nur noch 3x schlafen, dann geht’s in die teilstationäre Phase

„Ich denke, ich schreibe diesen Beitrag in den nächsten Tagen und runde damit den Blog ab. Oder doch zumindest „vorerst“, denn wenn weitere „Meilensteine“ bzw. große Entwicklungsschritte folgen, kommt vielleicht doch noch ein Beitrag…“ – so waren meine Worte im letzten Blog-Beitrag vor 4 Wochen. Das habe ich nicht ganz halten können. Warum? Irgendwie war ich nach dem letzten Blog-Eintrag doch auch ein bisschen froh, dass das regelmäßige Schreiben ein Ende hat. Es hat ja doch auch eine Menge Zeit in Anspruch genommen. Und ich war außerdem recht schnell drin in der „nicht-Blog-Realität“, hab die Zeit genossen MIT Samuel. Und dann… hab ich auch ein paar Mal gedacht: „die nächste Veränderung bahnt sich in Kürze an – das will ich noch abwarten“. Und, schwupps, sind vier Wochen rum! Verrückt…

In den vergangenen vier Wochen ist tatsächlich so einiges passiert. Ich will nun nicht mehr so viele Einzelheiten beschreiben, wie das in den bisherigen Einträgen der Fall gewesen ist, das würde den Rahmen sprengen. Und doch gab es ja immer wieder viele Anfragen, wie es denn Samuel und uns jetzt, in der „nach-Blog-Zeit“ ergeht… Von daher: ein kurzes Update soll dann heute mal wieder dran sein.

Kurz nach Samuels Geburtstag kam auch schon die freudige Nachricht, dass Samuel ab jetzt in der letzten Phase der Reha angekommen ist – die sogenannte Phase D, die „Entlassungsphase“. Danach geht’s nach Hause!!! Das war schon auch eine riesen Freude und eine große Motivation, zumindest in den ersten Tagen… So hat Samuel seit Anfang Februar kaum noch welche von seinen „Kumpels“ auf Station, viele „seiner Jungs“ wurden entlassen… und das führte bei ihm zu einer ziemlichen „Null-Bock-Haltung“ den Therapien und dem Leben in Geesthacht gegenüber. Irgendwann gab es ein Gespräch mit Ärzten und Therapeuten, in denen sie uns gegenüber relativ ratlos waren, was nun die richtige Herangehensweise wäre… es hatte sich schon Ende Januar herauskristallisiert, dass eine Entlassung wohl zu den Osterferien, also Mitte März, ein realistisches Ziel sei. Aber natürlich vorausgesetzt, die Entwicklungsschritte sind weiter gut und es ist abzusehen, dass er durch diese Entwicklungen auch seine Schulfähigkeit – dann ab April – wieder erreichen würde. Wenn er allerdings in den Therapien nicht mehr oder nur noch mangelhaft motiviert mitmacht, bleiben die entsprechenden Entwicklungsschritte aus und dann würde sich die Entlassung noch weiter nach hinten verschieben. Seine „null-Bock-Haltung“ und seine Sehnsucht, doch bitte nur noch nach Hause zu wollen, bewirkt dann also im Prinzip das Gegenteil von dem, was er sich wünscht (und wir uns ja mit ihm). Ihn aufgrund der „Nicht-Motivation“ früher zu entlassen, ist auch keine Option, da ja wie gesagt, entsprechende Entwicklungsschritte fehlen und er dann im Grunde auch ab dem Moment, wo er wieder zu Hause ist, auch zur  Schule müsste, was eben zur Zeit auch noch eine Überforderung für Samuel ist. Und sämtliche Motivationsversuche in Geesthacht haben wohl nicht wirklich gefruchtet.
Aaaaaber: Mama und Papa sind ja mit so einigen pädagogischen Tricks vertraut. Von daher haben wir Samuel es so erzählt: die Idee ist, dass er Ende März entlassen werden kann. Wenn er gut mitmacht, kann er quasi mit jeder Woche, die er gut mit macht, eine Woche verkürzen… Und um das zu erreichen, haben wir eine Idee aus der Grundschul-Zeit wieder aufgegriffen: Samuel hat ein Stempel-Heft bekommen, das er zu allen Therapien mitführen muss: arbeitet er gut mit, bekommt er drei Stempel, arbeitet er normal mit, gibt es zwei Stempel und arbeitet er nicht so dolle mit, gibt es nur einen Stempel. Wir haben dann gesagt: wenn es mindestens doppelt so viele Stempel wie Therapien in der Woche gibt, gibt es am Wochenende außerdem eine kleine Belohnung bzw. etwas Schönes, das wir dann zusammen machen. Dazu gehört als zweite Aufgabe, dass Samuel sein „Logbuch“ ordentlich führt, also dort immer einträgt, welche Therapien er gemacht hat und was er sonst noch so an dem Tag gemacht hat. Das klappt soweit ganz prima! Und nun ist es so, dass wir mit den Ärzten und Therapeuten vereinbart haben, dass Samuel schon zur kommenden Woche in die „teilstationäre Phase rutscht!
Yay!
Das bedeutet praktisch, dass er morgens von einem Taxi zu Hause abgeholt und nach Geesthacht gebracht wird, wo er seine Therapien macht (mittlerweile vor allem sogenanntes Hirnleistungstraining) – und nachmittags holen wir ihn dann wieder dort ab, was für uns (und die Ärzte) den Vorteil hat, dass wir uns trotzdem relativ regelmäßig sehen und gegenseitig auf den neuesten Stand bringen können. Diese teilstationäre Phase wird dann drei Wochen andauern und mit dem 16.3.2018 wird dann aller Voraussicht nach die Reha-Zeit in Geesthacht endgültig beendet sein!
Ach, wir freuen uns so – so sehr!!! Natürlich ist es immer noch beschwerlich und kräftezehrend. Natürlich schauen wir immer noch ein bisschen „bangend“ auf die Dinge, die bei Samuel noch schwierig sind und hätten gerne lieber heute als morgen keinen extra Betreuungs/Therapiebedarf mehr. Natürlich schmerzt es manchmal, wenn man für den eigenen Sohn plötzlich Dinge beantragen muss, die eigentlich immer fernab der familiären Realität schienen; sowas wie einen Schwerbehindertenausweis z.B.; oder eben die Integrationshelferin in der Schule; die Fahrtdienste zur Schule, weil er momentan noch nicht wieder verkehrstauglich ist… usw.
Aber!!! Wir sind froh und dankbar, dass wir diese Schritte mit ihm gehen dürfen! Gerade vor ein paar Tagen fuhr ich am UKE vorbei – und so viele Szenen der ersten Wochen auf der Intensivstation zogen vor meinem geistigen Auge vorbei und ich bekam weiche Knie, mir schnürte sich die Kehle zu… und ich dachte: „mein Sohn lebt! Und er lebt schon wieder SO GUT! Und so fröhlich UND so normal!“ Es ist einfach unbeschreiblich wunderbar, und wir sind Gott an jedem neuen Tag wieder dankbar für das, was wir an Bewahrung erleben konnten und können!
Und wir sind als Familie ähnlich wie wahrscheinlich viele andere auch sehr froh, wenn diese Zeit des langen Winters endlich, endlich vorbei ist. Na klar, es war kein „strenger Winter“ mit viel Frost und Schnee (ob wir das noch mal erleben werden?!?…), aber einfach diese Phase des „es ist früh dunkel“ ist genau die Phase der Reha – und nun, seit Neujahr eigentlich, habe ich das Gefühl, einer aus der Familie ist immer krank. Wir freuen uns so auf Mitte März: endlich ist Samuel wieder ganz zu Hause, dann sind erstmal Ferien, und die Zeit der Anfälligkeit für Infekte ist vorüber…
Ich war ja selbst in den ersten 9 Wochen nach dem Unfall krank geschrieben bzw. von der Arbeit frei gestellt. Seitdem bin ich wieder „voll drin“ im Gemeindealltag. Und beides war nicht unbedingt erholsam… weder die 9 Wochen ohne Arbeit noch die 2,5 Monate seitdem, in denen ich wieder arbeite und wir ja zusätzlich unseren „Reha-Patienten“ haben. Dennoch halte ich mich gesundheitlich erstaunlich gut. Fühle mich zwar oft schlapp, aber so richtig krank bin ich eigentlich nicht gewesen. Gottseidank!

Bei Samuel hat sich immer mal wieder ein Kopfschmerz eingestellt, der auch teilweise mit Übelkeit und Erbrechen verbunden war. Möglicherweise bekommt er so einen „Hang zur Migräne“ als „Mitgift“ bzw. als Unfallfolge… wir werden das beobachten. Naja, auch damit lässt sich leben. Aber doof und einschränkend ist es natürlich, zumal man bei diesen Kopfschmerzen oft gar nicht weiß, was dagegen zu tun  ist, dass sie nicht auftauchen. Sie kommen dann so plötzlich wie ein Dieb in der Nacht…

Nun denn: wir gehen Schritt für Schritt vorwärts! Es ist erfreulich zu sehen, dass viele Baustellen, die es im Dezember oder Januar noch gab (Samuels Verhalten oder auch sein Kurzzeitgedächtnis, sein Orientierungssinn) mittlerweile wirklich geschlossen sind. Und nun geht es erst ins „teilstationäre Dasein“, dann in die Ferien – und dann hoffen wir ganz stark, dass er mit Hilfe seiner Integrationshelferin UND der Zeit, die bis April noch ist, den Einstieg in den Schulalltag auch gut schaffen wird; einen Einstieg, den er dann von Anfang an in seiner neuen – dann wieder 5. – Klasse haben wird. Denn, Hirnverletzung hin oder her, nach dann 5 Monaten Schulausfall wäre es einfach eine Qual gewesen, zwar in der vertrauten Klasse zu sein, aber dann vom Lernstoff der anderen so gar nix mehr zu verstehen. So hat er von Anfang an wahrscheinlich einige Lerninhalte, die ihm vom letzten Jahr noch bekannt vorkommen und kann sich langsaaaaam wieder reinfuchsen.

Es ist so geplant, dass Samuel zunächst nur für einen Schulblock (= Doppelstunde) zur  Schule geht, nach einer Woche wird dann erhöht auf 2 Blöcke – und das geht möglicherweise dann bis zum Sommer so. Nach den Sommerferien wird er dann hoffentlich wieder ganz und ohne Unterschied zu seinen Mitschülern im Unterrichtsgeschehen dabei sein und mithalten können.

So, ich denke, um aktuell wieder im Bilde zu sein, habe ich das Wesentliche aufgeschrieben! Wir freuen uns alle nach wie vor riesig über eure Anteilnahme, über Hilfsangebote und über GEBETE! Danke für eure Nähe, auch wenn ihr räumlich manchmal „fern“ seid. Diesen Dank soll ich an dieser Stelle auch ausdrücklich von Samuel weitergeben!
Möglicherweise wird es irgendwann im zeitlichen Bereich des „Jahrestages seines Unfalls“ ein großes DANKESCHÖN-Fest geben, sicherlich auch verbunden mit einer Dankes-Andacht bzw. einem Danke-Gottesdienst, das ist auch Samuel sehr wichtig. Wie und wo und wann genau, dazu gibt es dann zu gegebener Zeit mehr Infos.

Bleibt behütet! Shalom euch allen!

Samuels 12. Geburtstag – und das Ende dieses Blogs (15.-18.1.2018)

Es ist schwer zu beschreiben, was ich fühle, wenn ich diesen letzten Blog-Eintrag beginne. Einerseits ein fröhliches Staunen, das mich auch noch heute mit Freudentränen dasitzen lässt: es ist so überwältigend schön, dass „wir“, nein, vor allem: dass ER, Samuel, nun schon so weit ist, dass das Blog-Schreiben nicht mehr zum Begleiter seines weiteren Weges gehören muss, weil er selbstständig alles behält, was er nun erlebt. Ja, es ist nach wie vor der Wahnsinn! Ein Wunder vor unseren Augen, dass nach unserer Überzeugung niemand anders gewirkt hat als Gott. Der Hammer! So großartig. Und natürlich ziehen vor meinem geistigen Auge (und vor meinem „emotionalen Auge“ – gibt es so was?) die vielen leidvollen Momente voller Zittern und Bangen, voller Angst und lähmender Traurigkeit aus den ersten Tagen und Wochen nach dem Unfall vorbei – und wenn ich anfange, mich da hineinzudenken, zu fühlen, zu erinnern… dann wird das Staunen über das Hier und Jetzt immer größer, die Freudentränen immer dicker, das Jubeln immer lauter…
Und auf der anderen Seite hab ich mich ja schon fast an diese Art der „Gegenwartsverarbeitung“ gewöhnt. Und wie so vieles, an das man sich gewöhnt hat, fällt es gar nicht so leicht, das zu lassen. Aber das ist ja – wie gesagt – nicht die Hauptintention dieses Blogs. Ich könnte einen neuen Blog anfangen, in dem ich beschreibe, wie ich damit fertig werde, keinen Blog mehr zu schreiben. Ach was, Blödsinn! 🙂 ICH FREUE MICH ÜBER DEN GRUND, WESHALB DIESER BLOG EIN ENDE FINDET!
Aber bevor ich sage/ schreibe: ENDE! will ich noch ein paar Tage beschreiben – ein paar Tage, die es in sich haben…
Der Montag ist ein besonderer Tag für Samuel! Aufgrund eines angesetzten Arzttermins in Winsen ist Samuel über Nacht zu  Hause und wird an diesem Montag zum ersten Mal nach über 3 Monaten wieder in seine Schule, in seine Klasse, fahren. Das war natürlich ein vorbereiteter Besuch – und für Samuel eine hammerstarke Erfahrung! Es gab einen Stuhlkreis, in dem die Mitschülerinnen und Mitschüler ihre Fragen an Samuel stellen konnten und es Raum zum Erzählen gab. Es gab Gelegenheit zum gemeinsamen Fußball-Spielen in der Pause – und es gab noch eine besondere Überraschung: die Lehrer hatten sich im Namen Samuels an den BVB, Samuels Herzensverein, gewendet (gewandt? Ich bin da gerade sprachlich nicht ganz parkettsicher…), und es gab einen Brief vom BVB und von sämtlichen (!) Spielern und Trainern eine Autogrammkarte – dies alles wurde Samuel überreicht und er war stolz wie Oskar! Ja, das war ein schönes Wiedersehen – auch wenn es in gewisser Weise etwas von Abschied hatte, was zu diesem Zeitpunkt zumindest die Schüler so noch nicht ahnen konnten… Denn die Zurückstufung in Klasse 5 wird höchstwahrscheinlich schon nach den Osterferien erfolgen und somit wird Samuel auch nicht mehr wirklich Unterricht in seiner bisherigen Klasse mitmachen. Aber so oder so war dieser Besuch ein denkwürdiger Moment und er wird diese Minuten sicher in seiner Seele eingraviert haben.
Nach dem Unterrichtsbesuch ging es dann also zum Augenarzt. Dort war man sehr zufrieden mit Samuels Entwicklung – die Doppelbilder sind weitestgehend verschwunden und es ist wieder ein normales Sichtbild vorhanden. Also auch bei den Augen keinerlei Einschränkungen. Allerdings… – es wurde festgestellt, dass das linke Auge in letzter Zeit wohl etwas zu wenig gefordert wurde und deshalb bekommt Samuel für die kommende Zeit eine ganz besonders schöne „Therapie“ verordnet: er darf nun täglich eine halbe Stunde therapieverordnet Fernsehen gucken – auf die Weise, dass er das rechte Auge mit einer Art Augenklappe zuhält und eben dann nur mit links schaut. Das geht so einige Wochen und dann wird nachkontrolliert. Aber auch hier sind wir froh, wie positiv sich alles entwickelt hat!
Nach dem Augenarzt-Besuch darf der Nachmittag noch zu Hause verbracht werden und zum Abend gibt es noch ein gemeinsames ausgiebiges Abendbrot, bevor er von Mama und Elisabeth zurück nach Geesthacht gebracht wird.

