, sondern er möchte mit Papa Abendbrot essen. Das ist auch okay! Im Speisesaal treffen wir den Jungen aus seinem Nachbarzimmer zusammen mit seinem Papa und klönen noch ein bisschen über die zurückliegenden Weihnachtstage. Einfach schön 🙂
An diesem Mittwoch-Abend fällt Samuel das Abschied-nehmen noch schwerer als am Tag vorher und er „verhandelt“ mit mir darüber, ob ich nicht vielleicht doch dauerhaft für den Rest seines Aufenthalts in Geesthacht mit ihm zusammen in seinem Zimmer schlafen könnte. Andere Eltern würden das ja schließlich auch tun…. Ich finde wohl irgendwann doch die richtigen Argumente und dann lässt er mich ziehen. Keine leichten Momente, wirklich nicht. Aber da müssen wir alle (immer wieder wohl) durch…

Der Donnerstag ist ein ganz unspektakulärer „Geesthacht-Tag“. Allerdings fand eine Therapie schon zum letzten Mal statt: die Logotherapie! Hier ist kein weiterer Entwicklungsbedarf bei Samuel und deshalb kann hier schon ein Haken gesetzt werden. Whow! Des Weiteren bekommt Yvonne die Info, dass im neuen Jahr recht bald der Übergang in die nächste Behandlungsphase erfolgen kann – nach der Akut-Phase (A), in der eben auch keine Übernachtungen zu Hause erlaubt sind (normalerweise…) und in der auch überwiegend Einzeltherapien stattfinden, wird Samuel dann in Phase B kommen, in der überwiegend Gruppentherapie stattfindet und in der das Übernachten Zuhause am Wochenende durchaus eher die „Norm“ ist. Es gibt insgesamt 4 Phasen (also noch C und D), wobei nicht jedes Kind auch Phase D braucht – manche kommen schon in der Phase C nach Hause – also GANZ! NACH! HAUSE!
So oder so: in diesen Tagen dürfen wir uns relativ sicher sein, dass wir auf jeden Fall „Bergfest“ haben – vielleicht haben wir es auch schon hinter uns… aber nach den drei zurückliegenden Monaten werden es HÖCHSTENS noch weitere drei. Und das ist einfach ein sehr gutes Gefühl für alle Beteiligten: bis hierher haben wir es geschafft, dann packen wir die zweite Hälfte doch auch! 😉

…und morgen gibt es ein neues Bett für Samuel, in dem aber erstmal überhaupt nicht geschlafen wird. Aber dazu im nächsten Blog!

Fröhliche Weihnacht überall – und auch bei uns in Winsen (22.-24.12.2017)

„Kinder warten auf Weihnachten“ – so heißt eine Aktion, die es in meiner Heimatgemeinde schon gab, als ich Jugendlicher war: immer am Heiligabend-Vormittag waren die Gemeindehaustüren geöffnet und es wurde nach Herzenslust gebacken, gebastelt usw. – Diese Idee habe ich mitgenommen und in die weite Welt getragen… zuerst in meiner Zivi-Gemeinde in der Pfalz, dann später in Hamburg-Eidelstedt, in Stelle und nun in Fuhlsbüttel! Allerdings mit dem Unterschied, das nicht am Heiligabend-Vormittag zu machen, sondern am letzten Werktag-Nachmittag vor Heiligabend. Und so fand diesmal „KiwaauWe“ am Freitag Nachmittag statt. Als Verantwortlicher für diese Aktion hab ich dann jedesmal ne Menge zu tun, Zuhause war naturgegeben auch viel vorzubereiten – und so blieb Samuel an diesem Freitag ohne Besuch von uns. Dazu hatte er sich aber ja auch schon vorher bereit erklärt: wir sollten mal „in Ruhe unseren Verpflichtungen nachgehen“ – er habe ja schließlich vormittags Therapien und könne sich den Nachmittag mit den anderen Kindern vertreiben…
Und so war es dann auch! Wir waren ganz froh, dass seine Schnupfnase, sein „dicker Hals“ und sein Schlapp-sein eigentlich schon an diesem Freitag vollends verschwunden waren und wir (und er eben auch nicht) befürchten müssten, dass seine erste Übernachtung zu Hause bedeuten würde, das Bett zu hüten, während alle anderen Weihnachten feiern…
Am Abend haben Yvonne und ich noch bis weit nach Mitternacht gefühlt hunderte von Geschenken eingepackt (jedes Jahr: diesmal verschenken wir aber nicht so viel… um sich dann doch irgendwie – vor allem bei 4 Kindern – vorzukommen wie bei Loriots Hoppenstedts (https://www.youtube.com/watch?v=NoklU4cCtMA – ab min. 2.10 bzw. 5.40) Naja, ganz so schlimm war es nicht, schließlich haben wir überwiegend Kleinigkeiten verpackt… aber das braucht eben seine Zeit.
Und Samuel ging ins Bett mit der Aussicht: MORGEN endlich nach Hause! Mit 3 Übernachtungen. Yay!

Am Samstag vormittag holte Yvonne ihn gegen 9h ab und nach dem gemeinsamen Frühstück waren weitere Vorbereitungen dran: Baum schmücken, Zimmer für Übernachtungsgäste vorbereiten, Kinder baden, letzte Besorgungen machen, ich selbst saß auch noch ein bisschen über der Predigt für den 23h Gottesdienst – und Samuel lief „einfach so mit“. Er genoss es, bei seinen Geschwistern zu sein, auch intensiv mit Charlotte zu spielen, zwischendurch mal vorm Fernseher abzuhängen, selbst mit anzupacken beim Vorbereiten usw.
Nachmittags war ich noch kurz mit Samuel neue Winterschuhe kaufen: auch dieser Besuch im „Schanzenhof“ in Winsen – mit Tiefgarage, Rolltreppe, Edeka, Deichmann usw. war natürlich auf der einen Seite total normal und auf der anderen Seite konnte ich meinem Sohn anmerken, dass er diese Wege und Orte ganz bewusst aufsog.
Im Schuhgeschäft erzählte er der überraschten Frau an der Kasse dann auch gleich: „Ich bin ja im Krankenhaus“ (…) – das Ding ist: er hat im Grunde ja in den letzten 3 Monaten beinahe ausschließlich mit Menschen zu tun gehabt, die wussten, wie es um ihn steht bzw. die ihn entweder IM KRANKENHAUS oder bei uns zu Hause besucht haben und demzufolge natürlich im Bilde waren. Er muss das erst wieder lernen, erst wieder realisieren, dass es auch eine Welt ausserhalb seiner Erlebniswelt gab und gibt, die „einfach so weiterlief“, ohne dass alle Welt wüsste, was mit ihm los war/ist. So guckte die Kassiererin auch ziemlich verdattert/verstört… – leider waren schon die nächsten Kunden hinter uns und Samuel schoß mit seinen neuen Schuhen Richtung Ausgang, so dass ich die Unklarheit nicht beseitigen konnte. Naja, sie wird’s überleben… 😉
Da wir schon an diesem Tag Übernachtungsbesuch bekamen, hatten wir die Chance, den beiden Gästen unsere vier Kinder „aufs Auge zu drücken“ und sind einfach mal zu zweit noch gegen 18h zu Famila gedüst, wo wir noch Lichterketten für den Weihnachtsbaum besorgt haben. Auch das ist so trivial wie bedeutungsvoll: alle 4 sind wieder zu Hause und wir beide können einfach mal so ganz ohne Kinder „irgendwas“ machen. Was es ist, ist letztlich dabei fast unerheblich.
Am Abend guckte Samuel zusammen mit Katharina „Kevin allein zu Haus“ – und ich schaute mir die beiden großen Kinder auf dem Sofa an und hatte Tränen der Rührung in den Augenwinkeln ob dieser „normalen Szene“… der erste Fernseh-Abend Zuhause nach so langer Zeit…. Wie schön, dass das möglich ist. Ich will das „Fernsehn-gucken“ an sich gar nicht so hoch hängen in seiner Bedeutung, da gibt es sicherlich Wichtigeres. Aber es war den beiden anzusehen, dass sie dieses gemeinsame chillen, dieses Zuhause-Gefühl auch wirklich sehr genossen haben. Und für mich bzw. für uns Eltern gab und gibt es ja nichts Schöneres, als alle Kinder doch einigermaßen wohlauf da zu haben. Wie hatten sie in Geesthacht Ende Oktober nach Samuels ersten Entwicklungsschritten gesagt? „Wir wollen noch nichts versprechen, aber möglicherweise kann Ihr Sohn Heiligabend schon für ein paar Stunden nach Hause“?!?!!! –  Und jetzt  das: mehrere Übernachtungen, so viel Normalität – nicht nur an äußeren Gegebenheiten, sondern auch, was seine Fähigkeiten & sein Verhalten angeht… whow! Wir sind total ÜBERGLÜCKLICH und mega-dankbar dafür!

