ein erholsames Wochenende zuhause (15.-17.12.2017)

An diesem Freitag habe ich frühzeitig Feierabend, so dass ich bereits gegen 14.30h bei Samuel sein kann. Wie gesagt: vormittags hat er ja überwiegend Therapien, so dass er für Besuche ohnehin keine Zeit hätte. An diesem Nachmittag steht auch kein gemeinschaftliches Angebot aller Kinder auf Station an, so dass ich mich entscheide, meinen Sohn kurzerhand mit nach Hause zu nehmen. Wir fahren also nach Winsen, wo der Rest der Familie sehr (freudig) überrascht über diesen Kurzbesuch ist.
Mittlerweile ist es so, dass Samuels Bewegungsabläufe nahezu normalisiert sind – er sprintet die Treppen hoch wie vorher und läuft (!) auch schon mit Geschwindigkeit kurze Strecken, hüpft und springt, ohne dass ihm etwas weh tut oder man den Eindruck hätte, er müsse sich eher schonen. Sicherlich sind auch noch einige Muskelpartien etwas untrainiert – aber der Fußballer in ihm weiß, dass er eines (gar nicht mehr so fernen) Tages wieder den grünen Rasen betreten wird. Jetzt ist ja ohnehin Hallensaison, das ist dann eh nicht so spannend. – Auch das therapeutische Schwimmen gelingt immer besser: Samuel kann schon Strecke UND tief tauchen.
Uns ist aufgefallen, dass er „durchaus wohlgenährt ist“ – sein Gewicht von vorm Unfall hat er sogar um 1kg schon nach oben übertroffen. Das ist ja alles okay und im Rahmen – er ist weit davon entfernt, pummelig oder gar übergewichtig zu sein. Trotzdem könnte im neuen Jahr auch eine Phase mit etwas weniger Schoki und Extras beginnen…
Apropos essen: nach einem gemeinsamen Abendbrot treten wir beide den Weg zurück nach Geesthacht an – nur kurz schlafen, dann komm ich schon wieder, um ihn abzuholen. Zwischendrin genehmige ich mir noch die LIVE-ÜBERTRAGUNG eines HSV-Bundesliga-Spiels im free-TV! YAY, wann gab es das schon mal? Und… – mein Abend ist versaut! 🙁
Aber das gehört hier ja eigentlich nicht hin. Also bitte überlesen…

