„Ich denke, ich schreibe diesen Beitrag in den nächsten Tagen und runde damit den Blog ab. Oder doch zumindest „vorerst“, denn wenn weitere „Meilensteine“ bzw. große Entwicklungsschritte folgen, kommt vielleicht doch noch ein Beitrag…“ – so waren meine Worte im letzten Blog-Beitrag vor 4 Wochen. Das habe ich nicht ganz halten können. Warum? Irgendwie war ich nach dem letzten Blog-Eintrag doch auch ein bisschen froh, dass das regelmäßige Schreiben ein Ende hat. Es hat ja doch auch eine Menge Zeit in Anspruch genommen. Und ich war außerdem recht schnell drin in der „nicht-Blog-Realität“, hab die Zeit genossen MIT Samuel. Und dann… hab ich auch ein paar Mal gedacht: „die nächste Veränderung bahnt sich in Kürze an – das will ich noch abwarten“. Und, schwupps, sind vier Wochen rum! Verrückt…
In den vergangenen vier Wochen ist tatsächlich so einiges passiert. Ich will nun nicht mehr so viele Einzelheiten beschreiben, wie das in den bisherigen Einträgen der Fall gewesen ist, das würde den Rahmen sprengen. Und doch gab es ja immer wieder viele Anfragen, wie es denn Samuel und uns jetzt, in der „nach-Blog-Zeit“ ergeht… Von daher: ein kurzes Update soll dann heute mal wieder dran sein.
Kurz nach Samuels Geburtstag kam auch schon die freudige Nachricht, dass Samuel ab jetzt in der letzten Phase der Reha angekommen ist – die sogenannte Phase D, die „Entlassungsphase“. Danach geht’s nach Hause!!! Das war schon auch eine riesen Freude und eine große Motivation, zumindest in den ersten Tagen… So hat Samuel seit Anfang Februar kaum noch welche von seinen „Kumpels“ auf Station, viele „seiner Jungs“ wurden entlassen… und das führte bei ihm zu einer ziemlichen „Null-Bock-Haltung“ den Therapien und dem Leben in Geesthacht gegenüber. Irgendwann gab es ein Gespräch mit Ärzten und Therapeuten, in denen sie uns gegenüber relativ ratlos waren, was nun die richtige Herangehensweise wäre… es hatte sich schon Ende Januar herauskristallisiert, dass eine Entlassung wohl zu den Osterferien, also Mitte März, ein realistisches Ziel sei. Aber natürlich vorausgesetzt, die Entwicklungsschritte sind weiter gut und es ist abzusehen, dass er durch diese Entwicklungen auch seine Schulfähigkeit – dann ab April – wieder erreichen würde. Wenn er allerdings in den Therapien nicht mehr oder nur noch mangelhaft motiviert mitmacht, bleiben die entsprechenden Entwicklungsschritte aus und dann würde sich die Entlassung noch weiter nach hinten verschieben. Seine „null-Bock-Haltung“ und seine Sehnsucht, doch bitte nur noch nach Hause zu wollen, bewirkt dann also im Prinzip das Gegenteil von dem, was er sich wünscht (und wir uns ja mit ihm). Ihn aufgrund der „Nicht-Motivation“ früher zu entlassen, ist auch keine Option, da ja wie gesagt, entsprechende Entwicklungsschritte fehlen und er dann im Grunde auch ab dem Moment, wo er wieder zu Hause ist, auch zur Schule müsste, was eben zur Zeit auch noch eine Überforderung für Samuel ist. Und sämtliche Motivationsversuche in Geesthacht haben wohl nicht wirklich gefruchtet.
Aaaaaber: Mama und Papa sind ja mit so einigen pädagogischen Tricks vertraut. Von daher haben wir Samuel es so erzählt: die Idee ist, dass er Ende März entlassen werden kann. Wenn er gut mitmacht, kann er quasi mit jeder Woche, die er gut mit macht, eine Woche verkürzen… Und um das zu erreichen, haben wir eine Idee aus der Grundschul-Zeit wieder aufgegriffen: Samuel hat ein Stempel-Heft bekommen, das er zu allen Therapien mitführen muss: arbeitet er gut mit, bekommt er drei Stempel, arbeitet er normal mit, gibt es zwei Stempel und arbeitet er nicht so dolle mit, gibt es nur einen Stempel. Wir haben dann gesagt: wenn es mindestens doppelt so viele Stempel wie Therapien in der Woche gibt, gibt es am Wochenende außerdem eine kleine Belohnung bzw. etwas Schönes, das wir dann zusammen machen. Dazu gehört als zweite Aufgabe, dass Samuel sein „Logbuch“ ordentlich führt, also dort immer einträgt, welche Therapien er gemacht hat und was er sonst noch so an dem Tag gemacht hat. Das klappt soweit ganz prima! Und nun ist es so, dass wir mit den Ärzten und Therapeuten vereinbart haben, dass Samuel schon zur kommenden Woche in die „teilstationäre Phase rutscht!
Yay!
Das bedeutet praktisch, dass er morgens von einem Taxi zu Hause abgeholt und nach Geesthacht gebracht wird, wo er seine Therapien macht (mittlerweile vor allem sogenanntes Hirnleistungstraining) – und nachmittags holen wir ihn dann wieder dort ab, was für uns (und die Ärzte) den Vorteil hat, dass wir uns trotzdem relativ regelmäßig sehen und gegenseitig auf den neuesten Stand bringen können. Diese teilstationäre Phase wird dann drei Wochen andauern und mit dem 16.3.2018 wird dann aller Voraussicht nach die Reha-Zeit in Geesthacht endgültig beendet sein!