Einmal werden wir noch wach – heißa, dann ist Weihnachtstag! Und so kam der 24.12. – ein immer wieder mit Spannung erwarteter und erlebter Tag! Dass dies gleichzeitig in diesem Jahr der 4. Advent war, ging ein bisschen unter… – aber so ist es nun mal.  Was nicht unterging und uns von Anfang an viel Fröhlichkeit ins Gesicht und in die Seele zauberte, war die Tatsache, dass dieses Weihnachten in zweierlei Hinsicht ein besonderes war: zum einen war es das erste Weihnachtsfest für unsere Jüngste: Elisabeth ist nun knapp 9 Monate alt und durfte das erste Mal einen Tannenbaum bestaunen, Geschenke auspacken, Weihnachtsliedern zuhören, ein Krippenspiel betrachten… nur das Festessen wird von allen anderen verspeist, während sie ihre Babykost vernascht. Aber in einem Jahr wird sie auch bei allen Köstlichkeiten und Süßigkeiten zulangen.
Nach einem verhältnismäßig unspektakulären Vormittag waren um halb eins alle bei einer mittäglichen Kaffeetafel versammelt, bevor es dann zu um 14h in den Familiengottesdienst mit Krippenspiel ging. In Pattensen.
Klasse gemacht von Diakon, Vikar, Band und natürlich vielen, vielen engagierten und fröhlichen Kindern. Charlotte war ganz gebannt vorne mit dabei – und wer weiß? Vielleicht darf sie im nächsten Jahr (mit immerhin vier Jahren) ja auch schon mal ein Schaf spielen?!? Viele haben ihre Krippenspiel-Karriere so angefangen 😉
Mir selbst tut es gut, einen solchen Gottesdienst als Besucher mitzubekommen – und gleichzeitig kenn ich ja auch die andere Seite. Dieses wuselige ist ja genau das, was Kinder brauchen. Trotzdem: es hat für mich mehr was von „Folklore“ und Theater als wirklich von „stille Nacht“. Und vorne zu stehen und eine Predigt zu versuchen, während alles laut ist und die meisten Eltern wahrscheinlich hauptsächlich (was ja irgendwie auch legitim ist) wegen des Krippenspiels ihrer Kinder gekommen sind… – ich will das nicht schlecht machen. Das „gehört ja nun mal so“. Aber inhaltlich da etwas zu transportieren, das ist nicht so ganz einfach.
Dennoch: unseren Kindern hat’s gefallen (wobei: Elisabeth hat leider den Gottesdienst bei ihrem ersten Weihnachten komplett verpennt und blieb zu Hause) – Samuel hat die Stimmung und die Lieder und auch das Krippenspiel mit „seinem Matze“ (Matthias Reinke ist Diakon in Pattensen und kennt Samuel über die Jungenjungschar) aufgesogen und es sichtlich genossen. Auch der ganze Trubel war ihm beileibe nicht zu viel.
Als wir gegen halb vier zurück waren, verflogen die beiden nächsten Stunden „irgendwie“ und dann gab es um halb sechs den Festschmaus. Dass wir alle danach noch aufrecht gehen konnten bzw. sitzen, ohne dass irgendwas reißt oder platzt… ein Wunder! 🙂
In dem Zusammenhang: wir waren mit Gästen 10 Personen. Das führte dazu, dass wir von vornherein schon in der weihnachtlichen Stube gewesen sind. Ich bin ja so (verwöhnt-luxuriös) aufgewachsen, dass es die „abgeschlossene Weihnachtsstube“ gab, wo wir erst zur Bescherung hinein durften – dies ist bei unseren Platzverhältnissen einfach nicht mehr drin. Schade – aber es gibt wirklich Schlimmeres! 😉
Nachdem dann alle Kinder kurz verschwinden mussten, haben wir alle Geschenke „unterm Baum platziert“, die Kerzen am Tannenbaum entzündet und alle her gerufen. Die Gitarre geholt, wurde „Oh Tannenbaum“ angestimmt und dann kamen alle in die nun doch weihnachtlich erleuchtete Stube – und dieser Blickfang ist dann doch einmalig. Es war wunderschön, zu sehen, wie die Kinderaugen geleuchtet haben und einfach eine riesen Freude den Raum belebte.
Mit Geschenke-Auspacken, immer mal wieder weihnachtliche Lieder singen (Charlotte schmettert bei „Ihr Kinderlein kommet“ schon ordentlich mit) und immer wieder „Freude-Ausbrüchen“ war die Zeit schnell gefüllt. Gegen 21.15h musste ich dann auch schon den Heiligabend in der Familie für mich beenden, da ich ja um 23h die Christmette in Fuhlsbüttel zu gestalten hatte. Im Auto hatte ich dann viel Zeit, den Tag noch mal „Paroli laufen zu lassen“, wie es einst der deutsche HSV-Philosoph Horst Hrubesch so schön formulierte. Für Yvonne hatte ich eine Weihnachtskarte gefunden, auf der stand, dass Weihnachten uns lehrt, dass das Unscheinbare das Wichtige ist – oder so ähnlich. Und ich dachte mir: ja, so ist es! So ist es von Gott her, denn ihm hat es gefallen, in der unscheinbaren Krippe im unscheinbaren Bethlehem in einem unscheinbaren Baby ganz klein zur Welt zu kommen und uns genau das zu zeigen! Oder wie es im kleinen Prinzen heißt „das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ – ist UNSCHEINBAR, macht für die Augen nicht viel her, beeindruckt nicht auf den ersten Blick, sondern erschließt sich dem Herzen, dem Glauben, der Liebe. Gott erschließt sich uns so – und genau das ist dann auch das Wesen von Weihnachten. Keine riesen Geschenke, sondern das kleine Kind in der Krippe, das zum riesen Geschenk wird, allen die sich davon anrühren lassen. – Und das Unscheinbare, irgendwie Alltägliche und dabei doch so Besondere hat zu unserer Weihnachtsfreude beigetragen: unser Baby, das gesund auf die Welt kam und nun ihr erstes Weihnachten erlebt. Unser Sohn, der „ganz unscheinbar alltäglich“ Weihnachten wie jedes Jahr mitfeiert – und doch wissen wir, dass das ganz und gar nicht selbstverständlich ist… und unsere beiden anderen Töchter, Katharina und Charlotte, die auch gesund, fröhlich, selbstbewusst ihren Lebensweg gehen bzw. entdecken – Wir werden beschenkt mit „Alltäglichkeit“ in diesem Jahr. Und natürlich AUCH mit dem Privilleg, einander auch mit guten, wertvollen Dingen beschenken zu können. Samuel hat sich in diesem Jahr besonders über sein neues (großes, Erwachsenen-)Cajon gefreut – und wir freuen uns mit, dass er weiterhin sein musikalisches Talent ausleben kann und darf und wird! 🙂
Die Christmette war gut. Sehr dankbar bin ich über die musikalische Gestaltung von drei Jugendlichen (bzw. „jungen Damen“) aus der Gemeinde, die mit Klavier, Querflöte und Geige eine fehlende Orgel mehr als ersetzt haben! Dankbar bin ich auch über die anderen, die – mehr oder weniger spontan – den Gottesdienst mitgestaltet haben: gelesen, Lichter ausgeteilt, gesegnet.
Um 3h nachts war ich im Bett – und glücklich über diesen Heiligabend. Samuel schlief in seiner neuen Bettdecke und auf seinem neuen Kopfkissen (auch das gab’s zu Weihnachten) in Katharinas Zimmer – einander nahe sein, auch nachts: das passt zu diesem Tag!

In den nächsten drei Tagen stehen ein Schlafanzug-Tag, ein Besuch bei den Großeltern und die Rückkehr nach Geessthacht auf dem Programm…

Die letzte Woche vor Weihnachten (18.-21.12.2017)

Ursprünglich dachte ich: wenn ich wieder arbeite – also ab Dezember – könnte ich ja montags nachmittags zu Samuel, da ich montags home-office habe und nicht nach HH fahren muss. Dann könnte ich mir das so einrichten. Aber die Theorie hatte nicht das Faktum „Advent“ mit einbezogen… So kommt es, dass ich in diesem Dezember zwar montags zu Samuel fahre, aber doch mit weitaus weniger Zeit ausgestattet als eigentlich geplant. Es ist ja ein Heiligabend-Gottesdienst vorzubereiten, der ganz normale Kram läuft in dieser Woche auch noch weiter (Gruppen, Konfis usw.) und dann steht am Freitag noch „Kinder warten auf Weihnachten“ an, eine riesen „Bespaßung“ für ca. 50 Kinder, mit Basteln, Backen, Spielen usw. für die ich hauptverantwortlich bin. Ich mach das gerne, auch wenn ich mich jedes Jahr frage, ob ich eigentlich bescheuert bin, freiwillig mir kurz vor Weihnachten noch mehr aufzuladen. Denn der normale Familienweihnachtsvorbereitungsstress steht ja auch noch an. By the way: ich freu mich immer total über die Weihnachtspost, die ich bzw. die wir von anderen bekommen – ich frag mich aber schon seit einiger Zeit, wie man sowas auch noch im Advent unterkriegt. Mir ist das schleierhaft. Whatsapp sei Dank kann man fotografische und einigermaßen persönliche Grüße ja auch kurzfristig über Weihnachten versenden. Das ist dann meine Art, hier „tätig“ zu werden…
Aber Stress hin oder her: auch an diesem Montag verbringen wir ein bisschen „Quality time“. Ich komme um 13.30h – und bis zu seinem nächsten Therapie-Termin um halb vier haben wir nur gute zwei Stunden. (dann muss ich auch schon wieder aufbrechen).
In diesen zwei Stunden düsen wir kurzerhand zum Bergedorfer Weihnachtsmarkt (Schloss-Insel). Einfach schön! Schmalzgebäck, ne Runde mit dem Kinder-Karussell (bei dem er erstmal diverse Fahrvarianten ausprobieren musste, um festzustellen, dass das ja alles eher für kleine Kinder gedacht ist und er eigentlich nirgendwo mehr reinpasst… – am Ende ist es ein Motorrad geworden, wo seine Beine „frei schwingen“ können…) und ne Portion holländische Pommes! Einfach ein bisschen Stimmung einfangen… und nach ner intensiven Stunde wieder zurück. Ach das war schön! Ja, es ist schon komisch, dass Samuel sich wieder so kindlich über ein Kinderkarussell freut – das wäre vor seinem Unfall unter seiner „vorpubertären Würde“ gewesen… Nun ist er ja weitestgehend wieder hergestellt, aber sein Gemüt hinkt altersmäßig noch etwas hinterher, was man auch an solchen Momenten merkt. Aber das ist nicht schlimm. Etwas befremdlich vielleicht im ersten Moment – vor allem für Menschen, die ihn und seine Geschichte nicht kennen – aber letztlich: so what?! Die Zeit wird wieder kommen, wo er keinen Bock mehr auf solcherlei Belustigungen hat und seinen kleinen Schwestern hier selbstverständlich das Feld überlässt.
Beim Zurückfahren besprechen wir noch eine Idee für die verbleibende Zeit in Geesthacht: so wie in der Schule könnte er auch in Geesthacht ein „Logbuch“ führen – eine Art Tagebuch über Dinge, die er erlebt. In der IGS ist das dann Fächer-bezogen und nimmt auch Themen wie „wie fühlte ich mich heute?“ „welche Ziele setze ich mir?“ „welche Aufgaben habe ich zu erledigen?“ mit rein. Das könnte dann entsprechend für seine Erlebnisse in den unterschiedlichen Therapien gemacht werden. Das hilft ihm dann, Dinge zu verschriftlichen bzw. zu formulieren; Dinge zu „archivieren“ und sie später dann zu erinnern – und eben auch uns, die wir ja oft bei den Therapien nicht dabei sind, seine Sicht der Dinge/ des Erlebten etwas intensiver wahrnehmen zu können. Wir werden das mal angehen… 😉