Am Samstag morgen bin ich wieder sehr früh bei ihm, und auf dem Rückweg holen wir Brötchen. Ein schönes Vater-Sohn-Ritual mittlerweile, wobei sich mein Körper auch mal nach Erholung und Ausschlafen können sehnt. Aber naja, alles zu seiner Zeit. Zuhause angekommen, darf ich mich dann tatsächlich noch mal hinfleezen und bekomme gar nicht mit, wie der Rest der Bande aufsteht… um halb elf (!!!) wache ich auf und weiß gar nicht, wie mir geschieht. Das tat gut, einfach mal ein bisschen was aufzuholen. Samuel und seine Schwestern haben währenddessen einen ganz normalen ruhigen Vormittag erlebt – mit gemeinsam spielen, kuscheln, ein bisschen fernsehen, frühstücken… Herrlich! So muss ein Samstag vormittag sein. Als ich dann unten aufschlage, gönnt Samuel sich erstmal eine ausgiebige Entspannungswanne, dicht gefolgt von Charlotte, die zu gerne zusammen mit ihrem Bruder baden würde. Aber das geht zur Zeit nicht, weil sie ein kleines „Warzenproblem“ mit sich rumträgt, was leider auch ansteckend ist…
Apropos Warzen… ich erwähne das auch deshalb, weil Samuel vorher über Jahre (!) relativ große Warzen am rechten Fuß hatte, die ihm zusehends peinlich wurden. So lief er im Sommer immer mit Socken rum, weil er nicht wollte, dass andere diese Dinger entdecken. Und wir hatten schon so viel probiert: Tinkturen, homöopathische Varianten, Lasern, draufpinkeln (…) und was es nicht alles gibt. Nix half. Also musste das beste aller Warzenmittel her: Warz ab (warts ab)… (ACHTUNG: KALAUER!)
Und das half offensichtlich. Oder vielleicht waren es auch irgendwelche Medikamente, die er in den letzten Monaten bekam, die als Nebeneffekt quasi mit sich brachten, dass die Warzen verschwinden?!? Keine Ahnung… auf jeden Fall ist jetzt nur noch ein ganz kleines bisschen rauhe Haut an den entsprechenden Stellen zu fühlen – und wir wollen natürlich vermeiden, dass er sich neue einhandelt, womit wir wieder bei der Badewanne wären…
Am Nachmittag fahren wir (ohne Katharina, die ist den Tag über bei einer Freundin) gemeinsam ins Nachbardorf, zu einem ganz tollen Hofladen, bei dem wir schon seit Jahren sowohl unseren Weihnachtsbaum als auch unseren Weihnachts-Rinderbraten bekommen (und unter dem Jahr natürlich so manch anderes mehr: Milch, Honig, Eier, Kartoffeln usw.):  – nähere Angaben z.B. hier: https://www.service-vom-hof.de/?m=b&o=340&b=106. Werbung ENDE 😉
Aber das war schön: gemeinsam hier über den Hof zu stapfen, die Bäume zusammen mit Samuel zu begutachten… Es gibt dort auch einen Punsch- und Waffelverkauf, dessen Einnahmen immer zugunsten eines guten Zwecks weitergeleitet werden – und in diesem Jahr haben Wiegels sich überlegt, den Erlös an die Ronald-Mc-Donald-Stiftung (wir waren ja selbst im „Ro-Mc-Do“-Haus in Eppendorf, während Samuel im UKE behandelt wurde) zu geben. Einfach klasse und sehr (!) unterstützenswert. Auch dort liefen Menschen rum, die von Samuels Unfall gehört hatten und erstaunt, gerührt, bewegt waren, ihn nun hier schon leibhaftig zu sehen. Da war so manche Träne in dem einen oder anderen Augenwinkel…
Nach unserer Rückkehr (einen Baum zu finden ist nicht soooo leicht, wie man denkt… ich fühle mich da immer an Hoppenstedts bzw. insgesamt an Loriot erinnert) ist Samuel noch zu einem Freund in unserer Straße rübergedüst. Natürlich noch mit Mama, alleine lassen wir ihn noch nicht… Aber der Kurzbesuch hat den beiden Jungs gut getat.
Danach gab’s noch Abendessen und wieder mal „ab nach Geesthacht“. Es war ein guter Tag für Samuel, so hat er mir das abends berichtet!