Der Dienstag ist ohne weitere Vorkommnisse gewesen. Ein ganz normaler Tag, aber naja: „nur noch zwei mal schlafen“ bis zum Geburtstag! Die Aufregung steigt natürlich – und wie immer werden kurz vorher noch mal an die 20 Wünsche rausgehauen, was denn alles ein tolles Geschenk wäre… naja, wünschen darf man sich ja immer alles, ist unsere Devise…
Die Visite an diesem Tag erbringt auch keine neuen Erkenntnisse, außer das GO für ein langes Wochenende nach seinem Geburtstag: wir dürfen Samuel also Freitag mittag nach Hause holen und am Samstag Vormittag dann „ganz normal“ Geburtstag in der Familie feiern – und erst am Sonntag Abend muss er dann wieder zurück.

Am Mittwoch zeigt sich, dass wir einfach in einer schwierigen Phase stecken… mit vielen Kindern durch den Winter ist immer wieder eine Herausforderung – und jetzt noch mal mehr… Elisabeth hat sich mal wieder was eingefangen und muss zum Arzt, Charlotte hängt auch ziemlich durch… und der Geburtstag rückt näher – und natürlich das Vorhaben, nach Geesthacht zu fahren und es dort mit allen schön zu haben! Derweil hat Samuel am Vormittag Vollprogramm und aufgrund der Geburtstagsvorbereitungen einerseits und meiner Arbeit andererseits ist es irgendwie nicht möglich, ihn an diesem Tag zu besuchen. Blöde, am Tag vor dem Geburtstag. Aber es geht halt auch nicht immer alles…
Parallel zu Geburtstagsvorbereitungen geht es schon wieder um Anträge, Papierkram, Telefonie… Die Schulbegleitung (ab April) muss langsam angebahnt werden, dafür ist Schule, Gesundheitsamt und ein entsprechender Träger zu involvieren… Dann meldet sich auch immer mal die Krankenkasse… es geht dann um evtl. Erstattung von seiten der Versicherung des Autofahrers… also: es wird nicht langweilig. Und die anderen drei Kinder sind ja auch in ihrem „Turn“ drin, der Baby-, Kita- und Schulalltag hat eben ganz eigene Herausforderungen – von gesundheitlichen „Zwischenfällen“ ganz zu schweigen…
Am Abend entschließe ich mich kurzerhand, doch noch bei unserem fast 12jährigen vorbei zu fahren. Es ist zwar dann doch auch schon fast 21h, als ich bei ihm aufschlage, so dass es nicht mehr ein wirklich langer Besuch wird. Aber ich wollte ihm unter anderem auch sein Handy vorbeibringen. Vorher  noch das Klinik-interne WLAN eingeschaltet (das ist für Samuel doch noch etwas zu kompliziert) und so können wir sichergehen, dass er auch schon vor unserem Besuch am Donnerstag Nachmittag Glückwünsche (zumindest via whatsapp) bekommen kann. (dass er dann aber abends noch einen langen WA-Sprachanruf tätigt, so dass sein Akku alle ist und er eben doch keine Glückwünsche empfängt, bevor wir da sind, bekommen wir erst am Donnerstag nachmittag mit).
Samuel ist voller Vorfreude und Aufregung – spätes Einschlafen und sehr frühes Aufwachen sind die Folge. Ich verabschiede mich also an diesem Abend endgültig von meinem 11jährigen Sohn – und wieder mal denke ich: wie gut, dass ich mich am Abend des 17.1. endgültig von meinem 11jährigen Sohn verabschieden kann, WEIL ER AM NÄCHSTEN TAG 12 wird – und nicht schon ein endgültiger Abschied im Herbst 2017 geschah, dem kein Geburtstag mehr hätte folgen können…
Samuels Nachtgebet lautet heute: „Danke, Gott, dass ich morgen Geburtstag habe. Ohne dich hätte ich diesen Tag nicht erleben können! Amen“
Mehr muss ich auch nicht dazu sagen!

Nun also der 18.1.2018 – Samuels 12. Geburtstag! Manche Kinder, manche Familien kennen diese Situation auch schon aus anderen Zusammenhängen…: wenn das Kind während einer Klassenfahrt oder einer Kurzreise Geburtstag hat, kann man auch nicht dabei sein – und muss nachfeiern. Aber für uns ist es nun doch das erste Mal… und es fühlt sich komisch an, in diesen Tag zu starten, ohne ihn an den geschmückten und gedeckten Geburtstags-Geschenke-Kuchen-Kerzen-Tisch zu führen und seine leuchtenden Augen zu sehen. So stehen Katharina und ich wie immer an Schultagen um 6.20h auf, bereiten uns auf ihren Schultag vor und schicken Samuel eine Sprachnachricht, in der wir „aufs Heftigste gratulieren“ – nicht wissend, dass das Akku leer ist und er diese Nachricht gar nicht wird erhalten können…
Wir beten noch zu Gott und danken ihm für diesen besonderen Tag und bitten ihn, dass er Samuel einen schönen Vormittag schenken wird. – Katharina düst zur Schule und ich nach Hamburg, wo ich heute am frühen Nachmittag Schluss mache, weil ich eigentlich von dort direkt nach Geesthacht fahren will. Auf dem Rückweg (es herrscht Schneeregen) meldet sich plötzlich mitten auf der Autobahn mein Scheibenwischer ab. Nix mehr. Hohe Geschwindigkeit, Schneeregen – und kein Scheibenwischer. Na, Mahlzeit! Also Planänderung: ich tuckere fortan mit 40 km/h und Warnblinker bis zur nächsten Ausfahrt und von dort über Land nach Hause, wo ich dann den Wagen stehen lasse. Katharina hat lange Schule heute und Samuels Patentante fährt über Winsen nach Geesthacht, wo sie dann nicht nur Katharina einsammelt, sondern mich eben auch noch (Yvonne ist derweil schon zu Samuel gefahren).
Auf der Station gibt es einen Aufenthalts- und Spieleraum, der liebevoll dekoriert wird. Samuel hat 6 Kinder von Station eingeladen, mit ihm zu feiern. Yvonne hat sich Spiele ausgedacht, kleine Geschenktütchen für jedes der Kinder gepackt, Kuchen gebacken, natürlich Geschenke für Samuel mitgenommen und und und…
Als wir alle da sind und die Party so gegen 16h los gehen soll, merken wir schon, dass es dem Geburtstagskind nicht besonders gut geht. Samuel klagt schon den ganzen Tag wieder über Kopfschmerzen und nun, am Kuchenbuffet, kommt auch noch Übelkeit hinzu. Dann die Kinder von der Station, die auch nicht unbedingt die leisesten Gäste sind und sich mit „Herumsitzen“ ohnehin schwer tun… Nach einer halben Stunde, nach Auspacken der Geschenke (u.a. ein Gutschein für einen gemeinsamen Stadionbesuch in Dortmund) zieht Samuel sich zurück… Erst muss er sich kräftig übergeben und dann möchte er nur noch schlafen. Die restliche Geburtstagsgesellschaft ist überdreht und irgendwie auch nicht mehr wirklich zu halten. Und wir sind irgendwie auch mit der Situation überfordert. Gegen halb sechs lösen wir das Ganze auf und gehen zu Samuel ins Zimmer. Er hat sich mittlerweile etwas erholt und hört sich nun ganz interessiert die drölfzig Gratulationen via Handy an (mittlerweile ist das Ding wieder geladen). Zwischendurch hat er Lust auf Kakao – und spuckt anschließend wieder… Gegen 19h sagen wir ihm gute Nacht und fahren nach Hause mit der Aussicht, ihn morgen mittag ja schon wieder abzuholen, damit er für ein langes Wochenende bleiben kann. Wir besprechen die Situation noch kurz mit der Ärztin, die meint, es könne Migräne sein und es könne eben sein, dass Samuel damit nun immer mal wieder zu tun hat… Aber es sei nix Besorgniserregendes. Und die Mische aus Kopfweh und Übelkeit und dann Schoki/Kakao/Kuchen sei nun mal auch nicht sehr förderlich… Wissen wir… 😉
Er schläft trotz seiner „Unpässlichkeit“ doch einigermaßen happy ein und blickt schon voller Vorfreude voraus auf das Wochenende! Ein Wochenende mit Besuch von Leon, den er im Sommer bei seinem Wespenstich-Krankenhaus-Aufenthalt in Lüneburg kennenlernen konnte und mit dem er nun ein „ziemlich-beste-Freunde-Duo“ bildet. Am Samstag ist eine Kegeltour mit Freunden geplant (ja, das geht wieder! Und er liebt kegeln!) und am Sonntag kommen dann Großeltern und Tanten und Cousinen…

Das war also Samuels Geburtstag – und das war: dieser Blog! Nach 3 Monaten und 23 Tagen findet er sein Ende, weil Samuel nun seine Geschichte selbst behält und zum Teil auch dokumentiert: in seinem „Logbuch“, wo er täglich aufschreibt, was er erlebt, was ihn freut, was ihn ärgert usw.
Ich selbst habe durch diesen Blog vieles vermocht: ich konnte meine Gedanken ordnen, konnte Gefühltes und Erlebtes niederschreiben – so bruchstückhaft, fehlerhaft, einseitig-subjektiv, wie es nun mal ist, wenn einer von etwas berichtet, was viele betrifft. Aber es war eben meine Sichtweise – und ich danke euch, die ihr mitgelesen habt, mitkommentiert, nachgefragt – und hier und da eben auch aufgrund des Blogs etwas konkreter im Gebet vor Gott geworden seid; sowohl im Danken als auch im Bitten.
ja, in gewisser Weise hat mir der Umstand dieses Blog-Schreibens auch noch mal viele von euch näher gebracht und mir gezeigt, wo Verbundenheiten sind – zu mir, zu unserem Sohn, zu uns als Familie; Verbundenheiten, die ich teilweise vorher gar nicht so stark eingeschätzt hätte.
dafür DANKE!!!

Wobei ich gerade merke (sowas nennt man wohl „think in progress“ oder so…), dass ich es doch noch nicht mit diesem Blog-Eintrag bewenden lassen will!
Mir selbst fehlt noch ein Ausblick: wo stehen wir jetzt, wo steht Samuel jetzt (auch was die Entwicklung seiner Genesung betrifft und die momentanen Prognosen) – und wie gehen wir in die nächste Zeit?
Während ich diese Zeilen schreibe, ist bereits der 23.1.2018, es hat sich seit dem Geburtstag auch schon wieder das eine oder andere ereignet, was in den Bereich „Ausblick und Prognosen“ gehört…
Ich denke, ich schreibe diesen Beitrag in den nächsten Tagen und runde damit den Blog ab. Oder doch zumindest „vorerst“, denn wenn weitere „Meilensteine“ bzw. große Entwicklungsschritte folgen, kommt vielleicht doch noch ein Beitrag…

Auf jeden Fall kann ich, können wir sagen, dass SAMUELS WEG ZURÜCK in ein Leben, das wir mit voller Überzeugung als sein Leben bezeichnen können; als ein Leben, wo wir sagen „so soll es sein, so kann es bleiben“ – dass dieser Weg zurück nun wirklich schon „beinahe fast ganz“ geschafft ist! Wir erleben unseren Sohn MIT seinen Stärken, MIT seinem Charakter, MIT dem, was er kann und was ihn freut, genauso wie MIT dem, was ihn frustet, ärgert und ihn sauer macht… kurzum: es ist ein Weg zurück in SEIN LEBEN geworden – mit Gottes Hilfe, aus seiner Gnade und unter seinem Segen!