Die Visite an diesem Dienstag ist ohne nennenswerte Rückmeldungen. Yvonne ist da und trägt sich mit dem Gedanken, abends zum „gute Nacht-sagen“ noch mal wiederzukommen. Hat aber auch Stress. Sie teilt ihre Überlegungen mit unserem Sohn – und Samuel reagiert ganz „typisch“: er sagt: Mama, Du brauchst heute nicht wiederkommen, mir geht es doch gut hier – und du hast so viel zu tun mit Weihnachten. Fahr du mal in Ruhe nach Hause und mach, was dran ist.
Der Junge ist einfach cool!
Am Abend komme ich nach meinen Terminen in HH noch kurz bei ihm vorbei und kaum auf Station muss ich mir berichten lassen, dass er schon schlafen würde – und dass er am Nachmittag wieder über Übelkeit geklagt hätte und sich leider auch wieder übergeben musste. Ich geh noch kurz zu ihm rein und streichle ihm über den Kopf, sag ihm gute Nacht und fahre dann auch wieder weiter. Mit mir reisen meine Gedanken und Sorgen: zum zweiten Mal innerhalb von 10 Tagen Kopfweh und Übelkeit… ist das jetzt doch eine Unfallfolge bzw. neurologischen Ursprungs? Hmmm… aber auf Station wurde gesagt, man hätte ihn erneut untersucht und wieder nichts besorgniserregendes feststellen können. Man müsse den nächsten Tag abwarten…

Am Mittwoch morgen rufe ich gleich auf Station an – Samuel ist wieder quietschfidel und ohne Einschränkungen. Er ißt, tobt, spricht wieder viel und auch sonst ist alles gut. Puh… Mir war abends noch aufgefallen, dass diverse Chipstüten offen lagen und auch Schokolade wohl reichlich verzehrt worden ist… Von daher ist vielleicht auch die kurzzeitige Übelkeit zu betrachten. Und was die Kopfweh angeht… es deutet sich ein leichter Infekt bei Samuel an. Er spricht mit einem „dicken Hals“, hat Schnupfen… Da kann auch ein leichter Kopfschmerz mal dazu kommen…
An diesem Tag gibt es einen kurzen „gute-Nacht-Besuch“ von Mama. Ohne Elisabeth, die bleibt derweil bei der Babysitterin. So ein Kurzbesuch ist für Yvonne auch Stress pur – auch wenn sie merkt, dass sie ohne Elisabeth noch mal ganz anders Zeit für unseren Sohn hat. Er wird geduscht (das lässt er wohl offensichtlich nicht durch das Pflegepersonal mit sich machen – da geniert sich der junge Herr…)

Zum Donnerstag will ich nur kurz erwähnen, dass ich an diesem Tag einen „formlosen Antrag“ auf Hausunterricht bei der Schule gestellt habe – der Klassenlehrer hatte mich darauf hingewiesen, dass das nötig sei. Die Ärztin in Geesthacht meinte daraufhin, dass sie das bei Samuel so nicht sieht: er wird in Geesthacht fit gemacht, damit er bald nach Hause kommt und dann eben auch wieder zur Schule gehen kann. Das hat sie auch so „zielgerichtet und zuversichtlich“ ausgedrückt, dass das für uns wieder mal ein Mutmacher auf dem Weg gewesen ist. Ja, auch in dieser Woche gibt es viele positive Rückmeldungen der Therapeuten, Ärzte und Pfleger – wir freuen uns einfach so sehr, dass das alles so weiter geht und sind gewiss, dass der Weg noch viele Entwicklungsschritte bereit hält, die uns froh machen und ihn wieder mehr und mehr zu dem, der er auch vorher gewesen ist.
Abends bin ich noch kurz bei ihm und habe meine Gitarre dabei: wir singen eine gute halbe Stunde Weihnachtslieder – Advents- und Weihnachts-Klassiker aus Kirche und Jungschar. Er singt viel mit, lächelt fröhlich – und im Hintergrund kommen immer mal wieder andere Kinder von Station oder auch Pflegepersonal: sie stecken ihre Köpfe kurz ins Zimmer, freuen sich über die Klänge und den Gesang – und so ist auch auf dieser Station ein bisschen Weihnachtsfreude zu spüren…
3x werden wir noch wach, Heißa, dann ist Weihnachtstag. Oder auch: 2x wird Samuel noch wach, HEISSA, dann ist „nach Hause fahren und zu Hause übernachten“ angesagt. Wir können es alle kaum abwarten…

ein erholsames Wochenende zuhause (15.-17.12.2017)

An diesem Freitag habe ich frühzeitig Feierabend, so dass ich bereits gegen 14.30h bei Samuel sein kann. Wie gesagt: vormittags hat er ja überwiegend Therapien, so dass er für Besuche ohnehin keine Zeit hätte. An diesem Nachmittag steht auch kein gemeinschaftliches Angebot aller Kinder auf Station an, so dass ich mich entscheide, meinen Sohn kurzerhand mit nach Hause zu nehmen. Wir fahren also nach Winsen, wo der Rest der Familie sehr (freudig) überrascht über diesen Kurzbesuch ist.
Mittlerweile ist es so, dass Samuels Bewegungsabläufe nahezu normalisiert sind – er sprintet die Treppen hoch wie vorher und läuft (!) auch schon mit Geschwindigkeit kurze Strecken, hüpft und springt, ohne dass ihm etwas weh tut oder man den Eindruck hätte, er müsse sich eher schonen. Sicherlich sind auch noch einige Muskelpartien etwas untrainiert – aber der Fußballer in ihm weiß, dass er eines (gar nicht mehr so fernen) Tages wieder den grünen Rasen betreten wird. Jetzt ist ja ohnehin Hallensaison, das ist dann eh nicht so spannend. – Auch das therapeutische Schwimmen gelingt immer besser: Samuel kann schon Strecke UND tief tauchen.
Uns ist aufgefallen, dass er „durchaus wohlgenährt ist“ – sein Gewicht von vorm Unfall hat er sogar um 1kg schon nach oben übertroffen. Das ist ja alles okay und im Rahmen – er ist weit davon entfernt, pummelig oder gar übergewichtig zu sein. Trotzdem könnte im neuen Jahr auch eine Phase mit etwas weniger Schoki und Extras beginnen…
Apropos essen: nach einem gemeinsamen Abendbrot treten wir beide den Weg zurück nach Geesthacht an – nur kurz schlafen, dann komm ich schon wieder, um ihn abzuholen. Zwischendrin genehmige ich mir noch die LIVE-ÜBERTRAGUNG eines HSV-Bundesliga-Spiels im free-TV! YAY, wann gab es das schon mal? Und… – mein Abend ist versaut! 🙁
Aber das gehört hier ja eigentlich nicht hin. Also bitte überlesen…