Am Sonntag habe ich Samuel nicht ganz so früh abgeholt. Wir wollten in den Adventsgottesdienst, der um 10h beginnt und natürlich vorher noch zusammen frühstücken. Als ich in Geesthacht ankam, war Samuel schon am Futtern: Schoko-Müsli. Der Hunger vor 8h war wohl schon recht groß. Wir staunen tatsächlich (jetzt muss ich das Ess-Thema doch noch mal aufgreifen) über die Mengen, die in diesen Jungen reingehen. Es ist möglicherweise eine Mischung aus dem typischen (vor)pubertären Essvermögen von Jungs im Allgemeinen und einer Art Ersatzbefriedigung (unser Sohnemann war eigentlich schon immer ein richtiges „Kuscheltier“ und muss da ja notgedrungen schon seit einiger Zeit auf vieles verzichten). Naja, beides geht vorüber…
Der Aufbruch in den Gottesdienst ist für uns als Familie immer ein „sportlicher Akt“ und wir schaffen es eigentlich NIE (!) pünktlich in den Gottesdienst. Wie machen andere das bloß? Es bleibt mir/ uns ein Rätsel. Aber wir sind da auch etwas gelassener geworden. Was bringt es, sich vorher gegenseitig anzuzicken und rumzubrüllen… ein paar Minuten rausschlagen und dafür schlecht gelaunt loszukommen?!? Nee, danke. Keine gute Idee. So nehmen wir auch das als besondere Phase, die vorübergeht. Ein guter Satz in der (Klein)Kind-Erziehung lautet ja: wenn du willst, dass es schnell geht – MACH LANGSAM! Daran müssen wir uns immer wieder erinnern.
Der Gottesdienst war schön. Auch hier waren viele sehr berührt davon, Samuel zu sehen. Es war wahrscheinlich auch ein bisschen „spooky“ für ihn, ganz oft von für ihn wildfremden Leuten zu hören, dass sie für ihn gebetet haben. Einmal sagte er ganz verdattert: „ach so, deshalb hab ich so oft im UNO gewonnen“ – er kann das alles noch nicht so verarbeiten und einsortieren, dass er begreift, welch unfassbares Wunder seine Genesung ist… Aber für uns ist es natürlich einfach schön, zu erleben, wie ganz viele Mitbeter unseren Samuel nun begegnen dürfen und dadurch auch eine Art Gottesbegegnung oder zumindest auch Gebetserhörung erleben dürfen. Wie schön!
Nach dem Gottesdienst (bei dem auch Katharina dabei war – wir waren also tatsächlich vollzählig) ging es nach Hause, wo es erstmal leckere Lasagne gab – eins von Samuels Leibspeisen! Danach wollte Katharina zum Weihnachtsmarkt nach Hamburg. Und jetzt begannen die Turbulenzen. Zunächst war nicht klar, wann sie wie nach Hamburg und wieder zurück kommen sollte… alleine Bahn fahren ist weder ihr Ding noch sind wir als Eltern da schon so weit… Aber anstatt sich zu kümmern, sitzen Teenies ja gerne bestimmte Dinge aus… Und was machen die lieben Eltern? Richtig: sie kümmern sich. Ich will das gar nicht lange ausführen, auf jeden Fall: kurz bevor ich mich mit Katharina auf den Weg machen wollte, passierte ein kleines Unglück: Samuel hielt Elisabeth auf dem Arm und saß mit ihr auf dem Sofa. Leider – warum genau, haben wir nicht mitbekommen – konnte er sie nicht halten und unsere 9Monate alte Tochter fiel auf den Fußboden und schrie ganz furchtbar. Wir befürchteten schon das Schlimmste… Aber sie war wohl nur auf den Arm und den Bauch gefallen und es war eher ein „Ach-Du-Schreck-Schreien“ als irgendwas anderes. Noch ein Kopf-verletztes Kind hätten wir jetzt nicht brauchen können… Es war eine schwierige Situation: wir haben eher uns als Eltern Vorwürfe gemacht, dass wir Samuel mit ihr schon alleine gelassen haben. Er kann das einfach momentan noch nicht… sei es motorisch, als auch kognitiv… zu begreifen, dass er da jetzt Verantwortung hat und diese dann auch wahrzunehmen… das klappt einfach noch nicht.
Nun gut, es war (nur) ein Warnschuss. Ein deutlicher allerdings! Und wir trösteten beide… In diesem Trubel haben wir es dennoch geschafft, Katharina rechtzeitig wegzubringen – und als ich wiederkam, hatte unsere liebe Nachbarin unsere beiden kleinen Mädels einfach mal „entführt“ für eine Stunde Spielplatz. Das war gut. So hatten wir Zeit mit Samuel alleine – bzw. nicht ganz, denn kurz darauf kam LEA, Samuels beste Freundin aus seiner Klasse, zusammen mit ihrem Papa zu Besuch. Die beiden hatten sich seit Ende September nicht mehr gesehen – und entsprechend groß war die Wiedersehensfreude. Ich hatte beide schon darauf vorbereitet, dass es ein Kurzbesuch werden muss – das ist zur Zeit noch das Beste. Diese kurze Zeit konnten sie aber genießen – und sich schon auf das nächste Wiedersehen freuen. Lea sprudelt einfach über vor Energie, Lebensfreude und Erzähllust – und das tut Samuel einfach gut.
Und zusammen mit ihrem Papa ist Lea einfach auch ein tolles Team. Beide sind sehr musikalisch und haben schon Lieder (!MEHRZAHL!) für Samuel komponiert, getextet, aufgenommen – der Wahnsinn! Es ist ein großes Geschenk, solche Freunde zu haben!
Nach diesem Besuch sollte sich auch dieser Zuhause-Tag dem Ende entgegen neigen. Bei der abendlichen Feedback-Runde am Bett sagte Samuel nur: „das war ein sehr schönes Wochenende – und das mit Elisabeth tut mir sehr leid“.

Unser Junge 🙂

dieser Blog hat nun eine Lücke… (11.-14.12.2017)