Sammy, der Schwimmer ist zurück (12.-14.1.2018)

Der Freitag wird bestimmt von Gesprächen, die über die nähere Zukunft ein bisschen mehr Klarheit bringen!
Zunächst gibt es ein Gespräch mit dem Schulleiter der IGS über Samuels Wiedereinstieg. Es wird deutlich, dass der Wiedereinstieg Samuels in seine bisherige Klasse, verbunden mit dem Ziel, nach den Ferien in Klasse 7 weiterzumachen, ein zu hohes Ziel ist, das Samuel auf Dauer überfordern würde! Er hat, wenn er Anfang April zurück käme, den Lernstoff von der Hälfte des gesamten Schuljahres verpasst. Dazu kommt, dass er nicht von 0 auf 100 in die Schule zurück kommt, sondern langsam wieder einsteigen soll. Erst ein Block, dann zwei… Es ist für Lehrkräfte, Mitschüler und für ihn selbst – Hirnverletzung hin oder her – aufgrund der langen Fehlzeit einfach nicht sinnvoll, dort anzusetzen, wo er Ende September aufgehört hatte. So wird er die 6. Klasse wiederholen – und wir sind überhaupt nicht enttäuscht oder traurig oder „verstört“ deswegen. Am Ende können wir immer sagen: wenn es doch nur das ist, was er als Nachteil vorerst mit sich schleppt, können wir froh und dankbar sein. Wir hoffen nur sehr für ihn, dass es so tolle Klassenlehrer für ihn geben wird wie die beiden, die er bisher an der IGS hatte. Das bleibt natürlich noch abzuwarten. Samuel wird zu Beginn seines Wiedereinstiegs auf jeden Fall bis zu den Sommerferien auch eine Assistenz bekommen, also jemanden, der ihn unterstützt in den organisatorischen Dingen… Es ist ja doch einiges, was auf ihn einprasseln wird: der Lernstoff, das Leben in der Klasse, die Lautstärke – und dann noch: bitte dies einpacken, das auspacken, daran denken… das soll ihm zumindest ein wenig abgenommen werden.
Am Nachmittag gibt es dann auch noch ein Gespräch mit der behandelnden Ärztin, die Samuel schon seit der Aufnahme Mitte Oktober kennt. Sie betont noch einmal, wie sehr alle Therapeuten positiv angetan sind von Samuels Entwicklung; dass er sich einfach richtig gut macht – nach wie vor! Sie gibt mit Blick auf die Rückkehr in die Schule zu bedenken, ob es nicht sinnvoller sein könnte, wenn Samuel gar nicht erst in seine alte Klasse zurück kommt und dann nach den Sommerferien erneut in die 6. Klasse geht, sondern bereits nach den Osterferien in seine neue Klasse kommt. Es ist natürlich ein großer Schritt, nicht zurück in die vertraute Klasse zu kommen. Aber es wäre möglicherweise ungleich schwerer und „gemeiner“, wenn er zwar in seiner alten Klasse noch für drei Monate sein könnte, in dieser Zeit aber ständig das Gefühl hätte, abgehängt zu sein und gar nicht mehr mitzukommen…
Wir nehmen diese Anregungen mit nach Hause und denken weiter drüber nach, sind uns aber schon jetzt ziemlich sicher, dass es ein besserer Gedanke ist, ihn bereits nach Ostern in die neue Klasse gehen zu lassen – und er empfindet es glücklicherweise genau so.
Der Freitag Nachmittag wird in Winsen verbracht… ein kleiner Stadtbummel mit Mama und Geschwistern. Einfach schön, zwischendurch ein Eis… 😉
Ich verbringe einen sehr (!) langen Tag in Fuhlsbüttel. Bereits morgens um 8h fahre ich nach HH und erst abends um 23h bin ich wieder zu  Hause. Wieder mal bin ich sehr froh über die Erfindung von WhatsApp, da ich über Bilder, Texte, Videos und Sprachnachrichten immer mal wieder einen ganz guten Einblick in das Leben meiner Familie bekommen kann. Das ist nicht dasselbe, wie selbst dabei zu sein – aber es ist wesentlich besser als nichts oder nur wenig mitzubekommen.

An diesem Wochenende verschiebt sich durch einen Arztbesuch am Montag (Augenarzt in Winsen) die Übernachtungsnacht. So ist Samstag Vormittag Abholen und Samstag Abend wieder hinbringen angesagt. Und zwischendurch? Ein toller Tag! Im Wesentlichen verbringen Samuel und ich diesen Tag miteinander – oder zumindest den Nachmittag! Zuerst „entern“ wir ein ortsansässiges Sportbekleidungs-Geschäft und Samuel packt ne Menge Gutscheine aus. Am Ende werden die Gutscheine da gelassen und dafür tolle neue Fußballschuhe und einige Shirts mitgenommen – eine super Ausbeute! Von dort geht es auf direktem Wege nach Soltau, in die Soltau Therme. Ein tolles Schwimmbad mit Sprungturm (1/3/5m), Riesenrutsche und einem ganz großen Thermalbereich mit außerordentlich salzigem Wasser 😉
Und mein Sohn?! Der nimmt seinem Papa die Angst vor dem 5m-Brett! JA, richtig! Ich bin glaub ich zuletzt als Jugendlicher vom 5m Brett gesprungen und hatte ordentlich Schiss… Aber als ich gesehen hatte, wie Samuel völlig problemlos diverse Male vom Einer gehüpft ist, lange Bahnen geschwommen, getaucht usw. wusste ich: im Wasser ist Samuel definitiv der „Alte“! Und als er meinte: ich möchte so gerne vom 5er springen, bitte, Papa… hab ich kurz überlegt, ob ich das wirklich… und schon standen wir oben, weil er sagte: Du musst aber auch springen! Gesagt, getan – einmal, zweimal, drölf mal. Herrlich. Es war für ihn nicht so einfach, sich im Schwimmbad zu orientieren, daran habe ich schon gemerkt, dass es noch anders ist als vorher. Aber was die Bewegungen im Wasser betrifft, war alles wirklich vollkommen okay. Und das alleine war für mich ein riesen Grund zur Freude. Als wir raus kommen, ist es schon richtig dunkel und wir müssen uns beeilen… Schnell noch zu Hause etwas Leckeres gegessen (Couscous-Auflauf, eine neue Lieblingsspeise zu Hause!) und dann ab nach Geesthacht. Am Ende dieses Tages ist Samuel ziemlich knülle und freut sich auf sein Bett.

Der Sonntag morgen startet für uns alle nicht so dolle, weil die Nacht einfach nicht gut war… Elisabeth hat sich „was eingefangen“ und wenn die Kleinste leidet, tut sie das so laut, dass alle anderen auch nicht schlafen dürfen… Am Sonntag morgen kommt Samuel gegen 9h nach Hause und wir sind anschließend irgendwie zu nicht viel fähig… So muss der Gottesdienst-Besuch flach fallen, wieder mal. Schade. Aber es gibt solche Zeiten und es kommen bald auch wieder andere.
An diesem Sonntag scheint die Sonne, weswegen Samuel auch gerne wieder draußen Fußball spielen möchte. Leider ist der Sonnenschein keine Garantie für Wärme und nachdem wir eine gute halbe Stunde geschlottert haben, geht’s wieder in die warme Stube. Dieser Tag verläuft im Weiteren unspektakulär, zwischendurch hat Samuel auch das eine oder andere Mal „kundgetan“, dass ihm langweilig ist. Aber auch das gilt es auszuhalten. Es ist natürlich auch ein bisschen anders als er das sonst kennt: an früheren Tagen konnte er einfach mal zu Freunden düsen und schauen, ob sie Zeit haben. Jetzt merkt er schon, dass wir ihn einfach noch nicht alleine los lassen können, er ist noch nicht „straßenverkehrstauglich“…. Wir sind als Familie auch nicht besonders aktionsfreudig an diesem Tag aufgrund der letzten Nacht und dem Gesundheitszustand von Elisabeth. Er macht trotzdem das Beste draus… spielt mit Charlotte, quatscht mit Katharina, schreibt mit Freunden WhatsApp… und realisiert, dass es nur noch 4 Nächte sind, bis er Geburtstag feiern kann! Die erste dieser vier Nächte verbringt er wie gesagt Zuhause – und er freut sich schon auf den Montagmorgen, an dem er auch seine Klasse besuchen darf.
Aber davon – und von seinem Geburtstag und den Tagen dazwischen – im nächsten, im vorerst letzten Blog…

ganz gewöhnliche Tage in Geesthacht (8.-11.1.2018) – ein Blog über das nahe Ende des Blogschreibens…

Diese Woche ist unspektakulär und läutet zugleich auch das Ende der Blog-Zeit ein…
Es ist merkwürdig: dieser Blog ist ja seit Oktober ein stetiger Begleiter der Zeit seit Samuels Unfall. So viel wurde hier festgehalten. Aufs und abs, besondere Ereignisse, Zwischenfälle, Quantensprünge und und und… Von Anfang an war klar, dass dieser Blog in erster Linie zweierlei Absichten verfolgt: zum einen für uns selbst all die Geschehnisse und auch die damit verbundenen Gefühle nachzuzeichnen – und zum anderen für diese aus Samuels Sicht erinnerungslose Zeit diese Erinnerungslücke für ihn zu schließen.
Sicher: Anfangs wussten wir überhaupt nicht, ob er überleben würde. Dann wussten wir nicht – zumindest nicht durch entsprechende Diagnosen – wie er überleben würde, mit welchen auch dauerhaften Beeinträchtigungen zu rechnen sein würde (ich kann mich noch gut an die Tage und Wochen erinnern, wo ich Angst hatte, dass Samuel im Wachkoma bleibt oder eben ein Mensch, der relativ apathisch auf die Welt um ihn herum reagiert… – wäre es so gewesen… wer weiß, wie viele Monate und vielleicht sogar Jahre dieser Blog fortbestanden hätte…)
Von Anfang an hatten wir aber die starke Gewissheit und Zuversicht, dass es einen Weg zurück für Samuel geben wird bzw. auch das starke Vertrauen auf Gott und den Glauben an seine wunderbaren Kräfte – und irgendwann, als immer deutlicher wurde, dass der Weg der Genesung einer sein kann, den Samuel wirklich überwiegend erfolgreich bestreiten würde, war für mich klar: dieser Blog wird dann ein Ende finden, wenn Samuel in der Lage sein wird, selbst zu erinnern bzw. auch für sich zu dokumentieren, was passiert. Sicherlich: meine Sichtweise, meine Gefühle wird Samuel ja so nicht wahrnehmen und schon gar nicht dokumentieren – und so fällt natürlich auch etwas weg, was in diesem Blog viel Raum hatte. Aber ich möchte ja auch früher oder später wieder in einen normalen Umgang mit dem finden, was mich daran bewegt – das muss ja nicht bis ans Ende meiner Tage ein so öffentlicher Weg sein, wie es dieser Blog ist/war. Von daher: wer mit mir verbunden ist, wird ja auch in Zukunft auf andere Weise die Möglichkeit haben, zu erfahren, wie es mir geht – genauso wie andersrum…
Lange Rede, kurzer Sinn: mit dem Tag seines 12. Geburtstags am 18. Januar diesen Jahres darf dieser Blog auch sein Ende finden. Seit diesem Montag, dem 8.1., führt Samuel ein „Logbuch“, wie er es auch aus der Schule kennt, und zeichnet dort die für ihn wichtigsten Ereignisse nach, so dass es nicht mehr nötig ist, hier quasi Doppelungen nachzuzeichnen. Bis zu seinem Geburtstag werde ich das noch tun – aber dann ist „Schluss“ hier – zumindest, was regelmäßige bzw. tägliche Berichte angeht. Ich denke, ich werde noch bis zu seiner endgültigen Entlassung aus Geesthacht immer mal wieder über besondere therapeutische Erfolge berichten oder über andere Dinge, die mich im Zusammenhang mit seiner Entwicklung bewegen – einfach auch, damit ihr, die ihr schon so lange „mitgeht“, so ein bisschen am Ball bleibt, was Gebetsanliegen und Gebetserhörungen (bzw. Anfechtungen) angeht…
Wenn Samuel dann zu Hause ist, werden wir wohl auch noch einige Monate spüren können, dass noch nicht die Normalität da ist, die es vor seinem Unfall gab, nichtsdestotrotz werden wir dann wieder als eine „normale Familie“ leben, die das, was sie bewegt, nicht „online ausbreitet“…
Aber wie gesagt: ein paar Tage des Blogs bleiben noch. Für diese Woche ist es allerdings wirklich nicht viel, was erwähnt werden müsste. Am Montag bekommt Samuel Besuch von Yvonne, an diesem Tag gibt es aber auch keine weiteren Dinge, die festzuhalten sind. Es geht Samuel weiterhin gut, sehr gut sogar, manchmal sogar „zu gut“, was sein Verhalten bzw. sein „nicht-hören-wollen“ angeht – aber das Thema hatten wir ja schon mal… Wir (Eltern) sind der Meinung, dass dies weniger mit den Unfallfolgen (und einer daraus resultierenden neurologisch bedingten Verhaltensstörung) zu tun hat als vielmehr damit, dass Samuel immer schon ein sehr starkes ECHO auf die Menschen gegeben hat, die ihn umgeben. Schon früher (in Kita-Zeiten) gab es Freunde, mit denen man ihn bedenkenlos stundenlang allein lassen konnte – und es gab das Gegenteil. Je nachdem, mit wem Samuel zusammen war – hinterher konnten wir das immer auch an seinem Verhalten ablesen. Und so ist es auch jetzt: manch „ungebührliches Verhalten“ kommt einfach auch daher, dass er mit den entsprechenden Kindern umgeben ist, die „seiner Lust an der Etikette“ nicht unbedingt förderlich sind… An diesem ersten Logbuch-Tag wird die Eintragung auch gleich mal vergessen, so dass er am Dienstag damit zu tun hat, gleich zwei Tage zu erinnern. Das ist ziemlicher Stress, gelingt aber doch relativ gut. Für Mittwoch bleibt zu erwähnen, dass Yvonne und ich ein erstes Gespräch mit der Psychologin in Geesthacht haben, die Samuel jetzt betreut. Es ist ein gutes und wertschätzendes Gespräch, in dem auch noch mal deutlich wird, dass Samuel auch aus ihrer Sicht schon sehr gut und sehr weit entwickelt ist. Viel mehr gibt es darüber eigentlich zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht zu sagen. Es werden weitere Gespräche folgen und wir werden natürlich nun auch so nach und nach Testungen für Samuel in den unterschiedlichen Bereichen haben, an denen eben auch festgestellt werden soll, welcher Therapiebedarf in den noch verbleibenden Wochen da ist und wie die optimale Förderung seiner noch vorhandenen Defizite sein kann. Zur Zeit sind da vor allem noch die Merk- und Konzentrationsfähigkeit zu nennen – auch wenn wir den Eindruck haben, dass auch hier sich irre viel getan hat in den letzten Wochen… Aber es ist eben noch nicht wieder auf dem Stand wie vorher – und da wollen wir ja gerne wieder mit ihm hin… Aber so wird eben auch nun vor allem im Bereich Hirnleistung immer mehr trainiert und wir sind gespannt, welche Früchte das tragen wird.
Ansonsten bliebe noch zu erwähnen, dass für kommenden Montag ein Besuch Samuels in seiner Klasse angedacht ist – und schon leichte Gedanken in die Richtung gehen, wie es dann nach seiner Rückkehr in die Schule aussehen könnte. Doch dazu gibt es im nächsten Blog mehr zu sagen, denn: am Freitag, 12.1. finden wichtige Gespräche statt – zum einen mit der Schulleitung der IGS und zum anderen mit der Stationsärztin in Geesthacht.
Doch davon wie gesagt mehr im nächsten Blog.