Am Samstag morgen bin ich wieder sehr früh bei ihm, und auf dem Rückweg holen wir Brötchen. Ein schönes Vater-Sohn-Ritual mittlerweile, wobei sich mein Körper auch mal nach Erholung und Ausschlafen können sehnt. Aber naja, alles zu seiner Zeit. Zuhause angekommen, darf ich mich dann tatsächlich noch mal hinfleezen und bekomme gar nicht mit, wie der Rest der Bande aufsteht… um halb elf (!!!) wache ich auf und weiß gar nicht, wie mir geschieht. Das tat gut, einfach mal ein bisschen was aufzuholen. Samuel und seine Schwestern haben währenddessen einen ganz normalen ruhigen Vormittag erlebt – mit gemeinsam spielen, kuscheln, ein bisschen fernsehen, frühstücken… Herrlich! So muss ein Samstag vormittag sein. Als ich dann unten aufschlage, gönnt Samuel sich erstmal eine ausgiebige Entspannungswanne, dicht gefolgt von Charlotte, die zu gerne zusammen mit ihrem Bruder baden würde. Aber das geht zur Zeit nicht, weil sie ein kleines „Warzenproblem“ mit sich rumträgt, was leider auch ansteckend ist…
Apropos Warzen… ich erwähne das auch deshalb, weil Samuel vorher über Jahre (!) relativ große Warzen am rechten Fuß hatte, die ihm zusehends peinlich wurden. So lief er im Sommer immer mit Socken rum, weil er nicht wollte, dass andere diese Dinger entdecken. Und wir hatten schon so viel probiert: Tinkturen, homöopathische Varianten, Lasern, draufpinkeln (…) und was es nicht alles gibt. Nix half. Also musste das beste aller Warzenmittel her: Warz ab (warts ab)… (ACHTUNG: KALAUER!)
Und das half offensichtlich. Oder vielleicht waren es auch irgendwelche Medikamente, die er in den letzten Monaten bekam, die als Nebeneffekt quasi mit sich brachten, dass die Warzen verschwinden?!? Keine Ahnung… auf jeden Fall ist jetzt nur noch ein ganz kleines bisschen rauhe Haut an den entsprechenden Stellen zu fühlen – und wir wollen natürlich vermeiden, dass er sich neue einhandelt, womit wir wieder bei der Badewanne wären…
Am Nachmittag fahren wir (ohne Katharina, die ist den Tag über bei einer Freundin) gemeinsam ins Nachbardorf, zu einem ganz tollen Hofladen, bei dem wir schon seit Jahren sowohl unseren Weihnachtsbaum als auch unseren Weihnachts-Rinderbraten bekommen (und unter dem Jahr natürlich so manch anderes mehr: Milch, Honig, Eier, Kartoffeln usw.):  – nähere Angaben z.B. hier: https://www.service-vom-hof.de/?m=b&o=340&b=106. Werbung ENDE 😉
Aber das war schön: gemeinsam hier über den Hof zu stapfen, die Bäume zusammen mit Samuel zu begutachten… Es gibt dort auch einen Punsch- und Waffelverkauf, dessen Einnahmen immer zugunsten eines guten Zwecks weitergeleitet werden – und in diesem Jahr haben Wiegels sich überlegt, den Erlös an die Ronald-Mc-Donald-Stiftung (wir waren ja selbst im „Ro-Mc-Do“-Haus in Eppendorf, während Samuel im UKE behandelt wurde) zu geben. Einfach klasse und sehr (!) unterstützenswert. Auch dort liefen Menschen rum, die von Samuels Unfall gehört hatten und erstaunt, gerührt, bewegt waren, ihn nun hier schon leibhaftig zu sehen. Da war so manche Träne in dem einen oder anderen Augenwinkel…
Nach unserer Rückkehr (einen Baum zu finden ist nicht soooo leicht, wie man denkt… ich fühle mich da immer an Hoppenstedts bzw. insgesamt an Loriot erinnert) ist Samuel noch zu einem Freund in unserer Straße rübergedüst. Natürlich noch mit Mama, alleine lassen wir ihn noch nicht… Aber der Kurzbesuch hat den beiden Jungs gut getat.
Danach gab’s noch Abendessen und wieder mal „ab nach Geesthacht“. Es war ein guter Tag für Samuel, so hat er mir das abends berichtet!

Am Sonntag habe ich Samuel nicht ganz so früh abgeholt. Wir wollten in den Adventsgottesdienst, der um 10h beginnt und natürlich vorher noch zusammen frühstücken. Als ich in Geesthacht ankam, war Samuel schon am Futtern: Schoko-Müsli. Der Hunger vor 8h war wohl schon recht groß. Wir staunen tatsächlich (jetzt muss ich das Ess-Thema doch noch mal aufgreifen) über die Mengen, die in diesen Jungen reingehen. Es ist möglicherweise eine Mischung aus dem typischen (vor)pubertären Essvermögen von Jungs im Allgemeinen und einer Art Ersatzbefriedigung (unser Sohnemann war eigentlich schon immer ein richtiges „Kuscheltier“ und muss da ja notgedrungen schon seit einiger Zeit auf vieles verzichten). Naja, beides geht vorüber…
Der Aufbruch in den Gottesdienst ist für uns als Familie immer ein „sportlicher Akt“ und wir schaffen es eigentlich NIE (!) pünktlich in den Gottesdienst. Wie machen andere das bloß? Es bleibt mir/ uns ein Rätsel. Aber wir sind da auch etwas gelassener geworden. Was bringt es, sich vorher gegenseitig anzuzicken und rumzubrüllen… ein paar Minuten rausschlagen und dafür schlecht gelaunt loszukommen?!? Nee, danke. Keine gute Idee. So nehmen wir auch das als besondere Phase, die vorübergeht. Ein guter Satz in der (Klein)Kind-Erziehung lautet ja: wenn du willst, dass es schnell geht – MACH LANGSAM! Daran müssen wir uns immer wieder erinnern.
Der Gottesdienst war schön. Auch hier waren viele sehr berührt davon, Samuel zu sehen. Es war wahrscheinlich auch ein bisschen „spooky“ für ihn, ganz oft von für ihn wildfremden Leuten zu hören, dass sie für ihn gebetet haben. Einmal sagte er ganz verdattert: „ach so, deshalb hab ich so oft im UNO gewonnen“ – er kann das alles noch nicht so verarbeiten und einsortieren, dass er begreift, welch unfassbares Wunder seine Genesung ist… Aber für uns ist es natürlich einfach schön, zu erleben, wie ganz viele Mitbeter unseren Samuel nun begegnen dürfen und dadurch auch eine Art Gottesbegegnung oder zumindest auch Gebetserhörung erleben dürfen. Wie schön!
Nach dem Gottesdienst (bei dem auch Katharina dabei war – wir waren also tatsächlich vollzählig) ging es nach Hause, wo es erstmal leckere Lasagne gab – eins von Samuels Leibspeisen! Danach wollte Katharina zum Weihnachtsmarkt nach Hamburg. Und jetzt begannen die Turbulenzen. Zunächst war nicht klar, wann sie wie nach Hamburg und wieder zurück kommen sollte… alleine Bahn fahren ist weder ihr Ding noch sind wir als Eltern da schon so weit… Aber anstatt sich zu kümmern, sitzen Teenies ja gerne bestimmte Dinge aus… Und was machen die lieben Eltern? Richtig: sie kümmern sich. Ich will das gar nicht lange ausführen, auf jeden Fall: kurz bevor ich mich mit Katharina auf den Weg machen wollte, passierte ein kleines Unglück: Samuel hielt Elisabeth auf dem Arm und saß mit ihr auf dem Sofa. Leider – warum genau, haben wir nicht mitbekommen – konnte er sie nicht halten und unsere 9Monate alte Tochter fiel auf den Fußboden und schrie ganz furchtbar. Wir befürchteten schon das Schlimmste… Aber sie war wohl nur auf den Arm und den Bauch gefallen und es war eher ein „Ach-Du-Schreck-Schreien“ als irgendwas anderes. Noch ein Kopf-verletztes Kind hätten wir jetzt nicht brauchen können… Es war eine schwierige Situation: wir haben eher uns als Eltern Vorwürfe gemacht, dass wir Samuel mit ihr schon alleine gelassen haben. Er kann das einfach momentan noch nicht… sei es motorisch, als auch kognitiv… zu begreifen, dass er da jetzt Verantwortung hat und diese dann auch wahrzunehmen… das klappt einfach noch nicht.
Nun gut, es war (nur) ein Warnschuss. Ein deutlicher allerdings! Und wir trösteten beide… In diesem Trubel haben wir es dennoch geschafft, Katharina rechtzeitig wegzubringen – und als ich wiederkam, hatte unsere liebe Nachbarin unsere beiden kleinen Mädels einfach mal „entführt“ für eine Stunde Spielplatz. Das war gut. So hatten wir Zeit mit Samuel alleine – bzw. nicht ganz, denn kurz darauf kam LEA, Samuels beste Freundin aus seiner Klasse, zusammen mit ihrem Papa zu Besuch. Die beiden hatten sich seit Ende September nicht mehr gesehen – und entsprechend groß war die Wiedersehensfreude. Ich hatte beide schon darauf vorbereitet, dass es ein Kurzbesuch werden muss – das ist zur Zeit noch das Beste. Diese kurze Zeit konnten sie aber genießen – und sich schon auf das nächste Wiedersehen freuen. Lea sprudelt einfach über vor Energie, Lebensfreude und Erzähllust – und das tut Samuel einfach gut.
Und zusammen mit ihrem Papa ist Lea einfach auch ein tolles Team. Beide sind sehr musikalisch und haben schon Lieder (!MEHRZAHL!) für Samuel komponiert, getextet, aufgenommen – der Wahnsinn! Es ist ein großes Geschenk, solche Freunde zu haben!
Nach diesem Besuch sollte sich auch dieser Zuhause-Tag dem Ende entgegen neigen. Bei der abendlichen Feedback-Runde am Bett sagte Samuel nur: „das war ein sehr schönes Wochenende – und das mit Elisabeth tut mir sehr leid“.

Unser Junge 🙂

dieser Blog hat nun eine Lücke… (11.-14.12.2017)