naja, fast…
denn von den Tagen Mo. 11.12. – Do. 14.12. gibt es eigentlich nicht wirklich viel zu berichten!
Es waren recht gewöhnliche Tage, ohne dass es Fortschritte zu verzeichnen gäbe, die man wirklich festhalten könnte. Tage ohne besondere Begegnungen oder Gespräche, Tage die auch irgendwie einfach so dahin trudelten… Das ist auch okay so – und der nächste Blog gibt sicherlich auch wieder mehr her.
Erwähnenswert ist in diesen Tagen aber doch, dass
– am Dienstag die Beisetzung von Yvonnes Großmutter gewesen ist: Samuel wollte nicht bei der Trauerfeier dabei sein und blieb deshalb an diesem Tag von uns „unbesucht“ – natürlich nicht als „Bestrafung“, sondern weil wir es einfach nicht auch noch unter den Hut bekommen hätten. Dafür gab es aber Besuch von Oma und Opa – was er auch richtig genießen konnte.
– am Mittwoch die Info an uns kam, dass nun tatsächlich das kommende Wochenende wieder komplett und ganz ohne Versehen (…) Zuhause verbracht werden kann… Wir haben aufgegeben, nach Begründungen zu fragen. Wir wundern uns nur noch… Aber es ist ja auch kein Anlass, sich zu ärgern. Dieses „Hü und Hott“ ist einfach nur schwer nachvollziehbar… Was soll’s…
– am Donnerstag ich Samuel mal wieder ins Bett bringen konnte. Seit ich wieder arbeite, ist der Alltag auch insofern wieder eingekehrt, dass ich die Tage von Dienstag bis Donnerstag im Grunde „ohne Familie lebe“, einfach weil ich früh von zuhause weg fahre und erst spät aus der Gemeinde wiederkomme, wenn eigentlich schon alle schlafen. Insofern bin ich froh, dass ich in dieser Zeit die Möglichkeit habe, wenigstens donnerstags so früh zurück zu fahren, dass noch ein „Gute-Nacht-Gruß“ möglich ist.
Es ist schon schade, dass nun, seitdem ich wieder im Arbeitsalltag drin stecke, nicht nur weniger intensive Begegnung mit Samuel möglich ist (in einem gewissen Rahmen muss ich das ja einfach akzeptieren und mir – und unseren Kindern – sagen: so ist das Leben. Es gibt Familienzeiten und es gibt Arbeitszeiten…) – sondern dadurch auch weniger intensive Begleitung und Förderung meines Sohnes. Dass ich weniger mit ihm erlebe, ist das eine (und schont traurig genug) – was eben auch dazu führt, dass schlicht und einfach der Stoff für so einen Blog etwas geringer wird. Was aber eben dadurch auch weniger wird oder z.T. ganz wegfällt, ist so etwas wie „förderndes Begleiten“. Ich hatte den Eindruck, dass ich bis Ende November viele Möglichkeiten hatte und auch nutzen konnte, um Samuel in seiner Entwicklung zu fördern und zu unterstützen. Jetzt komm ich vorbei, sag ihm gute Nacht, frag ihn, wie sein Tag war… gut und schön. Aber qualitativ genutzte Zeit, in der ich auch etwas unterstützen kann, was ihm hilft, möglicherweise schneller und „runder“ seinen Genesungsweg zu beschreiten – so etwas fehlt mittlerweile. Und das ist sehr schade. Aber eben nicht zu ändern. Und ich hoffe einfach, dass es auf LANGE SICHT auch nicht mehr ins Gewicht fällt, was mir jetzt schwer fällt bzw. mir jetzt auch ihm gegenüber Leid tut…

Wie gesagt: beim nächsten Mal gibt es mehr. Mehr Erlebtes & mehr zu Erzählendes.

Ein „Geesthacht-Langeweile-Tag“ und die Tage drumherum (8.-10.12.2017)

Dieser Freitag beginnt für uns als Familie mit einer Arbeitserleichterung: die Krankenkasse hat uns eine Haushaltshilfe bewilligt – und das ist wirklich bei allem Stress und allem „auf dem Zahnfleisch-kriechen“ eine gute Unterstützung. Natürlich: es gibt viele liebe Leute um uns herum, die immer wieder helfen, das ist auch großartig!!! Manchmal ist es jedoch einfacher, einen solchen „offiziellen Weg“ zu gehen, denn dann haben gewisse Dinge wie putzen, bügeln, Besorgungen machen oder kochen auch einen „Rahmen“, in dem das zu regulären Zeiten einfach geleistet wird – und das ist dann ja auch gut. Heute wurde also die Bude geputzt – und das ist schon mal prima!
Am Nachmittag fuhr Yvonne dann mit den beiden kleineren Mädels (unsere 13jährige hatte sich anderweitig verabredet) nach Geesthacht und verbrachte den Nachmittag bei unserem Sohn. Allerdings hatte Samuel an diesem Tag mit Kopfweh zu tun und er zog es vor, im Bett zu bleiben. Das sollte sich im Laufe des Abends und der Nacht noch mit Übelkeit und Erbrechen „anreichern“, aber dazu gleich mehr. Nun ja: aufgrund seiner „nicht ganz so auf dem Damm sein“ Situation war der Nachmittag mit den beiden kleinen (und auch relativ lauten) Schwestern auch nicht besonders erfolgreich und alle waren einigermaßen froh, als die Nachtruhe eingeläutet wurde.