MRT Nr. 2 und das Wochenende danach (5.-7.1.2018)

Nun also MRT Nummer zwei an diesem Tag. Ich selbst bin nachmittags wie schon beschrieben in der Gemeinde, um den Seniorenkreis zu übernehmen, meine Schwägerin hat derweil unsere drei Mädchen zu Hause übernommen und Yvonne fährt mit Samuel im Taxi nach Bergedorf, wo das MRT ansteht. Unser Sohn ist ein toughes Kerlchen: er braucht keine Beruhigungsmittel, keine Schlafmittel, noch nicht mal ein Kontrastmittel wird ihm gespritzt. Einfach so die Kopfhörer auf und rein in die Röhre. Alles unspektakulär.
Nach der Rückkehr in die Reha-Klinik gibt es erstmal große Aufregung, weil wohl die Ärzte aus Bergedorf anriefen und etwas von großen Kopfverletzungen erzählten. Nun stellte sich aber heraus, dass es sich dabei um die alten Verletzungs-Bilder vom Unfall handelte. Aktuell ist nichts neues dazu gekommen. Sichtbar wurde allerdings im Frontalbereich nicht resorbierte Flüssigkeit zwischen Schädelknochen und Hirn. Diese Flüssigkeit gibt leichten Druck auf das Gehirn bzw. beeinträchtigt die Regionen, die für das Verhalten und auch die Impulskontrolle zuständig sind. D.h. also die Gefühle – insbesondere Ärger, Wut – können schlecht gesteuert werden, brechen leichter durch. Manchmal kommt es auch eher zu vermehrtem Weinen, manchmal zu sehr starker Anhänglichkeit/Distanzminderung, je nach Primärpersönichkeit.
Diese Flüssigkeit wird meist im Verlauf auch noch abgebaut, das dauert aber oft Monate, manchmal bleibt sie auch. Wenn das Verhalten, bzw. Befinden dadurch nicht negativ beeinflusst wird, macht das auch nicht so viel.
Aktuell hilft diese Erkenntnis aus den MRT-Bildern, das aktuelle Verhalten von Samuel (manchmal nicht GANZ altersentsprechend und viel „Impulsivität“ dabei) besser zu verstehen bzw. auf diese körperlichen Dinge eben auch zurückführen zu können. Aber auch hier: die Zeit heilt diese Wunden. Die Zeit und: evtl. „craniosacrale Therapie“. Wir sind in gutem Kontakt mit einem Winsener Osteopathen, der an diesem Wochenende auch schon einen Termin für Samuel ermöglicht – und der uns eben auch erzählt, dass diese Behandlungsmethoden genau bei Samuels Beschwerden bzw. Diagnosen hilfreich sein können. Wir sind gespannt. Auch an diesem Tag bekommen wir einige „Gebets-Zusagen“ und wissen ja inzwischen, dass dieses „Kombi-Präparat“ aus Gebet und guten Therapien bei Samuel so viel Gutes bewirkt hat und weiterhin bewirken wird.
An diesem Abend bekommt Samuel nun doch wieder aus Sicherheitsgründen ein Bett mit Gittern – zumindest an einer Seite. Das Gute ist, dass er selbst in der Lage ist, die Gitter runterzulassen. Wenn er also nachts zur Toilette muss, ist das von Vorteil!

Am Samstag wird Samuel früh geholt, denn: um kurz nach 9h stehen bei uns die Sternsinger auf der Matte. Wir haben eine große Tüte voll Süßigkeiten gepackt, die die Kinder (neben einer Spende, die ja für andere Kinder ist) gerne mitnehmen. Samuel guckt ganz erstaunt und erfreut, weil ein paar Kinder dabei ist, die er kennt – entsprechend erstaunt gucken diese auch zurück, weil sie ja auch von seinem Unfall wussten und ihn gar nicht so „vital und normal“ wieder erwartet hätten. – Nach diesem Kurzbesuch kehrt die familiäre Samstagsruhe ein. Wir sind einfach nach wie vor darauf angewiesen, die Wochenenden auch als Ruhe-Orte zu nutzen und knallen uns die Sams- und Sonntage nicht so voll wie vor dem Unfall. Zumindest weitestgehend…
An diesem Samstag gibt es für Samuel noch eine Premiere: nach so vielen Monaten gibt es eine spontane Verabredung mit seinem besten Fußball-Freund Maxi UND AB GEHT’S auf den Fußballplatz. Das war wieder so ein Moment, an dem ich Freudentränen in den Augenwinkeln hatte! Fußball spielen zu können ist für Samuel einfach Ausdruck seiner Lebensfreude, seiner Energie – und es ist so schön, dass das wieder da ist. Kopfbälle sind NOCH untersagt. Aber laufen, schießen, drehen, dribbeln und auch als Torwart kleine Hechtsprünge hinlegen – das geht alles schon wieder. Ja, die Kondition ist relativ schnell erschöpft, aber das ist ja nur „Trainingssache“. Nach einer guten Stunde fahren wir auch schon wieder zurück. Der Rest des Tages geht auch einigermaßen schnell dahin… zuerst sind wir noch in einer Autowaschanlage – Samuel will mit und freut sich diebisch, dieses Erlebnis auch mal wieder zu haben. Ja, es sind Aufzählungen von Alltäglichkeiten – aber es braucht für und mit Samuel zur Zeit keine besonders großen Aktionen: diese Alltäglichkeiten wieder erleben zu können, ist Highlight genug!
Abends schauen die beiden Großen noch einen bemerkenswerten Film, den uns Amazon prime vorschlägt: „Finn und die Magie der Musik“, wo es um einen Jungen geht, der gerne Geige spielen möchte – sein Vater allerdings sieht ihn viel lieber auf dem Fußballplatz. Am Ende des Films wird deutlich, warum der Vater sich so gegen die Geige gesperrt hat – und dass Vater und Sohn durch das Offenlegen ihrer „verschlossenen Seiten“ einander verstehen und nun ganz neu miteinander durchs Leben gehen können. Wirklich gut gemacht. Hat beiden auch gut gefallen – und ich selbst war erstaunt, dass Samuel für einen solch tiefsinnigen und relativ „actionarmen“ Film auch schon die Geduld, das Interesse und die Fähigkeit hatte, all das aufzunehmen.

Der Sonntag „begann“ zur besten Gottesdienst-Zeit, nämlich um 10h, bei Wolfgang Tatzel, dem Osteopathen. Er kennt Samuel schon lange und hat freundlicherweise diesen Termin ermöglicht. Tja, ich gehe ja tatsächlich – wenn möglich – um diese Zeit lieber in einen Gottesdienst, aber in diesem Fall… Wobei der Osteopath lieber mit dem Patienten alleine ist – und so hatte ich, nachdem ich Samuel dort „abgab“ Zeit mit Losung und Gebet und diese halbe Stunde tat auch gut – war jetzt quasi so eine Art Gottesdienst-Ersatz. Ich brauch diese Ruhe-Zeiten, da sie mir den Tank füllen für die übrigen, wilden und vollen Stunden und Tage.
Die Zeit war für Samuel durchaus hilf- und für uns aufschlussreich. Mir wurde danach auch noch mal gesagt, dass Samuel wirklich schon einen erstaunlich guten Eindruck hinterlassen hat; dass manche Blockaden und „Problemzonen“, die es vor dem Unfall gab, möglicherweise nun sogar besser sind als vorher (Sachen gibt’s!) und dass die erkannten Schwierigkeiten, wie oben beschrieben, sich eben mithilfe der osteopathischen Behandlung sehr gut lindern lassen. In anderen Ländern ist es übrigens durchaus üblich, osteopathische Behandlungen schon ein paar Tage nach einem solchen schweren Unfall anzuwenden – mit vielfachem Erfolg. Nun ja, dass das deutsche Gesundheitssystem gegenüber manchen alternativen Methoden etwas „reserviert“ ist, ist ja nicht ganz neu…
Zurück vom Vormittags-Ausflug steht gleich der nächste Ausflug vor der Tür bzw. zunächst mal lassen wir Samuels Patentante mit Familie erst mal durch unsere Tür… – ein kurzes, schnelles Mittagessen und dann geht es „ab in die Spielscheune“ nach Neu Wulmstorf. Austoben, Klettern, Rutschen, Trampolin-springen usw. nach HERZENSLUST. Auch hier wieder beschleicht uns diese mittlerweile wohlvertraute Gefühlsmischung aus Freude, Dankbarkeit, Erstaunen und Glück, die uns – obwohl schon vertraut – immer wieder „extrem erwischt“. Es ist gut, dass man sich an manche Glücksgefühle nicht gewöhnen kann, sondern immer wieder den Eindruck hat: das ist jetzt aber GANZ NEU und noch viel intensiver als vorher! Samuel, es ist so klasse, zu sehen, wie du dich bewegst und was du alles schon wieder machst!
Am Abend geht es glücklich und zufrieden wieder nach Geesthacht, nachdem – achtung: noch eine Premiere – Samuel zum ersten Mal nach dem Unfall wieder ganz alleine unter der Dusche stand. Bisher hat er sich ja immer noch Assistenz gewünscht, aber auch hier sind wir mittlerweile einen Schritt weiter.
Mit im Gepäck ist diesmal das LOGBUCH. So etwas gibt es in der Schule und wurde nun selfmade von uns für ihn angefertigt! In der Schule geht es darum, aufzuschreiben, was im Unterricht gemacht wurde, welche Dinge gelernt werden müssen usw. – und hier wollen wir das ab jetzt auf den Reha-Alltag anwenden und er „darf“ sich jeden Tag die Mühe machen, aufzuschreiben:
Was hab ich gelernt? Was hat mich heute gefreut? Was war nicht so gut? – Bin mal gespannt, wie energisch und konsequent er diese neue Aufgabe verfolgt…
Aber nun erstmal Gute Nacht, du kleiner großer Held – Gott wirkt weiter: beim Schlafen-gehen lese ich noch mal die Losung von Freitag vor, weil ich denke, dass sie ganz gut passt: Wenn ich dich anrufe, so erhörst du mich und gibst meiner Seele große Kraft. (Psalm 138,3) und wir sprechen noch kurz darüber, wie Samuel und ich das in den letzten Wochen und Monaten erlebt haben: Gott erhört und Gott gibt Kraft. Mit dieser Gewissheit lässt sich gut einschlafen und in die neue Woche gehen.

Ein neues Jahr fängt an (01.01.-04.01.2018)

Neujahr! Wie auch in den letzten Jahren, so ist auch dieser Neujahrstag ein ruhiger Tag: ein Tag ohne Zeitdruck, ein Tag ohne großes Hungergefühl, ein Tag ganz in Familie. Wir sind so dankbar, dass wir das auch in diesem Jahr so erleben dürfen! Wie anders hätte dieser Tag ausgesehen, wenn Samuel den Unfall nicht überlebt hätte oder eben mit schwersten Schädigungen. So aber ist er eigentlich wie immer (bis auf die Aussicht, dass es abends wieder nach Geesthacht geht) bei uns, spielt mit Charlotte oder kuschelt mit Elisabeth, daddelt zwischendurch mal wieder ein Spiel auf seinem Handy, futtert nen Berliner im Vorbeigehen, liest…
Was nun auch wieder vermehrt zu seinem Tagesablauf zählt, ist der „Brain-Boy“, ein Übungsinstrument, das auf verschiedenen Ebenen seine kognitiven Fähigkeiten schult bzw. wieder wachruft. So ähnlich wie ein Game-Boy, aber doch mit weitaus größerem Nutzen für Samuel. Ergebnisse werden notiert und können auf diese Weise verglichen werden – so ist z.B. festzustellen, dass tatsächlich in vielen (!) Bereichen die Werte/Ergebnisse ähnlich sind wie vor dem Unfall, aber in manchen ist es auch offensichtlich, dass hier Entwicklungsbedarf besteht.
Was wir oft machen am 1.1. ist ein NEUJAHRSSPAZIERGANG – und das haben wir – bis auf Katharina, die wollte nicht – an diesem Tag auch gemacht. Samuel hat sich seinen Roller geschnappt und wir sind bei relativ eisigen Temperaturen gute zwei Stunden durch die umliegenden Straßen gelaufen und haben ein paar Neujahrsgruß-Karten verteilt. Einige Menschen haben doch ziemlich verdattert geguckt, als sie den ziemlich fidelen und normal wirkenden Samuel plötzlich vor ihrer Haustür erspähten. Dieser Rundgang hat Samuel sehr gut getan – sowohl, was das Auspowern angeht, als auch was die Freude an den Haustür-Begegnungen betrifft.
Gegen 16.45h waren wir wieder zu  Hause, wo sich der Hauptteil der Familie erstmal aufgewärmt hat, während ich den gestern versäumten Jahresschluss-Gottesdienst heute nachholen konnte und nach Pattensen fuhr. 17h am Neujahrstag ist auch eine gute Zeit, um einen Gottesdienst zu besuchen. Mir tat es gut, in aller Ruhe für mich einen Gottesdienst aufzusuchen und dabei Gedanken über Gott als die Quelle von lebendigem Wasser nachzugehen.
Zurück zu Hause haben wir noch ein kurzes Abendbrot gegessen und sind dann wieder nach Geesthacht gefahren. Nun war also auch die zweite Phase von einigen aufeinanderfolgenden Tagen und Nächten zu Hause vorüber und eine lange Etappe mit Geesthacht steht ihm und uns bevor.
Kurz bevor wir uns am vergangenen Freitag auf den Weg nach Hause machten, bekam Samuel ja noch sein neues Bett präsentiert – ein normales Bett ohne Gitter und Höhenverstellung… Nun durfte also die erste Nacht in diesem Bett folgen. Das einzig Ungewohnte ist nun aber wohl, dass es zu keiner Seite eine Begrenzung gibt… Zuhause oder auch in anderen Orten (Jugendherberge, Ferienwohnungen usw.) steht das Bett ja meistens mit einer Seite an der Wand. Aber „wird schon“, denken wir…