naja, fast…
denn von den Tagen Mo. 11.12. – Do. 14.12. gibt es eigentlich nicht wirklich viel zu berichten!
Es waren recht gewöhnliche Tage, ohne dass es Fortschritte zu verzeichnen gäbe, die man wirklich festhalten könnte. Tage ohne besondere Begegnungen oder Gespräche, Tage die auch irgendwie einfach so dahin trudelten… Das ist auch okay so – und der nächste Blog gibt sicherlich auch wieder mehr her.
Erwähnenswert ist in diesen Tagen aber doch, dass
– am Dienstag die Beisetzung von Yvonnes Großmutter gewesen ist: Samuel wollte nicht bei der Trauerfeier dabei sein und blieb deshalb an diesem Tag von uns „unbesucht“ – natürlich nicht als „Bestrafung“, sondern weil wir es einfach nicht auch noch unter den Hut bekommen hätten. Dafür gab es aber Besuch von Oma und Opa – was er auch richtig genießen konnte.
– am Mittwoch die Info an uns kam, dass nun tatsächlich das kommende Wochenende wieder komplett und ganz ohne Versehen (…) Zuhause verbracht werden kann… Wir haben aufgegeben, nach Begründungen zu fragen. Wir wundern uns nur noch… Aber es ist ja auch kein Anlass, sich zu ärgern. Dieses „Hü und Hott“ ist einfach nur schwer nachvollziehbar… Was soll’s…
– am Donnerstag ich Samuel mal wieder ins Bett bringen konnte. Seit ich wieder arbeite, ist der Alltag auch insofern wieder eingekehrt, dass ich die Tage von Dienstag bis Donnerstag im Grunde „ohne Familie lebe“, einfach weil ich früh von zuhause weg fahre und erst spät aus der Gemeinde wiederkomme, wenn eigentlich schon alle schlafen. Insofern bin ich froh, dass ich in dieser Zeit die Möglichkeit habe, wenigstens donnerstags so früh zurück zu fahren, dass noch ein „Gute-Nacht-Gruß“ möglich ist.
Es ist schon schade, dass nun, seitdem ich wieder im Arbeitsalltag drin stecke, nicht nur weniger intensive Begegnung mit Samuel möglich ist (in einem gewissen Rahmen muss ich das ja einfach akzeptieren und mir – und unseren Kindern – sagen: so ist das Leben. Es gibt Familienzeiten und es gibt Arbeitszeiten…) – sondern dadurch auch weniger intensive Begleitung und Förderung meines Sohnes. Dass ich weniger mit ihm erlebe, ist das eine (und schont traurig genug) – was eben auch dazu führt, dass schlicht und einfach der Stoff für so einen Blog etwas geringer wird. Was aber eben dadurch auch weniger wird oder z.T. ganz wegfällt, ist so etwas wie „förderndes Begleiten“. Ich hatte den Eindruck, dass ich bis Ende November viele Möglichkeiten hatte und auch nutzen konnte, um Samuel in seiner Entwicklung zu fördern und zu unterstützen. Jetzt komm ich vorbei, sag ihm gute Nacht, frag ihn, wie sein Tag war… gut und schön. Aber qualitativ genutzte Zeit, in der ich auch etwas unterstützen kann, was ihm hilft, möglicherweise schneller und „runder“ seinen Genesungsweg zu beschreiten – so etwas fehlt mittlerweile. Und das ist sehr schade. Aber eben nicht zu ändern. Und ich hoffe einfach, dass es auf LANGE SICHT auch nicht mehr ins Gewicht fällt, was mir jetzt schwer fällt bzw. mir jetzt auch ihm gegenüber Leid tut…

Wie gesagt: beim nächsten Mal gibt es mehr. Mehr Erlebtes & mehr zu Erzählendes.

Ein „Geesthacht-Langeweile-Tag“ und die Tage drumherum (8.-10.12.2017)

Dieser Freitag beginnt für uns als Familie mit einer Arbeitserleichterung: die Krankenkasse hat uns eine Haushaltshilfe bewilligt – und das ist wirklich bei allem Stress und allem „auf dem Zahnfleisch-kriechen“ eine gute Unterstützung. Natürlich: es gibt viele liebe Leute um uns herum, die immer wieder helfen, das ist auch großartig!!! Manchmal ist es jedoch einfacher, einen solchen „offiziellen Weg“ zu gehen, denn dann haben gewisse Dinge wie putzen, bügeln, Besorgungen machen oder kochen auch einen „Rahmen“, in dem das zu regulären Zeiten einfach geleistet wird – und das ist dann ja auch gut. Heute wurde also die Bude geputzt – und das ist schon mal prima!
Am Nachmittag fuhr Yvonne dann mit den beiden kleineren Mädels (unsere 13jährige hatte sich anderweitig verabredet) nach Geesthacht und verbrachte den Nachmittag bei unserem Sohn. Allerdings hatte Samuel an diesem Tag mit Kopfweh zu tun und er zog es vor, im Bett zu bleiben. Das sollte sich im Laufe des Abends und der Nacht noch mit Übelkeit und Erbrechen „anreichern“, aber dazu gleich mehr. Nun ja: aufgrund seiner „nicht ganz so auf dem Damm sein“ Situation war der Nachmittag mit den beiden kleinen (und auch relativ lauten) Schwestern auch nicht besonders erfolgreich und alle waren einigermaßen froh, als die Nachtruhe eingeläutet wurde.

Am Samstag war nun der angesagte „Langeweile-Tag“ in Geesthacht. Eigentlich wäre an diesem Tag ein „Weihnachtsbäckerei-Angebot“ vormittags gewesen – und nachmittags sollte Samuel Besuch von seiner Patentante bekommen. Nachdem der vorherige Nachmittag aber schon recht flau war, war die Nacht noch schlimmer… Samuel musste mehrfach erbrechen. Wir wurden darüber telefonisch informiert – es wurde aber auch gleich gesagt, dass kein Grund zur Sorge bestünde (nach einem solchen Unfall kommen natürlich gleich üble Vorstellungen… ob die Kombination aus Kopfweh und Erbrechen irgendwelche Zusammenhänge mit erneut auftretenden Hirnschwellungen, Hirnblutungen oder so etwas in der Art haben könnte) – es sei einfach nur ein Infekt, so wie ihn viele Kinder haben.
An diesem Vormittag war dann auch schon alles wieder gut. Keine Kopfweh mehr, ordentlich gefrühstückt und – kein Bock auf Backen! Stattdessen rumchillen mit Fernsehen im eigenen Zimmer. Wenn nicht am Langeweile-Tag in Geesthacht – wann dann, denke ich mir?! 😉
Und die Patentante konnte auch anrücken (was sie evtl. aufgrund der Magen-Darm-Geschichte mit ihren zwei kleinen Mädels nicht unbedingt gemacht hätte). So hatten sie gemeinsam einen schönen Nachmittag, ehe ich kurz vor 18h auftauchte und sie ablöste. Dann taten wir noch was richtig „jungs-mäßig-chilliges“: Pizza beim Lieferservice bestellen und gleichzeitig Bundesliga im 1. gucken. Cool! (währenddessen hatte unsere Große ihre Mädels-Übernachtungs-Party mit 8 anderen 12-13jährigen Mädels… ich war in diesem Moment doch froh, jetzt Fußball gucken zu können… ;-)!)

Am Sonntag morgen holte ich Samuel aus Geesthacht ab und wir fuhren ab nach Hause, um auch dort einen einigermaßen gechillten Sonntag zu erleben. Zuhause angekommen, traf Samuel noch auf die Mädel-Übernachtungshorde und begrüßte sie mit den Worten: „Guten Morgen, ihr PENNER“!
Da war ruck-zuck Stimmung im Laden 🙂
Sie freuten sich alle, Samuel wiederzusehen (viele von ihnen hatten Samuel ja vor seinem Unfall zuletzt gesehen) – und gleichzeitig wurde er noch ein bisschen wie ein Marsmännchen beäugt. „Bist du es wirklich?“ Wie wird er sich wohl verhalten?… Aber nach dem gemeinsamen Frühstück wurden die Mädchen auch schon abgeholt und die Familie war wieder unter sich, was vielleicht dann auch ganz gut war.

Okay, ich musste zwischendurch noch nach Fuhlsbüttel, um dort Kindergottesdienst zu machen, aber danach wurde es richtig „jemütlich“. Wir aßen zusammen Mittag, dann wurde Papa (ich erinnere an meinen Männerschnupfen!) ein kleiner Mittagsschlaf zugestanden – und anschließend machten wir uns auf den Weg zum Winsener Weihnachtsmarkt. Während eigentlich alle in die Stadt liefen, haben Samuel und ich uns per Auto auf den Weg gemacht, weil ich mir noch nicht ganz sicher war, wie er das kräftemäßig mit dem Weg packt – und es wäre ja doof gewesen, wenn er ganz abgekämpft dort angekommen wäre und keine Kraft mehr für den Weihnachtsmarkt dagewesen wäre. So konnte er ganz ausgeruht ein paar schöne Dinge machen: ein Nutella-Crepe futtern, mit dem Kinderkarussell fahren (zusammen mit Charlotte) und einfach ein bisschen Weihnachtsmarkt-Luft und Stimmung einhauchen). Der Rückweg wurde zu Fuß gemacht – und zu Hause angekommen, konnten wir uns am Ofen aufwärmen, Punsch trinken, Kekse futtern und einfach noch ein bisschen schöne Zeit haben, bis es dann auch wieder Zeit war, zurück nach Geesthacht zu fahren.
Abends an seinem Bett haben wir den Tag ein bisschen Revue passieren lassen (was mittlerweile wieder völlig problemlos klappt: er erinnert sich an viele, viele Details des Tages!) – und auf die Frage hin, was denn für ihn an diesem Tag schön war, sagte er unter anderem: ENDLICH mal wieder zu Fuß durch Winsen laufen, das war schön!
Hach… uns wurde das Herz warm bei diesen Worten!
Nach einem gute-Nacht-Kuss und einem Dank-Gebet für das Wochenende machte ich mich auf den Weg zurück.

Diesmal ist es ein kurzer Blog. Es waren schöne, unspektakuläre Tage, die aber doch auch wichtige kleine Mosaiksteine auf dem Weg der Genesung sind.