Ach, wir freuen uns so – so sehr!!! Natürlich ist es immer noch beschwerlich und kräftezehrend. Natürlich schauen wir immer noch ein bisschen „bangend“ auf die Dinge, die bei Samuel noch schwierig sind und hätten gerne lieber heute als morgen keinen extra Betreuungs/Therapiebedarf mehr. Natürlich schmerzt es manchmal, wenn man für den eigenen Sohn plötzlich Dinge beantragen muss, die eigentlich immer fernab der familiären Realität schienen; sowas wie einen Schwerbehindertenausweis z.B.; oder eben die Integrationshelferin in der Schule; die Fahrtdienste zur Schule, weil er momentan noch nicht wieder verkehrstauglich ist… usw.
Aber!!! Wir sind froh und dankbar, dass wir diese Schritte mit ihm gehen dürfen! Gerade vor ein paar Tagen fuhr ich am UKE vorbei – und so viele Szenen der ersten Wochen auf der Intensivstation zogen vor meinem geistigen Auge vorbei und ich bekam weiche Knie, mir schnürte sich die Kehle zu… und ich dachte: „mein Sohn lebt! Und er lebt schon wieder SO GUT! Und so fröhlich UND so normal!“ Es ist einfach unbeschreiblich wunderbar, und wir sind Gott an jedem neuen Tag wieder dankbar für das, was wir an Bewahrung erleben konnten und können!
Und wir sind als Familie ähnlich wie wahrscheinlich viele andere auch sehr froh, wenn diese Zeit des langen Winters endlich, endlich vorbei ist. Na klar, es war kein „strenger Winter“ mit viel Frost und Schnee (ob wir das noch mal erleben werden?!?…), aber einfach diese Phase des „es ist früh dunkel“ ist genau die Phase der Reha – und nun, seit Neujahr eigentlich, habe ich das Gefühl, einer aus der Familie ist immer krank. Wir freuen uns so auf Mitte März: endlich ist Samuel wieder ganz zu Hause, dann sind erstmal Ferien, und die Zeit der Anfälligkeit für Infekte ist vorüber…
Ich war ja selbst in den ersten 9 Wochen nach dem Unfall krank geschrieben bzw. von der Arbeit frei gestellt. Seitdem bin ich wieder „voll drin“ im Gemeindealltag. Und beides war nicht unbedingt erholsam… weder die 9 Wochen ohne Arbeit noch die 2,5 Monate seitdem, in denen ich wieder arbeite und wir ja zusätzlich unseren „Reha-Patienten“ haben. Dennoch halte ich mich gesundheitlich erstaunlich gut. Fühle mich zwar oft schlapp, aber so richtig krank bin ich eigentlich nicht gewesen. Gottseidank!
Bei Samuel hat sich immer mal wieder ein Kopfschmerz eingestellt, der auch teilweise mit Übelkeit und Erbrechen verbunden war. Möglicherweise bekommt er so einen „Hang zur Migräne“ als „Mitgift“ bzw. als Unfallfolge… wir werden das beobachten. Naja, auch damit lässt sich leben. Aber doof und einschränkend ist es natürlich, zumal man bei diesen Kopfschmerzen oft gar nicht weiß, was dagegen zu tun ist, dass sie nicht auftauchen. Sie kommen dann so plötzlich wie ein Dieb in der Nacht…
Nun denn: wir gehen Schritt für Schritt vorwärts! Es ist erfreulich zu sehen, dass viele Baustellen, die es im Dezember oder Januar noch gab (Samuels Verhalten oder auch sein Kurzzeitgedächtnis, sein Orientierungssinn) mittlerweile wirklich geschlossen sind. Und nun geht es erst ins „teilstationäre Dasein“, dann in die Ferien – und dann hoffen wir ganz stark, dass er mit Hilfe seiner Integrationshelferin UND der Zeit, die bis April noch ist, den Einstieg in den Schulalltag auch gut schaffen wird; einen Einstieg, den er dann von Anfang an in seiner neuen – dann wieder 5. – Klasse haben wird. Denn, Hirnverletzung hin oder her, nach dann 5 Monaten Schulausfall wäre es einfach eine Qual gewesen, zwar in der vertrauten Klasse zu sein, aber dann vom Lernstoff der anderen so gar nix mehr zu verstehen. So hat er von Anfang an wahrscheinlich einige Lerninhalte, die ihm vom letzten Jahr noch bekannt vorkommen und kann sich langsaaaaam wieder reinfuchsen.
Es ist so geplant, dass Samuel zunächst nur für einen Schulblock (= Doppelstunde) zur Schule geht, nach einer Woche wird dann erhöht auf 2 Blöcke – und das geht möglicherweise dann bis zum Sommer so. Nach den Sommerferien wird er dann hoffentlich wieder ganz und ohne Unterschied zu seinen Mitschülern im Unterrichtsgeschehen dabei sein und mithalten können.
So, ich denke, um aktuell wieder im Bilde zu sein, habe ich das Wesentliche aufgeschrieben! Wir freuen uns alle nach wie vor riesig über eure Anteilnahme, über Hilfsangebote und über GEBETE! Danke für eure Nähe, auch wenn ihr räumlich manchmal „fern“ seid. Diesen Dank soll ich an dieser Stelle auch ausdrücklich von Samuel weitergeben!
Möglicherweise wird es irgendwann im zeitlichen Bereich des „Jahrestages seines Unfalls“ ein großes DANKESCHÖN-Fest geben, sicherlich auch verbunden mit einer Dankes-Andacht bzw. einem Danke-Gottesdienst, das ist auch Samuel sehr wichtig. Wie und wo und wann genau, dazu gibt es dann zu gegebener Zeit mehr Infos.
Bleibt behütet! Shalom euch allen!