Der nächste Tag in Geesthacht – der Dienstag also – bringt zumindest Charlotte den (Kita)Alltag zurück. Katharina darf noch ein paar Tage chillen, bevor der Schulalltag 2018 sie wieder hat. Und Samuel macht also gerade seine zweite Ferien durch, ohne dass es danach wieder in die Schule geht… aber möglicherweise werden es die letzten Ferien sein, an deren Ende es nicht heißt: „jetzt wieder ab in die Schule…“! Es ist Visite an diesem Tag und uns wird mitgeteilt, dass Samuel übermorgen (also am 4.1.) in die nächste Phase der Reha kommt: die „Phase C“. Zur Erklärung: es gibt insgesamt 4 Phasen – die Anfangsphase A (das war auf der IMC-Station), die Phase B (Früh-Reha), die Phase C und dann die Entlassungsphase D. Manche Kinder werden auch schon in C entlassen, aber… – zunächst mal bedeutet Phase C, dass Samuel an jedem Wochenende für eine Nacht zu Hause bleiben darf und dass es einmal im Monat ein langes Wochenende geben darf mit zwei Nächten Zuhaus‘. Und: ab jetzt gibt es überwiegend Gruppentherapie – was für Samuel auch gut ist, da er sich ja auch in der Schule später wieder in Gruppen bewegt und mit anderen zusammen lernen muss.
Kurz gefasst lässt sich sagen, dass sie alle beeindruckt sind, welche gute Entwicklung Samuel auch über Weihnachten und Neujahr genommen hat und dass sie von daher überzeugt sind, dass es jetzt dran ist, in die nächste Phase zu kommen.
Ansonsten lässt sich von diesem Tag eigentlich nichts Außergewöhnliches mehr berichten. Am Nachmittag sind die Kinder im Bewegungsraum und es wird Fußball gespielt. Auffällig ist dabei – und in anderen Situationen, dass Samuel sich leider immer mehr „daneben benimmt“, sich Anweisungen widersetzt oder einfach nicht besonders nett reagiert… Vielleicht färbt das Verhalten der anderen, jüngeren Kinder auf ihn ab? Vielleicht gibt es aber auch andere Gründe? Wir wissen es nicht so genau – es sollte sich aber in ein paar Tagen noch eine neue Erklärung dazugesellen, aber dazu gibt es erst im nächsten Blog-Eintrag mehr…
Die Nacht kommt. Es ist Vollmond. Unruhiges Schlafen war angesagt. Liegt es am Vollmond?…

Am Mittwoch morgen kommt ein Anruf aus Geesthacht. Samuel ist kurz nach Mitternacht aus seinem neuen Bett (ohne Bettgitter, wie gesagt) gestürzt und „natürlich“ (…) auf den Kopf geknallt! Dicke Beule, ausgerechnet links – also auf der Seite, wo Samuel ohnehin seine Verletzungen hat. Die Schwestern haben einen dumpfen Aufprall gehört und auch, dass Samuel dann geweint hat. Er war aber wohl sofort ansprechbar, ließ sich auch immer wieder wecken und auch die anderen Untersuchungen ärztlicherseits hatten keine Auffälligkeiten feststellen können. Am nächsten Morgen kam dann die erste Therapie – und anschließend musste Samuel sich wohl übergeben. Diese „Kombi“ aus Kopf-Aufprall und anschließendem (…) Übergeben ist natürlich nicht besonders erfreulich bzw. gibt neurologisch dann vielleicht doch Anlass zur Sorge… Durch den Anruf wusste Yvonne dann auch, warum sie so unruhig geschlafen hatte. Was Mütter alles spüren… – Uns wurde aber gesagt, dass wir nicht sofort kommen müssten. Man hätte für diesen Tag die weiteren Therapien erstmal abgesagt und wolle schauen, wie sich die Dinge weiter entwickeln. Bei besorgniserregenden Änderungen würden wir sofort unterrichtet. Wir behielten also unseren Plan bei, dass ich nachmittags zu ihm fahren würde – und das tat ich dann auch. Dieser Tag war für Samuel natürlich relativ doof weil langweilig! Er hatte keine Therapien – also auch nicht wirklich ne Beschäftigung, weil ja die anderen Kinder Therapien hatten. Fernsehen durfte er auch nicht, weil zu anstrengend… Dann also ein paar Hörbücher. Ist aber für einen Jungen mit fast 12Jahren, der über einen „gewissen Bewegungsdrang“ verfügt, auch nichts, was den ganzen Tag füllt. Naja, nachmittags kam ich ja dann.
Inzwischen wurde uns übrigens mitgeteilt, dass es aufgrund des nächtlichen Sturzes noch mal ein MRT geben soll – wofür Samuel wieder ins UKE müsste. Zwar nur für diese eine Untersuchung, aber immerhin… Das brachte zweierlei Unruhe: zum einen, weil wir uns natürlich Sorgen machten, dass nun doch der gute Genesungsprozess einen Schaden genommen hat, bzw. ausgebremst wird und nun „werweißwas“ im MRT festgestellt werden könnte. Wieder dieses ungewisse Abwarten wie in den Anfangswochen. Und damit wird natürlich manches angetriggert, was uns wieder den kalten Schweiß auf die Stirn treibt. Wir sind doch ein wenig traumatisiert…
Naja, und die andere Unruhe ist organisatorischer Natur: da ich jetzt wieder arbeitsmäßig nach Hamburg düse und in Winsen der Alltag zumindest teilweise wieder da ist UND Yvonne aber trotzdem unseren Sohn gerne zum MRT begleiten würde, ist wieder eine gute Idee gefragt bzw. irgendjemand, der Charlotte und Elisabeth für die Stunden nähme, wenn Yvonne mit Samuel nach Hamburg fährt. Dafür müsste man aber wissen, wann der MRT-Termin ist, was aber noch nicht klar ist. Je kurzfristiger der Termin genannt wird, desto schwieriger ist es aber, jemanden zu finden, der mal spontan Zeit für unsere beiden hat. Das Gute ist aber doch – im Vergleich zu den ersten Wochen im UKE damals – dass Elisabeth schon eine Ecke weiter ist und selbstständiger und einfach unabhängiger von Mama. Das macht manches leichter. Nun denn – um es vorweg zu nehmen: es wurde erst am Donnerstag klar, dass das MRT am FREITAG sein würde – aber dankenswerterweise hatten wir die Zusage familiärer Unterstützung für den Freitag nachmittag. Das hat doch einiges entspannt!
Zurück zum Tagesgeschehen. An diesem Mittwoch Nachmittag habe ich mit Samuel festgestellt, dass ein bisschen reinigendes Wasser auf seinen Körper durchaus gut wäre. Zum Duschen hatte er aber keine Lust – er hatte es auf die Badewanne abgesehen. Und das war ein Spaß! Tieftauchen in der Wanne, sich richtig intensiv reinigen. Whow! Nach dem Bad sollte es auch schon bald in die Essensgruppe gehen – aber vorher wollten wir den sauberen Jungen noch mal wiegen. Stattliche 3,5kg zugelegt seit der Einlieferung ins UKE am 26.9.! Nicht schlecht. Aber ich vermute, dass in den nächsten Wochen wieder einige Kilos abtrainiert werden, wenn ich mir den Bewegungsdrang… ach, das hatten wir ja schon. Witzig war in dem Zusammenhang noch eine kleine Begebenheit am Rande: ein Junge, mit dem Samuel immer viel unterwegs ist, meinte zu mir VOR DEM WIEGEN, als ich Samuel auf den Arm nahm „Nimm mich auch mal hoch“. Gesagt – getan. Ich heb ihn in die Luft und sag zu ihm: 32kg!
Beim Wiegen von Samuel haben wir dann diesen Jungen auch auf die Waage gestellt – und was soll ich sagen? 32,5kg! Gut, was?!? 😉
So ging dieser Tag, der mit einem großen Aufreger begann, einigermaßen unspektakulär zu Ende. Als ich Samuel zu Gesicht bekam, konnte ich übrigens kaum eine Beule ausmachen – das „Beulchen“ war wirklich minimal – und auch sein Verhalten (das zwar nicht immer „die feine englische Art“ war) war jetzt nicht wirklich anders als vor dem Bettsturz. Also von daher wird wohl alles halb so wild gewesen sein. Und das MRT habe auch wirklich nur „rein forensische Gründe“ wie uns die Ärzte mitteilten. Übersetzt: die Krankenversicherung möchte bei solchen Vorfällen IN DER KLINIK auf Nummer sicher gehen, von daher wird ein MRT dann durchgeführt. Dass das MRT am Freitag nachmittag durchgeführt wird, ist auch schon ein Indiz dafür, dass nicht wirklich mit einem relevanten Ergebnis zu rechnen ist. Aber: sicher ist sicher…
Apropos: aufgrund des Sturzes wurde das Bett nun mit einer Seite an die Wand gestellt (so kennt Samuel es ja eigentlich auch von zu Hause und anderswo: EINE Begrenzung zur Wand gibt es normalerweise immer. Möglicherweise war das der Grund des „aus dem Bett-Fallens“). Und es gab einen kleinen Rausfallschutz an der Kopfseite, der auch leicht entfernt werden kann, der aber garantiert, dass er nicht wieder so einen Sturz hinlegt…

Der Blog ist eigentlich jetzt schon ÜBERLANG! Von daher mach ich’s mit dem Donnerstag kurz .
– trotz des Bettsturzes können wir heute den Einstieg in die Phase C feiern und uns darüber freuen, dass weiterhin ein Schritt nach dem nächsten kommt!
– Jonathan, ein Freund der Familie und guter Musiker von Beruf, meldet sich per WhatsApp-Sprachnachricht, dass er demnächst mal zum gemeinsamen Musik-machen mit Samuel vorbei kommen will – und das freut unseren Sohn riesig! 🙂
– nachmittags ist ENDLICH mal draußen Fußball spielen angesagt, was auch Freude auslöst. Aber auch Kampfeslust. Und eben manche nicht so gute Eigenschaften (das Sozialverhalten leidet doch ganz schön bei solchen Aktionen). Aber all das ist in den Griff zu bekommen und tut der Freude über die Bewegung keinen Abbruch.
– das MRT soll nicht, wie ursprünglich geplant, im UKE stattfinden, sondern in Bergedorf. Noch besser, weil näher! 😉

Im nächsten Blog dann mehr über den Ausflug nach Hamburg zum MRT und über das dann folgende Wochenende!

Die letzten Tage eines außergewöhnlichen Jahres (29.-31.12.2017)

Zuerst: da ich diesen Blog-Eintrag schon im neuen Jahr, am 2.1.2018 schreibe, möchte ich euch allen, die ihr das hier lest, auch auf diesem Wege noch mal ein gutes, gesundes, immer wieder glückliches und in allem reich gesegnetes neues Jahr 2018 wünschen! Möge es – im Sinne der Jahreslosung – ein Jahr sein, in dem ihr immer wieder erlebt, dass Gott selbst eure Kraftquelle sein will und sein kann und in dem ihr erfahrt, dass Gott den Durst nach Leben stillt!