Sternedinner, eine wundervolle Benefizlesung – und die Tage drumherum (5.-7.12.2017)

An diesem Dienstag ist mal wieder Visite. Yvonne will dabei sein – und hatte nachmittags nicht besonders gute Nachrichten für uns. Das erste Wochenende zuhause wurde ja im Nachhinein als „Versehen“ betitelt“, woraufhin wir davon ausgehen mussten, dass das zweite Wochenende nicht zuhause sein würde. Auf Nachfrage hieß es ja dann zum Wochenende, dass es natürlich doch ginge, dass Samuel nach Hause kann – es müsse sich wohl um eine falsche Kommunikation gehandelt haben, dass wir ihn doch nicht mitnehmen dürften… Nachdem er also nun ein weiteres Wochenende zu Hause verbringen durfte (also: tagsüber!), wurde uns nun in der Visite mitgeteilt, dies wäre erneut ein Versehen – und bis Weihnachten solle er definitiv gar nicht mehr nach Hause…
Immerhin wurde uns nun gesagt, das sei medizinisch sinnvoll, da er einfach sonst zu viel Stress hätte und nicht wirklich eine Phase zum Erholen. Dass wir das anders sehen – is klar! Aber das war zumindest schon mal eine Erklärung, die einigermaßen Sinn machte.
Nun denn: das vergangene Wochenende war vorüber, das neue noch nicht da – und irgendwie ahnten wir, dass es vor dem nächsten Wochenende noch wieder neue Infos/Überlegungen/Entscheidungen geben würde. Also abwarten – und den nächsten Blog verfolgen 😉
Ansonsten wurde in dieser Visite noch mal klar benannt, dass es bei Samuel nach wie vor im kognitiven Bereich noch viele Baustellen gäbe: die räumlich-zeitliche Orientierung ist noch nicht so gegeben, wie es wünschenswert wäre, auch ist das Kurzzeitgedächtnis immer noch nicht wieder so, dass es unauffällig wäre…) Motorisch ist es super, so dass für Mittwoch wieder ein kleiner Meilenstein bevorsteht…
Diese Aussagen ziehen uns doch auch ein bisschen runter.  Denn: auch wenn wir die Aussage, dass es im kognitiven Bereich nach wie vor Baustellen gibt, natürlich „unterschreiben“, haben wir den Eindruck, dass er dort (in den genannten Bereichen) schon auch Woche für Woche kleine Fortschritte macht, was uns sehr froh macht. Wir haben uns dann kurz gefragt, ob wir da zu euphorisch sind, oder zu wenig „defizit-orientiert“…, aber wir sind der Meinung, dass unsere Wahrnehmung da unseren Sohn eigentlich ganz gut „erfasst“. Nun ja, meine Frau hatte sich nach der Visite vorgenommen, die Stationsärztin noch mal gezielt anzusprechen – und das Gespräch verlief dann auch um Längen „verständnisvoller“ als die Visite… In dem Gespräch wurde auch noch mal aufgegriffen, wie begeistert verschiedene Therapeuten von Samuels Entwicklung sind und dass er nach wie vor zu den Kindern gehört, über die sie in der Klinik „positiv erstaunt sind“. Dennoch ist das Tempo der weiteren Entwicklung nicht abzusehen. Es kann sein, dass er weitere Schritte in dem rasanten Tempo macht wie bisher, es kann sein, dass es alles jetzt in einem normalen Tempo vorangeht – es könnte aber auch sein, dass die Schritte, die jetzt folgen, langsamer sind.
Aber unterm Strich: Geschwindigkeit hin oder her – Samuel wird seine Schritte machen!
Was die Wochenend(los)thematik angeht, so klang in dem Gespräch an, dass wir nach einem gemeinsamen Kompromiss suchen wollen. Dieses „ganz oder gar nicht“ hilft nicht Samuel und auch nicht uns als Familie.
Wir werden gegen Ende der Woche erfahren, auf welchen Kompromissvorschlag uns das Ärzteteam „einstimmen möchte“.

Der Mittwoch beginnt mit der „Ansage“ für Samuel, dass es nun vorbei ist mit der Rolli-Bequemlichkeit. Mit anderen Worten:  Du hast zwei gesunde Füße und annähernd gesunde Beine – da braucht es keinen Rolli mehr! Laufen trainieren und nicht irgendwelche Rolli-Kunststückchen heißt jetzt die Devise.
Der Muskelkater, der Samuel beim mehr-Laufen-müssen begleitet und nervt, wird nun mit einer kleinen Gabe Magnesium verjagt oder zumindest im Zaum gehalten.
Ich vermute – okay, es ist nicht mehr als eine laienhafte Hypothese, aber immerhin… – dass der aufrechte Gang auch mehr „aufrechtes Denken“ bzw. die räumliche und zeitliche Orientierung fördert. Kein Automatismus, aber doch ein „unterstützendes Faktum“, so will ich diesen Schritt raus aus dem Rolli mal nennen.
Die Physiotherapeutin ist jedenfalls sehr angetan von Samuels Bewegungen und alles, was noch unrund ist, kann auch nur runder werden durch Bewegung….
Ansonsten standen heute zwei besondere Veranstaltungen „auf dem Programm“.
Das erste war ein „Sternendinner“ in Geesthacht für die Kinder der Station zusammen mit den Angehörigen. Yvonne war mit ihm vor Ort – und es war „liebevoll gestaltet und lecker“. Für die Kinder gabs chicken mcnuggets und pommes – und alles wurde an die Tische serviert. Samuel hatte sich extra ein bisschen fein gemacht – und es ist schön, dass die Kinder hier auch mal kleine Feste haben!
Und die zweite Veranstaltung war eine „Benefiz-Lesung“, die von lieben, engagierten und kreativen Leuten aus unserem Umfeld auf die Beine gestellt wurde. Im „Hofcafé Löscher“ (immer einen Ausflug wert: www.hofcafe-loescher.de) wurde ein Raum zur Verfügung gestellt, in dem sich ca. 60 Leute einfanden. Kinder und Erwachsene lasen und sangen „fremde und eigene Texte“ auf deutsch, plattdeutsch und niederländisch – und das dort gesammelte Geld kommt Kindern mit Beeinträchtigungen durch SHT (Schädel-Hirn-Trauma) zugute.
Eine tolle und rundum gelungene Sache. 1000 Dank allen, die sich daran beteiligt hatten bzw. zum Gelingen des Abends beitrugen. Samuel wird hoffentlich bald in der Lage sein, selbst zu realisieren, welch großartige Unterstützung auch durch so einen Abend erlebbar geworden ist.

Der Donnerstag verlief dann wieder vergleichsweise unspektakulär. Es gab wieder mal „Schwimm-Therapie“, was bedeutet, dass Samuel ein bisschen plantschen konnte und so auch seine Beweglichkeit gefördert wird – was unserer kleinen Wasserratte sehr gefällt!
Die Stationsärztin teilte uns die „gefundene Kompromisslösung für die beiden noch ausstehenden Adventswochenenden mit: er darf jeweils einen Tag nach Hause (welchen, können wir bestimmen) – und es soll pro Wochenende einen LANGEWEILE-Tag in Geesthacht geben. Einfach ein Tag, an dem nicht noch etwas Neues kommt, einfach ein Tag, an dem sich das in der vergangenen Woche Erlebte setzen kann. Damit sind wir einverstanden. Aus unserer Sicht könnte zwar auch zu Hause ein Langeweile-Tag stattfinden, aber so what?!? Es ist für ihn auch okay. So kann er z.B. auch an einem Wochenende-Tag Besuch bekommen und dem Besuch zeigen, wo er ist und was es dort gibt. Langeweile-Tag heißt ja nicht: den ganzen Tag im Bett liegen und niemanden sehen. Für das kommende Wochenende haben wir uns dann gleich mal entschieden, dass der Samstag der (Langeweile-)Geesthacht-Tag sein wird und der Sonntag ist der Tag, an dem er zuhause sein kann.
By the way: hatte ich eigentlich schon erwähnt, in welch katastrophalem Zustand sich die Straße befindet, die zur Klinik führt? Schlagloch an Schlagloch… Manchmal haben wir schon leicht zynisch gesagt: eine solche Hoppelstraße, die als Zuwegung zu einer neurologischen Kinder-Reha dient… wer bis jetzt keine Hirnschädigung hatte, erleidet sie spätestens beim Krankentransport dorthin… Naja. Auf jeden Fall: seit diesem Tag sind die Löcher tatsächlich DICHTGEMACHT! Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Wir sind wirklich baff, dass so etwas möglich ist (zur Erklärung: uns wurde gesagt, die Problematik läge daran, dass Geesthacht zwar zu Schleswig-Holstein gehöre, diese Straße aber auf Hamburger Gebiet läge und nun einer zum anderen sagt: DU bist zuständig, ICH zahl nix… – wer auch immer jetzt die Geldbörse aufgemacht hat: es wurde erledigt. Geht doch!)
Nach dem Gute-Nacht-sagen fahre ich nach Hause und versuche auch bald ins Bett zu kommen, da sich bei mir eine Erkältung anbahnt. Männer und Schnupfen… es bedarf eigentlich keiner weiteren Erklärung. Jeder hier weiß um die Dramatik dieser Zusammenhänge, denke ich…
Und nun bedarf es für diesen Blog auch keiner weiteren Worte – weitere folgen im nächsten Blog, wo es um den „Langeweile-Tag“ und die Tage drumherum gehen wird.

wider aller Erwartung doch: noch ein Wochenende zu Hause (2.12.-4.12.2017)