Am Samstag war nun der angesagte „Langeweile-Tag“ in Geesthacht. Eigentlich wäre an diesem Tag ein „Weihnachtsbäckerei-Angebot“ vormittags gewesen – und nachmittags sollte Samuel Besuch von seiner Patentante bekommen. Nachdem der vorherige Nachmittag aber schon recht flau war, war die Nacht noch schlimmer… Samuel musste mehrfach erbrechen. Wir wurden darüber telefonisch informiert – es wurde aber auch gleich gesagt, dass kein Grund zur Sorge bestünde (nach einem solchen Unfall kommen natürlich gleich üble Vorstellungen… ob die Kombination aus Kopfweh und Erbrechen irgendwelche Zusammenhänge mit erneut auftretenden Hirnschwellungen, Hirnblutungen oder so etwas in der Art haben könnte) – es sei einfach nur ein Infekt, so wie ihn viele Kinder haben.
An diesem Vormittag war dann auch schon alles wieder gut. Keine Kopfweh mehr, ordentlich gefrühstückt und – kein Bock auf Backen! Stattdessen rumchillen mit Fernsehen im eigenen Zimmer. Wenn nicht am Langeweile-Tag in Geesthacht – wann dann, denke ich mir?! 😉
Und die Patentante konnte auch anrücken (was sie evtl. aufgrund der Magen-Darm-Geschichte mit ihren zwei kleinen Mädels nicht unbedingt gemacht hätte). So hatten sie gemeinsam einen schönen Nachmittag, ehe ich kurz vor 18h auftauchte und sie ablöste. Dann taten wir noch was richtig „jungs-mäßig-chilliges“: Pizza beim Lieferservice bestellen und gleichzeitig Bundesliga im 1. gucken. Cool! (währenddessen hatte unsere Große ihre Mädels-Übernachtungs-Party mit 8 anderen 12-13jährigen Mädels… ich war in diesem Moment doch froh, jetzt Fußball gucken zu können… ;-)!)

Am Sonntag morgen holte ich Samuel aus Geesthacht ab und wir fuhren ab nach Hause, um auch dort einen einigermaßen gechillten Sonntag zu erleben. Zuhause angekommen, traf Samuel noch auf die Mädel-Übernachtungshorde und begrüßte sie mit den Worten: „Guten Morgen, ihr PENNER“!
Da war ruck-zuck Stimmung im Laden 🙂
Sie freuten sich alle, Samuel wiederzusehen (viele von ihnen hatten Samuel ja vor seinem Unfall zuletzt gesehen) – und gleichzeitig wurde er noch ein bisschen wie ein Marsmännchen beäugt. „Bist du es wirklich?“ Wie wird er sich wohl verhalten?… Aber nach dem gemeinsamen Frühstück wurden die Mädchen auch schon abgeholt und die Familie war wieder unter sich, was vielleicht dann auch ganz gut war.

Okay, ich musste zwischendurch noch nach Fuhlsbüttel, um dort Kindergottesdienst zu machen, aber danach wurde es richtig „jemütlich“. Wir aßen zusammen Mittag, dann wurde Papa (ich erinnere an meinen Männerschnupfen!) ein kleiner Mittagsschlaf zugestanden – und anschließend machten wir uns auf den Weg zum Winsener Weihnachtsmarkt. Während eigentlich alle in die Stadt liefen, haben Samuel und ich uns per Auto auf den Weg gemacht, weil ich mir noch nicht ganz sicher war, wie er das kräftemäßig mit dem Weg packt – und es wäre ja doof gewesen, wenn er ganz abgekämpft dort angekommen wäre und keine Kraft mehr für den Weihnachtsmarkt dagewesen wäre. So konnte er ganz ausgeruht ein paar schöne Dinge machen: ein Nutella-Crepe futtern, mit dem Kinderkarussell fahren (zusammen mit Charlotte) und einfach ein bisschen Weihnachtsmarkt-Luft und Stimmung einhauchen). Der Rückweg wurde zu Fuß gemacht – und zu Hause angekommen, konnten wir uns am Ofen aufwärmen, Punsch trinken, Kekse futtern und einfach noch ein bisschen schöne Zeit haben, bis es dann auch wieder Zeit war, zurück nach Geesthacht zu fahren.
Abends an seinem Bett haben wir den Tag ein bisschen Revue passieren lassen (was mittlerweile wieder völlig problemlos klappt: er erinnert sich an viele, viele Details des Tages!) – und auf die Frage hin, was denn für ihn an diesem Tag schön war, sagte er unter anderem: ENDLICH mal wieder zu Fuß durch Winsen laufen, das war schön!
Hach… uns wurde das Herz warm bei diesen Worten!
Nach einem gute-Nacht-Kuss und einem Dank-Gebet für das Wochenende machte ich mich auf den Weg zurück.