An diesem Freitag nutzen wir den Nachmittag für ein außergewöhnliches Ereignis: KINO-TIME! Zusammen mit Katharina geht’s zu „Ferdinand geht stierisch ab“ – ein süßer Zeichentrickfilm über den Stier Ferdinand, der kein Kampfstier sein möchte, sondern so ganz anders ist. Die Story ist schon uralt – der Film wurde allerdings neu aufgelegt und kam kurz vor Weihnachten in die Kinos. Samuel wurde auf den Film aufmerksam, als wir uns mal das Geesthachter Kino angesehen hatten und dort der Film als „bald im Programm“ angekündigt wurde. Und seitdem hatte er den Wunsch, diesen Film zu sehen. Für Katharina sind Zeichentrickfilme mit ihren jetzt 13 Jahren eigentlich nicht mehr so der „burner“ – aber als sie den Trailer sah, meinte sie: „den will ich auch sehen!“ – und so gab es nach gaaaaanz vielen Monaten mal wieder ein Kino-Ereignis von uns dreien. Da der Film in Geesthacht immer schon um 13h läuft und das eine blöde Zeit ist, wenn Samuel ja doch vormittags Therapien hat, habe ich ihn also am frühen Nachmittag aus Geesthacht abgeholt, dann wieder zurück nach Winsen – und ab ins Kino. Dort gab es dann auch sonst „das volle Programm“: nicht Nachos ODER Popcorn, sondern eben beides… Oh man… aber nun gut. Gespuckt wurde nicht, um das vorweg zu nehmen. Es war für beide ein cooles Erlebnis, auch wenn Samuel anzumerken war, dass eine ganze Film-Länge ihn noch ganz schön fordert bzw. müde macht… – das merken wir daran, dass er hinterher immer eine ausgeprägte „lange Leitung“ hat bzw. doch um einiges desorientierter wirkt als sonst. Aber gelohnt hatte es sich allemal! Hinterher gab’s dann noch ein kleines Abendessen zu Hause und ne Nutella-Stulle auf die Faust für den Weg – und wieder ab nach Geesthacht. In der Nacht zu Samstag sollte er dort ja noch einmal übernachten, bevor wir ihn dann morgens abholen wollten, damit er bis zum Neujahrsabend zuhause bleiben kann.
In Geesthacht angekommen, erwartete uns eine „doppelt freudige Überraschung“:
1. Samuel hat ab sofort ein neues Bett! Ein „ganz normales Bett“, ohne Bett-Gitter (allerdings auch ohne komfortable Verstellmöglichkeit des Kopfteils, aber nun gut…) – weil er nun definitiv ja in einem Stadium ist, wo er alleine zur Toilette gehen kann usw. – Wunderbar. Kann er ja gleich ausprobieren… – nein, kann er nicht, denn:
2. Samuel darf schon überraschenderweise an diesem Freitag Abend mit nach Hause! Da wohl einige ohnehin schon unterwegs sind und in der Nacht eh nix mehr läuft… und „damit wir Samstag nicht noch mal extra fahren müssen“… – nachdem wir etwas verdattert geguckt haben, haben wir auf FREUDE umgeschaltet, seine Sachen wieder eingepackt – und ab gings nach Hause. Ich hab noch kurz denken müssen „das hätte ihnen ja auch mittags schon einfallen können, dann hätten wir abends nicht noch mal herkommen müssen“… – aber SO WHAT!?! 🙂
Zuhause waren die überraschten und erfreuten Gesichter natürlich genauso groß! Leider ging ein kleiner Scherz, den Samuel und ich uns ausgedacht haben, ein bisschen in die Hose: Samuel ging mit dem Autoschlüssel rein und meinte, als er seine Mutter sah: „Papa wollte in Geesthacht bleiben, da bin ich halt alleine nach Hause gefahren“… eigentlich dachten wir, es sei klar, dass das ein Scherz war… Yvonne war allerdings so überrascht, Samuel zu sehen, dass sie gleich befürchtete, es sei irgendetwas Schlimmes auf dem Weg passiert… Nach einer kurzen Aufklärung und Beruhigung meinerseits war alles wieder gut – diese Momentaufnahme zeigt aber auch, wie sensibel bzw. innerlich angespannt unser Nervenkostüm noch immer ist. Naja, auch das braucht noch Zeit…
Wie gesagt: der Kino-Besuch war anstrengend – und so ging Samuel an diesem Freitag auch recht schnell ins Bett.

Der Samstag war eigentlich unspektakulär… – ein Familientag mit ein paar „rumdrösel-Phasen“. Allerdings mussten wir uns dann doch noch (bzw. Yvonne mit Samuel) in den Jahresend-Einkaufs-Wahnsinn begeben… OHNE WORTE!
Nach den nervenaufreibenden Einkäufen wurden noch ein paar Besuche gemacht – all das meisterte Samuel „mit Bravour“ und es ist ihm anzumerken, wie er das „wieder in Winsen sein“ aufsaugt und nach und nach immer weiter „gesellschaftsfähig“ wird. Anfangs war es ja nur das „entweder in der Klinik oder zu Hause sein“ – auf jeden Fall umgeben von vertrauten Menschen. Nun weitet sich das immer mehr – und das ist ein schönes Gefühl für uns alle.
Am Abend schauten wir (Katharina, Samuel, Yvonne und ich) zusammen einen Familienfilm, auf den ich mit einem HURRA gestoßen bin: als ich Kind war, hatte ich eine heißgeliebte LP „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“! Eine Story über einen findigen 11jährigen Jungen mit einem Roboter, die gemeinsam ein Gerät bauen, dass Fliegen, auf dem Wasser schwimmen und eben „Tüüt – wie ein Auto“ unterwegs sein kann. Diese Geschichte (schon aus den 60ern) wurde 2016 verfilmt – und war genau das Richtige an diesem Abend!
Ja, in manchen Jahren haben wir den Tag vor Silvester (bzw. den Abend) mit einigermaßen ausgedehnten Jahresrückblicksgedanken gefüllt. Dieses Jahr war uns allen aber relativ schnell präsent, welche Dinge in diesem Jahr geschehen waren – und uns war eher nach einer „angenehmen Zerstreuung“. Im nächsten Jahr sind dann wieder solche Rituale dran – hoffentlich…

Der Silvestertag hatte zunächst mal eine „Ernüchterung“ für uns bereit: wie bereits in den letzten Jahren wollten wir auch in diesem Jahr mit einer Familie zusammen feiern, mit der der gemeinsame Jahresausklang immer viel Spaß gemacht hat: zusammen Raclette essen, zusammen spielen, Dinner for one schauen, aus dem Schokobrunnen naschen, wieder spielen, irgendwann ist es Mitternacht und es wird angestoßen… danach ein ganz, ganz, ganz kleines bisschen „geknallt“ (pro Kopf eine Rakete und ein paar Knall-Erbsen o.ä.). – Tja, dieses Vorhaben fiel ins Wasser, da sich die Hälfte der beteiligten Familie eine Magen-Darm-Geschichte eingefangen hatte… Wir als Familie wären da wahrscheinlich noch relativ entspannt gewesen, aber wir wollten natürlich auch nicht das Risiko eingehen, dass Samuel sich was einfängt, was er nun auf Station „austeilt“… Von daher… so schade es war: wir mussten unser gemeinsames Silvester streichen.
So kurzfristig war auch niemand sonst dazu zu bewegen, mit uns den Abend zu gestalten – und so waren wir eben zu sechst (bzw. was den Verlauf des Abends und das „PROST NEUJAHR“ wünschen betrifft, zu viert: Charlotte hatte noch kein gesteigertes Interesse an einer verlängerten Abendgestaltung und ging um 21h schlafen… und Elisabeth war auch nicht unbedingt dauerhaft wach zu halten…).
Mit kleinen Kindern in den Jahresschluss-Gottesdienst zu gehen, erschien uns nicht als so eine gute Idee (der Charakter solcher Gottesdienste ist ja doch eher ruhig-meditativ-nachdenklich), und wir entschieden uns daher, einfach mal zu Hause zu bleiben. Irgendwie schon auch merkwürdig – so lange ich zurück denken kann, war ich Silvester immer in einem Gottesdienst, aber naja…
Stattdessen begannen wir unser Raclette-Essen spontan mit einer Andacht aus dem Buch „5min. mit dem lieben Gott“ (Margot Käßmann) – auch immer mal wieder gut und an diesem Tag wie gesagt: die passendste Lösung!
Der Abend ging auch so ganz schön „dahin“, mit Essen, Spielen, Dinner for one – und gegen 0.00h dann ein fröhlich-dankbares „GUTES, FRÖHLICHES, GESEGNETES NEUES JAHR“, das wir uns – mit Kindersekt – gegenseitig zuriefen. Wie dankbar waren wir auch in diesem Moment, dass wir alle zusammen sein können.
Anschließend bin ich mit Samuel raus vor die Tür – und es war ihm ein dringendes Bedürfnis, „seine Rakete“ als Dankes-Rakete“ in den Himmel zu schicken! Sie stieg hoch und warf ihre Farben an den Himmel – und in dem Moment, wo die Farben zu sehen waren, rief Samuel ganz laut in den Himmel: „DANKE, GOTT, DASS ICH ÜBERLEBT HABE!“

Gibt es einen schöneren Moment für einen Jahresabschluss? Für uns in 2017 definitiv nicht!
Gegen 2.00h sind wir dann ins Bett, glücklich und zufrieden – und ganz gespannt, „erwartungsfroh“, was uns 2018 wohl begegnen wird.

Die ersten Tage dieses neuen Jahres stehen dann im nächsten Blog 🙂

Die ruhigste Woche des Jahres (25.12.-28.12.2017)

Heiligabend ist vorüber. Oder wie Karl Valentin es ausdrückte: „Wenn die stille Zeit vorbei ist, dann wird es auch wieder ruhiger“. Das ist wirklich immer wieder erstaunlich: das ganze Gehetze & Vorbereiten, sowohl privat/familiär als auch beruflich, gerade wenn man wie ich dafür sorgen möchte, dass Menschen die Botschaft von Advent und Weihnachten auch „ansprechend hören/ erleben können“ – und wenn dann Heiligabend rum ist, wird es auf mal ganz ruhig. So ist der erste Weihnachtsfeiertag bei uns schon seit ein paar Jahren mehr oder weniger „traditionell“ ein „Schlafanzug-Tag“. Der erste Tag seit dem Unfall (bzw. auch schon seit einigen Tagen davor…), wo wir alle zuhause sind und nirgendwo hinfahren müssen. Die Autos bleiben einfach stehen, es kommt kein Besuch, wir wollen niemanden besuchen usw. Einfach Kraft tanken. Und das haben wir natürlich in diesem Jahr besonders gemerkt. Wie viele Kilometer haben wir seit Ende September abgerissen, wie viel Anspannung war täglich, wöchentlich, über Monate vorhanden… – und jetzt darf das einfach „abfallen“. Nicht nur für uns Eltern, sondern eben auch für Samuel selbst war das spürbar und tat einfach gut. So gibt es aus diesem Tag eigentlich auch nicht viel zu berichten, wir haben schlichtweg „Zeit verdödelt“. Naja, doch – was wir genießen an diesem ersten Weihnachtstag, ist: in Ruhe Weihnachtspost lesen und uns wirklich auch noch wahnsinnig über kleine und größere Weihnachtspäckchen für die Kinder bzw. für die ganze Familie zu freuen. Ein paar Telefonate mit Freunden haben. Das war schon echt schön. Essensmäßig ist nach der Völlerei am Heiligabend ohnehin nur Reste-Verwertung dran. Ansonsten: gemeinsames spielen, kuscheln, herumlungern, Glotze checken… Und Samuel ist mittlerweile auch schon wieder so richtig „Handy-kommunikativ“: er schickt Sprachnachrichten, kleine Text-Botschaften, macht Video-Telefonate mit einem Freund – und wir freuen uns, dass er auch auf diese Weise wieder deutlicher zeigt, wie sehr er eben auch schon wieder „gesellschaftsfähig und gesellschaftswillig“ ist.
Nachdem in der Nacht zu  Heiligabend Gäste bei uns waren, und Samuel notgedrungen in Katharinas Zimmer mit übernachten musste, wollte er dann in der Nacht zum ersten Weihnachtstag weiterhin bei Katharina schlafen –  und nun, in der Nacht zum zweiten Weihnachtstag, war tatsächlich Premiere: nach exakt 3 Monaten schlief er wieder IN SEINEM EIGENEN BETT, IN SEINEM ZIMMER! Whow! Am Dienstag morgen sagte er: es fühlte sich an, als hätte ich zum ersten Mal in diesem Bett geschlafen…

Dienstag – der 2. Weihnachtsfeiertag – ist Besuch bei meinen Eltern angesagt. Auch mein Bruder ist aus Düsseldorf zusammen mit seiner Frau und seinem knapp 2Jahre alten Sohn angereist. Vor ein paar Wochen waren wir uns noch überhaupt nicht sicher, ob das mit Samuel (gut) gehen würde… ob er das schon packt, so einen ganztägigen Besuch… wie er sich (ver)hält, auch anderen gegenüber, die vielleicht ein Bild von ihm haben, das nicht der aktuellen Situation entspricht und er damit vielleicht auch überfordert sein könnte… Aber: es war tatsächlich WIE IMMER! Unglaublich schön, wie sehr unser Sohn sich auch an diesem Tag im Grunde völlig normal verhalten hat, normal kommunizieren konnte… für mich, für uns tatsächlich immer noch ein Wunder!
by the way: normalerweise gehört der Gottesdienst-Besuch am 2. Weihnachtsfeiertag zumindest für mich zum „Standard“ – die beiden Großen bleiben dann meistens zu Hause und nur wir Eltern gehen dann mit dem „Kleingemüse“ dorthin. Aber in diesem Jahr war mein Erholungsbedürfnis noch größer als die Sehnsucht, pünktlich um 10h im Gottesdienst zu sein. Postsermonale Erschöpfung, so wird dieses Syndrom in klerikalen Fachkreisen wohl genannt… 😉
Was an diesem 26.12., drei Monate nach dem Unfall, allerdings noch stattfand, bevor wir nach Selsingen fuhren: ich machte „online“ einen Familienurlaub nach Kreta für 2018 klar! Abflug am 26.9.2018, also exakt ein Jahr nach Samuels Unfall. Das war gar nicht gezielt so ausgesucht, aber hatte sich so ergeben und ist natürlich ein starkes Zeichen. Wir sind eigentlich überhaupt keine „Pauschal-Urlauber“, lieben individuell gestalteten Urlaub in der Ferienwohnung, mit eigenem (oder Miet)Auto, vorzugsweise auf „unserem“ geliebten Steiertbartlehof im Schwarzwald (Nahe Freiburg i.Br.). Aber dieses Mal sollte es was anderes sein. Etwas, wo wir uns einfach mal bedienen und verwöhnen lassen. Mal schauen, wie das wird… 😉
Und dann also der Besuch in Selsingen: natürlich stand bei diesem Besuch auch die kulinarische Verwöhnung im Vordergrund… Ente, Rotkohl, Klöße. Eis… Nachmittags Kuchen.
„Was hast du zu Weihnachten bekommen?“ – „Eine Wampe“!
Wie wahr…
Samuel haute auch hier nach Herzenslust rein – es sei ihm natürlich gegönnt!
Nach dem Abendessen fuhren wir zurück nach Winsen, schmissen die 4 Frauen (Yvonne, Katharina, Charlotte und Elisabeth) aus dem Auto und düsten weiter nach Geesthacht. Das war schon ein „schwerer Weg“, nach 4 Tagen Normalität nun wieder in die Reha-Klinik zu fahren. Aber: er hatte sein neues Kissen eingepackt UND: es sollten ja nur drei Tage mit Therapien sein, in denen er nicht @home ist: am Samstag geht es ja schon wieder für drei Tage zurück zu uns! In Geesthacht angekommen, machten wir dann auch nicht viel „Gedöns“ um die Tatsache, dass es jetzt wieder ans Abschiednehmen geht… ich wartete noch ab, bis er „bettfertig“ war, packte mit ihm noch die Klamotten für den nächsten Tag raus, wir schauten uns noch den Therapieplan an und dann legte er sich auf sein Bett mit seinem eigenen neuen Kissen. Wir beteten noch zusammen, ich sang noch ein Weihnachtslied – und dann wollte ich gerade „TSCHÜSS“ sagen, als er mich bat, noch mal die Fernbedienung für seinen Fernseher zu organisieren. Okay, mach ich… und ich dachte mir: vielleicht ist das auch ganz gut jetzt. Dann ist er ein bisschen abgelenkt, wenn ich fahre. Sinnigerweise blieb er bei einem Film hängen, den wir als Familie schon mal vor einer Weile geguckt haben: „Honig im Kopf“, ein rührender Film mit Til Schweiger und Didi Hallervorden, bei dem es um einen dementen alten Mann geht. Und Samuel lachte immer in sich rein, wenn „Didi“ irgendwas vertüdelte… Das ist schon auch einfach „lustig-schön“ in seiner, in unserer Situation! Gute Nacht, mein Sohn!