Nach der Ansage, das Wochenende müsse Samuel auf jeden Fall komplett in Geesthacht bleiben, hatten wir eine unruhige Nacht. Wir haben keine wirkliche Begründung dafür gehört, die uns zufrieden gestellt hätte, wir haben Samuels und unsere eigene Enttäuschung darüber wegstecken müssen und wir haben auch, Katharinas Geburtstag vor Augen (und die ganzen Vorbereitungen dafür) nicht wirklich eine Idee gehabt, wie wir gleichzeitig in Winsen vorbereiten bzw. feiern wollen  und zusätzlich in Geesthacht bei Samuel sein können…
Am Samstag morgen dann war mein Plan einfach der, nach Geesthacht zu fahren, Samuel in eine Jacke zu stecken und mit ihm loszufahren. Auf Nachfrage hätte ich dann gesagt „es geht auf einen Tagesausflug“/Fahrt ins Blaue oder so… Dass eine Fahrt ins Blaue auch nach Winsen führen könnte, wäre zumindest eine Option gewesen…
Dann aber kam mir der Gedanke, dass uns ja mal bei einer Visite gesagt wurde, dass die Kinder, wenn der Unfall mindestens 8 Wochen zurück liegt, durchaus tagsüber nach Hause dürften. Und so beschloss Yvonne, vor meiner Abfahrt doch noch mal in Geesthacht anzurufen und genau mit dieser Aussage noch mal nachzufragen. Gesagt – getan. Und zu unserer Verwunderung hieß es dann plötzlich: Oh ja, das stimmt natürlich… das ist wohl nicht vernünftig kommuniziert worden… natürlich darf er auch an diesem Wochenende tagsüber nach Hause…
Ohne Worte…
Egal. Ich also los – und Samuel erwartete mich schon sehnlichst. Wir haben gar nicht viel Zeit verloren und sind quasi kehrtwendend wieder aus der Klinik in Richtung „Home, sweet home“. Ich habe mir abgewöhnt, darüber nachzugrübeln, warum nun doch plötzlich… oder mich darüber aufzuregen, dass es zwischendurch eine entgegengesetzte Aussage gab… Das kostet nur unnötig Zeit und Energie!
So sind wir zu Hause angekommen und hatten, anders als am Wochenende zuvor, kein ruhiges, entspanntes WE vor uns, sondern in gewisser Weise schon auch Stress… Am Sonntag wird Katharina 13 – und somit ein echter Teenie 😉 – und der Samstag stand mehr oder weniger ganz im Zeichen der Vorbereitung darauf. Das war für Samuel – und dann auch für uns – irgendwie auch anstrengend bzw. suboptimal… Samuel „läuft halt noch nicht wieder einfach so mit“, sondern er braucht schon auch noch Beschäftigung oder Ruhezonen oder eben auch einfach „Betreuung“, weil er sich sonst mit seiner dreijährigen Schwester Charlotte sehr schnell immer wieder auch auf dem Niveau von Dreijährigen zofft…
Um das zu realisieren, brauchten wir aber doch auch irgendwie das ganze Wochenende…
Am Samstag bin ich zwischendrin noch zum Einkaufen los gewesen und habe mich bei der Gelegenheit noch mit dem „anderen Advent“, einem Kalender für die Advents- und Weihnachtszeit, versorgt. Immer wieder stehen so viele wertvolle und gute Gedanken darin. Diesen Kalender kaufe ich seit ein paar Jahren immer auf dem Weihnachtsmarkt in Stelle, dem Ort, in dem ich Diakon war, bevor ich nach Fuhlsbüttel ging – ein Nachbarort von Winsen. Dort angekommen, traf ich auf viele liebe Leute, die alle Bescheid wussten über die Situation mit unserem Sohn bzw. in unserer Familie – und es tat gut, von vielen doch auch noch mal zu hören: „wir beten für euch“, „wir denken an euch“ – oder andere ermutigende Sätze.
Ermutigend… Im „anderen Advent“ steht gleich zu Beginn etwas, das ich sehr gut auf Samuel beziehen kann:
es geht um „Kintsugi“! Kintsugi stammt aus Japan und heißt „Goldreparatur“. Wenn eine wertvolle Keramikschale in Scherben zerbricht, wird sie wieder zusammengefügt. Nicht ohne sichtbare Risse, das wäre ja unmöglich.
Aber: Die Bruchstellen werden nicht nur mit besonderem Kitt und Lack geflickt, sondern auch mit Goldstaub. So wirken die Brüche besonders kostbar, das ganze Gefäß ist neu und anders, es glänzt sogar.
Jede wiederhergestellte Schale zeigt: Ich bin gebrochen, an verschiedenen Stellen. Ich habe vieles überstanden. Es hat Mühe und Zeit gekostet, wieder ganz zu werden, wieder neu gefüllt werden zu können. Aber genau das macht mich einzigartig. Mit dem Advent bricht nicht über Nacht eine heile Zeit an. Aber er kann uns bestärken, neu auf die Suche zu gehen – nach goldenen Spuren. (Iris Macke)
Samuel wird auch Risse davon tragen. Macken vielleicht. Auf jeden Fall Narben… Was dieser Text so nicht benennt, ist mein Glaube: Gott selbst ist es, der in der Lage ist, diesen Zerbruch von Samuel wieder zusammenzufügen und dabei sogar aus den zerbrochenen Momenten seines Lebens etwas besonders kostbares werden zu lassen. Wir sind gespannt auf Gottes Arbeit, wenn er Samuel wieder „herstellt“, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat.
Während ich unterwegs war, war Yvonne mit allen Kindern alleine – und nun merken wir, dass es für alle Beteiligten besser ist, wenn wir so langsam aber sicher wieder aufbrechen. Es kommt auch schon an diesem Tag mal zu Situationen, wo wir Samuel mit einem etwas schärferen Ton zurechtweisen, wenn er mal wieder seine Schwester Charlotte „traktiert“. Wohl wissend, dass er diese „Zurechtweisung“ auch bald wieder vergessen haben wird – und auch mit einem schlechten Gefühl versehen, da wir ja eigentlich nach wie vor unendlich dankbar für alles sind, was bei Samuel wieder „lebendig geworden ist“.
Nichtsdestotrotz wird er sich ja auch einfügen müssen in das, was in der Familie an Regeln einfach auch wichtig bleibt… Und von daher „müssen wir da alle durch“…
Bevor ich mit Samuel wieder nach Geesthacht fahre, freuen wir uns noch alle zusammen darüber, dass sich Samuels Grundschullehrerin bei uns gemeldet hat. Seit über einem Jahr ist Samuel nun ja schon an der IGS, aber auch seine ehemalige Lehrerin ist voller Anteilnahme für ihn. Das freut Samuel sichtlich 😉

An diesem Sonntag wird unsere große Katharina nun schon 13 Jahre alt! Whow! Und wo wir vor einigen Wochen noch froh gewesen wären, wenn wir diesen Tag zusammen mit Samuel in Geesthacht hätten verbringen können, freuen wir uns nun umso mehr, dass das alles bei uns zu Hause stattfinden kann! Frühmorgens will ich Samuel abholen… und verschlafe erst mal. Das ist ziemlich blöde, weil wir ja unseren Plan im Kopf hatten: um 10h wollen die Gäste kommen, wir wollen vorher noch ein bisschen was vorbereiten und davor noch genügend Zeit haben, um Geschenke auszupacken, zu singen usw.
Ich wollte eigentlich um 7h wieder in Winsen sein, mit Samuel. Stattdessen wache ich erst um halb sieben auf – um dann festzustellen, dass es draußen Eisregen gibt und sich die Fahrt natürlich auch noch dadurch weiter verzögert.
Tja, dumm gelaufen, aber ein typischer Fall von „is jetzt so“.
Ich beschreibe das so, weil das exemplarisch widergibt, was oft in den letzten Wochen passiert ist… John Lennon hat es mal so formuliert: „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen“.
Pläne machen ist das eine – aber es gelassen und entspannt anzugehen, wenn die Pläne nicht funktionieren, ist oft viel wichtiger.
Der Geburtstag ist schön. Die Hütte ist voll. Samuel hat für Katharina auch ein selbstgemachtes Geschenk: einen Minion, den er in der Ergotherapie selbst gesägt hat (Laubsäge-Minion) – die erste „aktive und zuende gebrachte Arbeit“ nach seinem Unfall. Vielleicht nicht künstlerisch das Allerbeste, was er jemals hervorgebracht hat – aber es hat einen unschätzbaren ideellen Wert.
Samuel ist „mittenmang“ dabei, zieht sich aber oft auch raus. Langweilt sich schnell, wenn er nicht „bespaßt“ wird – und fängt dann an, Charlotte zu triezen. Wir freuen uns, dass er nachmittags auch Leute findet, die mit ihm spielen und ihm so die Langeweile nehmen. Für uns ist es teilweise auch ein Spagat: wir wollen gerne mit unseren Gästen zusammensein, realisieren aber auch, dass wir dann bei ihm fehlen – obwohl er ja da ist. Tja, das ist eine dieser Zerreißproben, die es auszuhalten gilt. Aber unterm Strich bleibt die Dankbarkeit, dass er diesen Tag mit uns begeht, trotz aller Einschränkungen, die momentan noch vorhanden sind.

Als ich ihn zurück bringe, wird mir deutlich, dass dieses Wochenende für ihn nicht sehr erholsam gewesen sein muss… Aber darüber wird in den kommenden Tagen noch nachzudenken sein…

Montags ist mein „home-office“-Tag, was in dieser Zeit ganz praktisch ist. So kann ich nach getaner Arbeit noch zu ihm fahren und ein bisschen Zeit mit ihm verbringen. Heute ist wieder Fußball angesagt – und Woche für Woche läuft es besser. Vor dem Gute-Nacht-Sagen gibt es noch einen kurzen Small-talk mit einer Mitarbeiterin aus Geesthacht, die unter anderem nun für Samuel zuständig ist. Sie kommt aus Stelle und ist eine ehemalige Kindergottesdienst-Mitarbeiterin, die Samuel schon im KiGo kennenlernen konnte. Die Welt ist klein 🙂
Während ich bei Samuel bin, ist meine Frau mit allen Mädchen los, um Katharinas großes Geburtstagsgeschenk einzulösen: ein FAHRRAD! Nach dem Unfall ist uns allen, auch ihr, ganz wichtig, ein verkehrssicheres und einfach gutes Fahrrad zu haben und – na klar: niemals (!) ohne Helm unterwegs zu sein!