Von diesem Mittwoch gibt es gar nicht so viel zu erzählen. Es gab halt wieder Therapien und nachmittags fuhr ich dann zu Samuel. Spannend fanden wir, dass er Abends noch zu Hause anrief und meinte: „Mama, morgen habe ich um 14h meine letzte Therapie – dann kannst du ja um 14.30h schon da sein“. Es ist auch hier wieder das schöne Alltägliche, das uns erfreut: er ist in der Lage, voraus zu denken & zu planen, sich wieder gut zu orientieren auch im Zeitplan.
Als ich nachmittags zu ihm komme, ist er mit vielen anderen Kinunterwegs im „Bewegungsraum“, spielt Fußball usw. Das ist völlig okay, ich lasse ihm die Zeit und klöne derweil noch ein bisschen mit dem Stationspersonal, die mir auch berichten, wie froh-erstaunt sie über Samuels jüngste kognitive Entwicklung sind. Als er wieder kommt, berichtet er mir von Stress und Streitigkeiten unter den Jungs (also Samuel ist auch involviert). Natürlich wird darüber zu reden sein und die Jungs haben es auch nicht nur friedlich gelöst… auf der anderen Seite denke ich: es ist auch gut, wenn Emotionen wie Wut wieder kommen und sich bei Samuel zeigen. „Das darf alles sein“ hätte meine frühere Psychologie-Dozentin Elisabeth Schwarz jetzt wohl gesagt. Und sie hätte Recht damit!
Heute zieht Samuel es vor, nicht mit den anderen Kindern zusammen in der Essensgruppe zu sein, sondern er möchte mit Papa Abendbrot essen. Das ist auch okay! Im Speisesaal treffen wir den Jungen aus seinem Nachbarzimmer zusammen mit seinem Papa und klönen noch ein bisschen über die zurückliegenden Weihnachtstage. Einfach schön 🙂
An diesem Mittwoch-Abend fällt Samuel das Abschied-nehmen noch schwerer als am Tag vorher und er „verhandelt“ mit mir darüber, ob ich nicht vielleicht doch dauerhaft für den Rest seines Aufenthalts in Geesthacht mit ihm zusammen in seinem Zimmer schlafen könnte. Andere Eltern würden das ja schließlich auch tun…. Ich finde wohl irgendwann doch die richtigen Argumente und dann lässt er mich ziehen. Keine leichten Momente, wirklich nicht. Aber da müssen wir alle (immer wieder wohl) durch…

Der Donnerstag ist ein ganz unspektakulärer „Geesthacht-Tag“. Allerdings fand eine Therapie schon zum letzten Mal statt: die Logotherapie! Hier ist kein weiterer Entwicklungsbedarf bei Samuel und deshalb kann hier schon ein Haken gesetzt werden. Whow! Des Weiteren bekommt Yvonne die Info, dass im neuen Jahr recht bald der Übergang in die nächste Behandlungsphase erfolgen kann – nach der Akut-Phase (A), in der eben auch keine Übernachtungen zu Hause erlaubt sind (normalerweise…) und in der auch überwiegend Einzeltherapien stattfinden, wird Samuel dann in Phase B kommen, in der überwiegend Gruppentherapie stattfindet und in der das Übernachten Zuhause am Wochenende durchaus eher die „Norm“ ist. Es gibt insgesamt 4 Phasen (also noch C und D), wobei nicht jedes Kind auch Phase D braucht – manche kommen schon in der Phase C nach Hause – also GANZ! NACH! HAUSE!
So oder so: in diesen Tagen dürfen wir uns relativ sicher sein, dass wir auf jeden Fall „Bergfest“ haben – vielleicht haben wir es auch schon hinter uns… aber nach den drei zurückliegenden Monaten werden es HÖCHSTENS noch weitere drei. Und das ist einfach ein sehr gutes Gefühl für alle Beteiligten: bis hierher haben wir es geschafft, dann packen wir die zweite Hälfte doch auch! 😉

…und morgen gibt es ein neues Bett für Samuel, in dem aber erstmal überhaupt nicht geschlafen wird. Aber dazu im nächsten Blog!

Fröhliche Weihnacht überall – und auch bei uns in Winsen (22.-24.12.2017)

„Kinder warten auf Weihnachten“ – so heißt eine Aktion, die es in meiner Heimatgemeinde schon gab, als ich Jugendlicher war: immer am Heiligabend-Vormittag waren die Gemeindehaustüren geöffnet und es wurde nach Herzenslust gebacken, gebastelt usw. – Diese Idee habe ich mitgenommen und in die weite Welt getragen… zuerst in meiner Zivi-Gemeinde in der Pfalz, dann später in Hamburg-Eidelstedt, in Stelle und nun in Fuhlsbüttel! Allerdings mit dem Unterschied, das nicht am Heiligabend-Vormittag zu machen, sondern am letzten Werktag-Nachmittag vor Heiligabend. Und so fand diesmal „KiwaauWe“ am Freitag Nachmittag statt. Als Verantwortlicher für diese Aktion hab ich dann jedesmal ne Menge zu tun, Zuhause war naturgegeben auch viel vorzubereiten – und so blieb Samuel an diesem Freitag ohne Besuch von uns. Dazu hatte er sich aber ja auch schon vorher bereit erklärt: wir sollten mal „in Ruhe unseren Verpflichtungen nachgehen“ – er habe ja schließlich vormittags Therapien und könne sich den Nachmittag mit den anderen Kindern vertreiben…
Und so war es dann auch! Wir waren ganz froh, dass seine Schnupfnase, sein „dicker Hals“ und sein Schlapp-sein eigentlich schon an diesem Freitag vollends verschwunden waren und wir (und er eben auch nicht) befürchten müssten, dass seine erste Übernachtung zu Hause bedeuten würde, das Bett zu hüten, während alle anderen Weihnachten feiern…
Am Abend haben Yvonne und ich noch bis weit nach Mitternacht gefühlt hunderte von Geschenken eingepackt (jedes Jahr: diesmal verschenken wir aber nicht so viel… um sich dann doch irgendwie – vor allem bei 4 Kindern – vorzukommen wie bei Loriots Hoppenstedts (https://www.youtube.com/watch?v=NoklU4cCtMA – ab min. 2.10 bzw. 5.40) Naja, ganz so schlimm war es nicht, schließlich haben wir überwiegend Kleinigkeiten verpackt… aber das braucht eben seine Zeit.
Und Samuel ging ins Bett mit der Aussicht: MORGEN endlich nach Hause! Mit 3 Übernachtungen. Yay!

Am Samstag vormittag holte Yvonne ihn gegen 9h ab und nach dem gemeinsamen Frühstück waren weitere Vorbereitungen dran: Baum schmücken, Zimmer für Übernachtungsgäste vorbereiten, Kinder baden, letzte Besorgungen machen, ich selbst saß auch noch ein bisschen über der Predigt für den 23h Gottesdienst – und Samuel lief „einfach so mit“. Er genoss es, bei seinen Geschwistern zu sein, auch intensiv mit Charlotte zu spielen, zwischendurch mal vorm Fernseher abzuhängen, selbst mit anzupacken beim Vorbereiten usw.
Nachmittags war ich noch kurz mit Samuel neue Winterschuhe kaufen: auch dieser Besuch im „Schanzenhof“ in Winsen – mit Tiefgarage, Rolltreppe, Edeka, Deichmann usw. war natürlich auf der einen Seite total normal und auf der anderen Seite konnte ich meinem Sohn anmerken, dass er diese Wege und Orte ganz bewusst aufsog.
Im Schuhgeschäft erzählte er der überraschten Frau an der Kasse dann auch gleich: „Ich bin ja im Krankenhaus“ (…) – das Ding ist: er hat im Grunde ja in den letzten 3 Monaten beinahe ausschließlich mit Menschen zu tun gehabt, die wussten, wie es um ihn steht bzw. die ihn entweder IM KRANKENHAUS oder bei uns zu Hause besucht haben und demzufolge natürlich im Bilde waren. Er muss das erst wieder lernen, erst wieder realisieren, dass es auch eine Welt ausserhalb seiner Erlebniswelt gab und gibt, die „einfach so weiterlief“, ohne dass alle Welt wüsste, was mit ihm los war/ist. So guckte die Kassiererin auch ziemlich verdattert/verstört… – leider waren schon die nächsten Kunden hinter uns und Samuel schoß mit seinen neuen Schuhen Richtung Ausgang, so dass ich die Unklarheit nicht beseitigen konnte. Naja, sie wird’s überleben… 😉
Da wir schon an diesem Tag Übernachtungsbesuch bekamen, hatten wir die Chance, den beiden Gästen unsere vier Kinder „aufs Auge zu drücken“ und sind einfach mal zu zweit noch gegen 18h zu Famila gedüst, wo wir noch Lichterketten für den Weihnachtsbaum besorgt haben. Auch das ist so trivial wie bedeutungsvoll: alle 4 sind wieder zu Hause und wir beide können einfach mal so ganz ohne Kinder „irgendwas“ machen. Was es ist, ist letztlich dabei fast unerheblich.
Am Abend guckte Samuel zusammen mit Katharina „Kevin allein zu Haus“ – und ich schaute mir die beiden großen Kinder auf dem Sofa an und hatte Tränen der Rührung in den Augenwinkeln ob dieser „normalen Szene“… der erste Fernseh-Abend Zuhause nach so langer Zeit…. Wie schön, dass das möglich ist. Ich will das „Fernsehn-gucken“ an sich gar nicht so hoch hängen in seiner Bedeutung, da gibt es sicherlich Wichtigeres. Aber es war den beiden anzusehen, dass sie dieses gemeinsame chillen, dieses Zuhause-Gefühl auch wirklich sehr genossen haben. Und für mich bzw. für uns Eltern gab und gibt es ja nichts Schöneres, als alle Kinder doch einigermaßen wohlauf da zu haben. Wie hatten sie in Geesthacht Ende Oktober nach Samuels ersten Entwicklungsschritten gesagt? „Wir wollen noch nichts versprechen, aber möglicherweise kann Ihr Sohn Heiligabend schon für ein paar Stunden nach Hause“?!?!!! –  Und jetzt  das: mehrere Übernachtungen, so viel Normalität – nicht nur an äußeren Gegebenheiten, sondern auch, was seine Fähigkeiten & sein Verhalten angeht… whow! Wir sind total ÜBERGLÜCKLICH und mega-dankbar dafür!

Einmal werden wir noch wach – heißa, dann ist Weihnachtstag! Und so kam der 24.12. – ein immer wieder mit Spannung erwarteter und erlebter Tag! Dass dies gleichzeitig in diesem Jahr der 4. Advent war, ging ein bisschen unter… – aber so ist es nun mal.  Was nicht unterging und uns von Anfang an viel Fröhlichkeit ins Gesicht und in die Seele zauberte, war die Tatsache, dass dieses Weihnachten in zweierlei Hinsicht ein besonderes war: zum einen war es das erste Weihnachtsfest für unsere Jüngste: Elisabeth ist nun knapp 9 Monate alt und durfte das erste Mal einen Tannenbaum bestaunen, Geschenke auspacken, Weihnachtsliedern zuhören, ein Krippenspiel betrachten… nur das Festessen wird von allen anderen verspeist, während sie ihre Babykost vernascht. Aber in einem Jahr wird sie auch bei allen Köstlichkeiten und Süßigkeiten zulangen.
Nach einem verhältnismäßig unspektakulären Vormittag waren um halb eins alle bei einer mittäglichen Kaffeetafel versammelt, bevor es dann zu um 14h in den Familiengottesdienst mit Krippenspiel ging. In Pattensen.
Klasse gemacht von Diakon, Vikar, Band und natürlich vielen, vielen engagierten und fröhlichen Kindern. Charlotte war ganz gebannt vorne mit dabei – und wer weiß? Vielleicht darf sie im nächsten Jahr (mit immerhin vier Jahren) ja auch schon mal ein Schaf spielen?!? Viele haben ihre Krippenspiel-Karriere so angefangen 😉
Mir selbst tut es gut, einen solchen Gottesdienst als Besucher mitzubekommen – und gleichzeitig kenn ich ja auch die andere Seite. Dieses wuselige ist ja genau das, was Kinder brauchen. Trotzdem: es hat für mich mehr was von „Folklore“ und Theater als wirklich von „stille Nacht“. Und vorne zu stehen und eine Predigt zu versuchen, während alles laut ist und die meisten Eltern wahrscheinlich hauptsächlich (was ja irgendwie auch legitim ist) wegen des Krippenspiels ihrer Kinder gekommen sind… – ich will das nicht schlecht machen. Das „gehört ja nun mal so“. Aber inhaltlich da etwas zu transportieren, das ist nicht so ganz einfach.
Dennoch: unseren Kindern hat’s gefallen (wobei: Elisabeth hat leider den Gottesdienst bei ihrem ersten Weihnachten komplett verpennt und blieb zu Hause) – Samuel hat die Stimmung und die Lieder und auch das Krippenspiel mit „seinem Matze“ (Matthias Reinke ist Diakon in Pattensen und kennt Samuel über die Jungenjungschar) aufgesogen und es sichtlich genossen. Auch der ganze Trubel war ihm beileibe nicht zu viel.
Als wir gegen halb vier zurück waren, verflogen die beiden nächsten Stunden „irgendwie“ und dann gab es um halb sechs den Festschmaus. Dass wir alle danach noch aufrecht gehen konnten bzw. sitzen, ohne dass irgendwas reißt oder platzt… ein Wunder! 🙂
In dem Zusammenhang: wir waren mit Gästen 10 Personen. Das führte dazu, dass wir von vornherein schon in der weihnachtlichen Stube gewesen sind. Ich bin ja so (verwöhnt-luxuriös) aufgewachsen, dass es die „abgeschlossene Weihnachtsstube“ gab, wo wir erst zur Bescherung hinein durften – dies ist bei unseren Platzverhältnissen einfach nicht mehr drin. Schade – aber es gibt wirklich Schlimmeres! 😉
Nachdem dann alle Kinder kurz verschwinden mussten, haben wir alle Geschenke „unterm Baum platziert“, die Kerzen am Tannenbaum entzündet und alle her gerufen. Die Gitarre geholt, wurde „Oh Tannenbaum“ angestimmt und dann kamen alle in die nun doch weihnachtlich erleuchtete Stube – und dieser Blickfang ist dann doch einmalig. Es war wunderschön, zu sehen, wie die Kinderaugen geleuchtet haben und einfach eine riesen Freude den Raum belebte.
Mit Geschenke-Auspacken, immer mal wieder weihnachtliche Lieder singen (Charlotte schmettert bei „Ihr Kinderlein kommet“ schon ordentlich mit) und immer wieder „Freude-Ausbrüchen“ war die Zeit schnell gefüllt. Gegen 21.15h musste ich dann auch schon den Heiligabend in der Familie für mich beenden, da ich ja um 23h die Christmette in Fuhlsbüttel zu gestalten hatte. Im Auto hatte ich dann viel Zeit, den Tag noch mal „Paroli laufen zu lassen“, wie es einst der deutsche HSV-Philosoph Horst Hrubesch so schön formulierte. Für Yvonne hatte ich eine Weihnachtskarte gefunden, auf der stand, dass Weihnachten uns lehrt, dass das Unscheinbare das Wichtige ist – oder so ähnlich. Und ich dachte mir: ja, so ist es! So ist es von Gott her, denn ihm hat es gefallen, in der unscheinbaren Krippe im unscheinbaren Bethlehem in einem unscheinbaren Baby ganz klein zur Welt zu kommen und uns genau das zu zeigen! Oder wie es im kleinen Prinzen heißt „das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ – ist UNSCHEINBAR, macht für die Augen nicht viel her, beeindruckt nicht auf den ersten Blick, sondern erschließt sich dem Herzen, dem Glauben, der Liebe. Gott erschließt sich uns so – und genau das ist dann auch das Wesen von Weihnachten. Keine riesen Geschenke, sondern das kleine Kind in der Krippe, das zum riesen Geschenk wird, allen die sich davon anrühren lassen. – Und das Unscheinbare, irgendwie Alltägliche und dabei doch so Besondere hat zu unserer Weihnachtsfreude beigetragen: unser Baby, das gesund auf die Welt kam und nun ihr erstes Weihnachten erlebt. Unser Sohn, der „ganz unscheinbar alltäglich“ Weihnachten wie jedes Jahr mitfeiert – und doch wissen wir, dass das ganz und gar nicht selbstverständlich ist… und unsere beiden anderen Töchter, Katharina und Charlotte, die auch gesund, fröhlich, selbstbewusst ihren Lebensweg gehen bzw. entdecken – Wir werden beschenkt mit „Alltäglichkeit“ in diesem Jahr. Und natürlich AUCH mit dem Privilleg, einander auch mit guten, wertvollen Dingen beschenken zu können. Samuel hat sich in diesem Jahr besonders über sein neues (großes, Erwachsenen-)Cajon gefreut – und wir freuen uns mit, dass er weiterhin sein musikalisches Talent ausleben kann und darf und wird! 🙂
Die Christmette war gut. Sehr dankbar bin ich über die musikalische Gestaltung von drei Jugendlichen (bzw. „jungen Damen“) aus der Gemeinde, die mit Klavier, Querflöte und Geige eine fehlende Orgel mehr als ersetzt haben! Dankbar bin ich auch über die anderen, die – mehr oder weniger spontan – den Gottesdienst mitgestaltet haben: gelesen, Lichter ausgeteilt, gesegnet.
Um 3h nachts war ich im Bett – und glücklich über diesen Heiligabend. Samuel schlief in seiner neuen Bettdecke und auf seinem neuen Kopfkissen (auch das gab’s zu Weihnachten) in Katharinas Zimmer – einander nahe sein, auch nachts: das passt zu diesem Tag!

In den nächsten drei Tagen stehen ein Schlafanzug-Tag, ein Besuch bei den Großeltern und die Rückkehr nach Geessthacht auf dem Programm…

Die letzte Woche vor Weihnachten (18.-21.12.2017)

Ursprünglich dachte ich: wenn ich wieder arbeite – also ab Dezember – könnte ich ja montags nachmittags zu Samuel, da ich montags home-office habe und nicht nach HH fahren muss. Dann könnte ich mir das so einrichten. Aber die Theorie hatte nicht das Faktum „Advent“ mit einbezogen… So kommt es, dass ich in diesem Dezember zwar montags zu Samuel fahre, aber doch mit weitaus weniger Zeit ausgestattet als eigentlich geplant. Es ist ja ein Heiligabend-Gottesdienst vorzubereiten, der ganz normale Kram läuft in dieser Woche auch noch weiter (Gruppen, Konfis usw.) und dann steht am Freitag noch „Kinder warten auf Weihnachten“ an, eine riesen „Bespaßung“ für ca. 50 Kinder, mit Basteln, Backen, Spielen usw. für die ich hauptverantwortlich bin. Ich mach das gerne, auch wenn ich mich jedes Jahr frage, ob ich eigentlich bescheuert bin, freiwillig mir kurz vor Weihnachten noch mehr aufzuladen. Denn der normale Familienweihnachtsvorbereitungsstress steht ja auch noch an. By the way: ich freu mich immer total über die Weihnachtspost, die ich bzw. die wir von anderen bekommen – ich frag mich aber schon seit einiger Zeit, wie man sowas auch noch im Advent unterkriegt. Mir ist das schleierhaft. Whatsapp sei Dank kann man fotografische und einigermaßen persönliche Grüße ja auch kurzfristig über Weihnachten versenden. Das ist dann meine Art, hier „tätig“ zu werden…
Aber Stress hin oder her: auch an diesem Montag verbringen wir ein bisschen „Quality time“. Ich komme um 13.30h – und bis zu seinem nächsten Therapie-Termin um halb vier haben wir nur gute zwei Stunden. (dann muss ich auch schon wieder aufbrechen).
In diesen zwei Stunden düsen wir kurzerhand zum Bergedorfer Weihnachtsmarkt (Schloss-Insel). Einfach schön! Schmalzgebäck, ne Runde mit dem Kinder-Karussell (bei dem er erstmal diverse Fahrvarianten ausprobieren musste, um festzustellen, dass das ja alles eher für kleine Kinder gedacht ist und er eigentlich nirgendwo mehr reinpasst… – am Ende ist es ein Motorrad geworden, wo seine Beine „frei schwingen“ können…) und ne Portion holländische Pommes! Einfach ein bisschen Stimmung einfangen… und nach ner intensiven Stunde wieder zurück. Ach das war schön! Ja, es ist schon komisch, dass Samuel sich wieder so kindlich über ein Kinderkarussell freut – das wäre vor seinem Unfall unter seiner „vorpubertären Würde“ gewesen… Nun ist er ja weitestgehend wieder hergestellt, aber sein Gemüt hinkt altersmäßig noch etwas hinterher, was man auch an solchen Momenten merkt. Aber das ist nicht schlimm. Etwas befremdlich vielleicht im ersten Moment – vor allem für Menschen, die ihn und seine Geschichte nicht kennen – aber letztlich: so what?! Die Zeit wird wieder kommen, wo er keinen Bock mehr auf solcherlei Belustigungen hat und seinen kleinen Schwestern hier selbstverständlich das Feld überlässt.
Beim Zurückfahren besprechen wir noch eine Idee für die verbleibende Zeit in Geesthacht: so wie in der Schule könnte er auch in Geesthacht ein „Logbuch“ führen – eine Art Tagebuch über Dinge, die er erlebt. In der IGS ist das dann Fächer-bezogen und nimmt auch Themen wie „wie fühlte ich mich heute?“ „welche Ziele setze ich mir?“ „welche Aufgaben habe ich zu erledigen?“ mit rein. Das könnte dann entsprechend für seine Erlebnisse in den unterschiedlichen Therapien gemacht werden. Das hilft ihm dann, Dinge zu verschriftlichen bzw. zu formulieren; Dinge zu „archivieren“ und sie später dann zu erinnern – und eben auch uns, die wir ja oft bei den Therapien nicht dabei sind, seine Sicht der Dinge/ des Erlebten etwas intensiver wahrnehmen zu können. Wir werden das mal angehen… 😉

Die Visite an diesem Dienstag ist ohne nennenswerte Rückmeldungen. Yvonne ist da und trägt sich mit dem Gedanken, abends zum „gute Nacht-sagen“ noch mal wiederzukommen. Hat aber auch Stress. Sie teilt ihre Überlegungen mit unserem Sohn – und Samuel reagiert ganz „typisch“: er sagt: Mama, Du brauchst heute nicht wiederkommen, mir geht es doch gut hier – und du hast so viel zu tun mit Weihnachten. Fahr du mal in Ruhe nach Hause und mach, was dran ist.
Der Junge ist einfach cool!
Am Abend komme ich nach meinen Terminen in HH noch kurz bei ihm vorbei und kaum auf Station muss ich mir berichten lassen, dass er schon schlafen würde – und dass er am Nachmittag wieder über Übelkeit geklagt hätte und sich leider auch wieder übergeben musste. Ich geh noch kurz zu ihm rein und streichle ihm über den Kopf, sag ihm gute Nacht und fahre dann auch wieder weiter. Mit mir reisen meine Gedanken und Sorgen: zum zweiten Mal innerhalb von 10 Tagen Kopfweh und Übelkeit… ist das jetzt doch eine Unfallfolge bzw. neurologischen Ursprungs? Hmmm… aber auf Station wurde gesagt, man hätte ihn erneut untersucht und wieder nichts besorgniserregendes feststellen können. Man müsse den nächsten Tag abwarten…

Am Mittwoch morgen rufe ich gleich auf Station an – Samuel ist wieder quietschfidel und ohne Einschränkungen. Er ißt, tobt, spricht wieder viel und auch sonst ist alles gut. Puh… Mir war abends noch aufgefallen, dass diverse Chipstüten offen lagen und auch Schokolade wohl reichlich verzehrt worden ist… Von daher ist vielleicht auch die kurzzeitige Übelkeit zu betrachten. Und was die Kopfweh angeht… es deutet sich ein leichter Infekt bei Samuel an. Er spricht mit einem „dicken Hals“, hat Schnupfen… Da kann auch ein leichter Kopfschmerz mal dazu kommen…
An diesem Tag gibt es einen kurzen „gute-Nacht-Besuch“ von Mama. Ohne Elisabeth, die bleibt derweil bei der Babysitterin. So ein Kurzbesuch ist für Yvonne auch Stress pur – auch wenn sie merkt, dass sie ohne Elisabeth noch mal ganz anders Zeit für unseren Sohn hat. Er wird geduscht (das lässt er wohl offensichtlich nicht durch das Pflegepersonal mit sich machen – da geniert sich der junge Herr…)

Zum Donnerstag will ich nur kurz erwähnen, dass ich an diesem Tag einen „formlosen Antrag“ auf Hausunterricht bei der Schule gestellt habe – der Klassenlehrer hatte mich darauf hingewiesen, dass das nötig sei. Die Ärztin in Geesthacht meinte daraufhin, dass sie das bei Samuel so nicht sieht: er wird in Geesthacht fit gemacht, damit er bald nach Hause kommt und dann eben auch wieder zur Schule gehen kann. Das hat sie auch so „zielgerichtet und zuversichtlich“ ausgedrückt, dass das für uns wieder mal ein Mutmacher auf dem Weg gewesen ist. Ja, auch in dieser Woche gibt es viele positive Rückmeldungen der Therapeuten, Ärzte und Pfleger – wir freuen uns einfach so sehr, dass das alles so weiter geht und sind gewiss, dass der Weg noch viele Entwicklungsschritte bereit hält, die uns froh machen und ihn wieder mehr und mehr zu dem, der er auch vorher gewesen ist.
Abends bin ich noch kurz bei ihm und habe meine Gitarre dabei: wir singen eine gute halbe Stunde Weihnachtslieder – Advents- und Weihnachts-Klassiker aus Kirche und Jungschar. Er singt viel mit, lächelt fröhlich – und im Hintergrund kommen immer mal wieder andere Kinder von Station oder auch Pflegepersonal: sie stecken ihre Köpfe kurz ins Zimmer, freuen sich über die Klänge und den Gesang – und so ist auch auf dieser Station ein bisschen Weihnachtsfreude zu spüren…
3x werden wir noch wach, Heißa, dann ist Weihnachtstag. Oder auch: 2x wird Samuel noch wach, HEISSA, dann ist „nach Hause fahren und zu Hause übernachten“ angesagt. Wir können es alle kaum abwarten…