…morgen werden wir erfahren, dass es nach der Rücknahme der Rücknahme der Erlaubnis, am Wochenende nach Hause zu fahren, wieder mal eine Rücknahme davon gibt…
Aber davon beim nächsten Blog-Beitrag mehr…

 

Die Zeit fürs Blogschreiben wird immer knapper (29.11.-1.12.2017)

Eigentlich sollte dieser Blog-Eintrag schon seit Freitag Abend (oder Samstag vormittag) stehen. Aber ich merke: jetzt ist Adventszeit, dazu kommt die Tatsache, dass ich seit dem 1.12. wieder arbeite – und zu guter Letzt ist unser Sohnemann nun ja auch am Wochenende zuhause, was aber nicht unbedingt mehr Zeit fürs „in Ruhe Blog-Schreiben“ bedeutet.
Möglicherweise wird es in den nächsten Wochen immer mal „leicht verspätete Berichte“ geben. Ich merke, dass ich da selbst in einem kleinen Zwiespalt stecke… einerseits schreibe ich diesen Blog ja nicht, um irgendwelche Erwartungen zu erfüllen oder es irgendjemandem recht zu machen (auch wenn mich natürlich freut, dass sich viele sehr gerne diesen Blog durchlesen; dass sich manche an der Art und Weise meines Schreibens erfreuen; dass etliche das Beschriebene auch als Grundlage für ihr Gebet nehmen). Aber andererseits WILL ich diesen Blog auch schreiben, um es vor allem für Samuel später leichter zu machen, diese Zeit, die immer ein bisschen im Dunkeln für ihn bleiben wird, zu erinnern und nachvollziehen zu können, was geschehen ist.
Nun denn… genug des Vorworts.
Das Gute am „verzögerten Schreiben“ in dieser Phase ist, dass ja gar nicht mehr täglich so viel passiert, dass man wirklich mega in der Entwicklung hinterher hinkt, wenn man mal ein paar Tage nix hört. Das ist das Gute – aber gleichzeitig auch das Schwierige, weil es uns in der Realität dessen, wie es mit Samuel vorangeht, immer mehr Geduld abverlangt. Die Fortschritte werden immer langsamer, da das, was nun noch wiederhergestellt werden muss, die Prozesse im Gehirn sind, die am langwierigsten sind und einfach nicht Tag für Tag oder Woche für Woche große Erfolgserlebnisse bringen. Und Geduld zu haben ist nicht einfach.
Gestern kam mir der Vergleich aus meiner Freizeitjoggerei… ich habe längere Zeit wirklich täglich Zeit fürs Laufen investiert und bin eine Zeit lang auch mal regelmäßig 8-12km gelaufen. Damit ist es jetzt leider seit längerem vorbei… mein innerer Schweinehund bewacht den Raum, in dem meine Laufklamotten sich befinden, sehr gut… Aber darauf wollte ich gar nicht hinaus…: ich stelle mir vor, wie ich nach längerem Nicht-Laufen und aus-der-Übung-sein mir in den Kopf setze, plötzlich 14km zu laufen. Schon das ist sehr anspruchsvoll und nahezu unrealistisch… Und ich fühle mich manchmal, als wäre ich kurz vor dem Ende der 14km, hab im Prinzip kaum noch Reserven – und in den letzten Minuten bzw. auf den vergangenen 1-2km deutet sich an, dass sich die Strecke verlängert: es werden nicht 14, sondern 42km. Ein Marathon. Das hab ich noch nie gemacht. Und ich bin doch jetzt schon alle… Aber es muss ja weitergehen. Und irgendwie werde ich, werden wir die 42km packen. Ja, so fühle ich mich manchmal.
Gut, dass es Weggefährten gibt, die so etwas zu „riechen“ scheinen. So habe ich vor einigen Tagen auf Facebook als Reaktion auf einen meiner Blog-Einträge einen Text von Jürgen Werth gepostet bekommen, der mich so berührt hat, dass ich ihn hier gerne auch noch mal einstellen möchte:

Weit, dieser Weg ist weit.

Du siehst nur Steine, Staub und Sand.

Zeit, dieser Weg braucht Zeit.

Du fragst: Reicht wohl der Proviant?

Schwer der Kopf, schwer der Schritt.

Nachts träumst du dich heimlich nach Haus.

Schwer das Herz, schwer der Blick.

Warst nie hier und kennst dich nicht aus.

 

Endlose Tage, mühsame Tage,

ängstliche Fragen: Wo gehst du hin?

Fremde Gesichter, leere Gesichter.

Keiner erkennt dich. Gehörst du hierhin?

 

Weit, dieser Weg ist weit.

Das Ziel liegt hinterm Horizont.

Zeit, dieser Weg braucht Zeit.

Du ahnst jedoch, daß er sich lohnt.

Weites Land, neues Land.

Nur durch Staub und Sand kommst du hin.

Weitergehn, weitersehn.

Ziele geben Wegen den Sinn.

 

Holprige Wege, stolprige Wege.

Bleiben wär leichter, doch dann ändert sich nichts.

Einsame Straßen, zweisame Straßen,

unter den Füßen verwandeln sie dich.

 

Weit, mancher Weg ist weit.

Doch nie gehst du ihn ganz allein allein.

Zeit, mancher Weg braucht Zeit.

Doch Gott wird dein Gefährte sein.

Liebe trägt jeden Schritt.

Du lernst laufen, leben, vertraun.

Jeden Schritt geht er mit.

Und führt dich vom Glauben zum Schaun.

Ja, Jürgen, da hast du etwas Gutes und Treffendes beschrieben. Vielen Dank dafür! 🙂

Was passiert ist in diesen Tagen von Mittwoch bis Freitag? Ach ja… ein paar Dinge möchte ich auch noch skizzieren…
Am Mittwoch habe ich mich intensiv unserer großen Tochter gewidmet. Für Mathe lernen (ist für mich als altem Mathe-LK’ler immer ein Genuss, für meine Tochter weniger) und Einladungen am PC für ihre Geburtstagsparty gestalten. Mein Kind wird 13!… Whow. Plötzlich Teenie. Aber dazu mehr im nächsten Blog. Während wir uns diesen Dingen widmen, geht Samuel mit Mama shoppen: neue Schuhe müssen her! Der Nachmittag in Geesthacht vergeht so wie im Flug.
Was seine Entwicklung betrifft, so ist es wie oben beschrieben, eben manchmal auch mühsam: Fortschritte? Es fühlt sich eher wie Stagnation an. Es sind immer wieder dieselben Punkte, an denen ich mich über ihn wundere. Langsam ist es auch nicht mehr „lustig“, „süß“ oder „niedlich“. Es wirkt befremdlich… dass er kaum etwas behalten kann von dem, was ihm erzählt wird; dass er oft sinnentleerte Fragen stellt oder zumindest Fragen auf Kleinkind-Niveau, wo ich denke „HÄ? Wieso fragst du das jetzt?“ („Papa, wozu gibt es eigentlich Autos?“), dass es wenig „AKTION“ in seinem Handeln gibt, sondern viel Reaktion – und die eben auch oft nicht adäquat oder eben auch verzögert… Ich will mich festhalten an der Aussage, dass es eben Geduld erfordert, dass es lange dauert und dass er durchaus in der Lage sein wird, wieder schulfähig zu sein… aber es fällt oft so schwer…
Andererseits geht es mir auch immer noch oft so, dass ich staune, über welche Dinge ich mich jetzt schon aufregen DARF. Und das will ich mir dann eben auch immer in Erinnerung rufen! BIS HIERHER HAT DER HERR GEHOLFEN! Er wird es auch weiterhin tun!
Am Abend fahre ich noch zum gute Nacht sagen zu ihm und lasse mir noch erzählen, dass er an diesem Tag Schwimm-Therapie hatte, was er sehr genossen hat. Normalerweise ist das nicht „drin“, aber es gibt ja manchmal auch Ausnahmen. Wie schön 🙂
Der Donnerstag zog so ins Land, ohne weitere bemerkenswerte Erlebnisse.

Am Freitag hatte ich nun meinen ersten Arbeitstag. Freitags bin ich häufig als „Kita-Preacher“ on tour und gestalte kurze Andachten für Kinder in der Krippe (!) und in der Kita. Das war für den Anfang nach so vielen Wochen auch eine dankbare Aufgabe. Hab ich wirklich sehr gerne gemacht.
Nachmittags hatten wir dann einen kleinen „Schocker“ zu verarbeiten: eigentlich war unser Plan, dass Yvonne Samuel so gegen 14h abholt und mit nach Hause nimmt, denn Freitags nachmittags passiert eh nix mehr auf Station bzw. es gibt auch keine Therapien mehr. Und da er ja schon am vorigen Wochenende nach Hause durfte und auch an diesem Wochenende mit sollte, dachten wir: der Nachmittag geht bestimmt auch schon. Das würde für uns einiges erleichtern, da ja auch noch die drei Mädchen irgendwie zu beaufsichtigen wären…
Tja, kaum in der Klinik angekommen, wurde Samuel auch schon „abreisefertig“ gemacht und es kam noch zur vermeintlichen Verabschiedungssituation am Tresen. Dort wurde meiner Frau dann aber mitgeteilt, dass Samuel auf gar keinen Fall mit nach Hause dürfte. Dass er am vergangenen WE mit war, sei ein Versehen gewesen, für das man sich entschuldigen möchte… – er dürfe erst Weihnachten wieder tagsüber nach Hause und vorher als absolute Ausnahmegenehmigung am Sonntag, wenn seine Schwester Geburtstag hat. Aber sonst nicht mehr…
Boah. Das war ein Hammer! Für Samuel, weil er sich ja schon auf Zuhause gefreut hatte. Für seine Geschwister aus dem gleichen Grund. Und auch für uns Eltern – zum einen aus demselben Grund und zum anderen, weil es dann doch wieder heißt, sich logistisch einiges mehr zu überlegen, wenn er tagsüber am Wochenende, wo nix läuft, doch in Geesthacht von uns betreut werden muss… Und eine richtige Begründung gab es auch nicht… Irgendwas von wegen versicherungstechnisch blabla. Innerhalb Geesthachts ja, aber eben nicht nach Hause. WHAT?!?…
Tja, so verbrachte erst Yvonne ziemlich bedröppelt – und dann später ich, nicht weniger bedröppelt, die Zeit bei unserem Sohn. Ich sagte ihm „gute Nacht“ und versprach ihm, dass wir am nächsten Tag auf jeden Fall die ganze Zeit bei ihm sein würden. Wie auch immer…
Tja, der Tag war nicht schön. Und die Nacht auch nicht wirklich… wir zerbrachen uns den Kopf darüber, warum er durfte und jetzt wieder nicht…
Blöde.
Im nächsten Blog dann der Bericht über ein Wochenende, das wider aller Erwartungen doch zu Hause stattfand… 😉