Diesmal ist es ein kurzer Blog. Es waren schöne, unspektakuläre Tage, die aber doch auch wichtige kleine Mosaiksteine auf dem Weg der Genesung sind.

Sternedinner, eine wundervolle Benefizlesung – und die Tage drumherum (5.-7.12.2017)

An diesem Dienstag ist mal wieder Visite. Yvonne will dabei sein – und hatte nachmittags nicht besonders gute Nachrichten für uns. Das erste Wochenende zuhause wurde ja im Nachhinein als „Versehen“ betitelt“, woraufhin wir davon ausgehen mussten, dass das zweite Wochenende nicht zuhause sein würde. Auf Nachfrage hieß es ja dann zum Wochenende, dass es natürlich doch ginge, dass Samuel nach Hause kann – es müsse sich wohl um eine falsche Kommunikation gehandelt haben, dass wir ihn doch nicht mitnehmen dürften… Nachdem er also nun ein weiteres Wochenende zu Hause verbringen durfte (also: tagsüber!), wurde uns nun in der Visite mitgeteilt, dies wäre erneut ein Versehen – und bis Weihnachten solle er definitiv gar nicht mehr nach Hause…
Immerhin wurde uns nun gesagt, das sei medizinisch sinnvoll, da er einfach sonst zu viel Stress hätte und nicht wirklich eine Phase zum Erholen. Dass wir das anders sehen – is klar! Aber das war zumindest schon mal eine Erklärung, die einigermaßen Sinn machte.
Nun denn: das vergangene Wochenende war vorüber, das neue noch nicht da – und irgendwie ahnten wir, dass es vor dem nächsten Wochenende noch wieder neue Infos/Überlegungen/Entscheidungen geben würde. Also abwarten – und den nächsten Blog verfolgen 😉
Ansonsten wurde in dieser Visite noch mal klar benannt, dass es bei Samuel nach wie vor im kognitiven Bereich noch viele Baustellen gäbe: die räumlich-zeitliche Orientierung ist noch nicht so gegeben, wie es wünschenswert wäre, auch ist das Kurzzeitgedächtnis immer noch nicht wieder so, dass es unauffällig wäre…) Motorisch ist es super, so dass für Mittwoch wieder ein kleiner Meilenstein bevorsteht…
Diese Aussagen ziehen uns doch auch ein bisschen runter.  Denn: auch wenn wir die Aussage, dass es im kognitiven Bereich nach wie vor Baustellen gibt, natürlich „unterschreiben“, haben wir den Eindruck, dass er dort (in den genannten Bereichen) schon auch Woche für Woche kleine Fortschritte macht, was uns sehr froh macht. Wir haben uns dann kurz gefragt, ob wir da zu euphorisch sind, oder zu wenig „defizit-orientiert“…, aber wir sind der Meinung, dass unsere Wahrnehmung da unseren Sohn eigentlich ganz gut „erfasst“. Nun ja, meine Frau hatte sich nach der Visite vorgenommen, die Stationsärztin noch mal gezielt anzusprechen – und das Gespräch verlief dann auch um Längen „verständnisvoller“ als die Visite… In dem Gespräch wurde auch noch mal aufgegriffen, wie begeistert verschiedene Therapeuten von Samuels Entwicklung sind und dass er nach wie vor zu den Kindern gehört, über die sie in der Klinik „positiv erstaunt sind“. Dennoch ist das Tempo der weiteren Entwicklung nicht abzusehen. Es kann sein, dass er weitere Schritte in dem rasanten Tempo macht wie bisher, es kann sein, dass es alles jetzt in einem normalen Tempo vorangeht – es könnte aber auch sein, dass die Schritte, die jetzt folgen, langsamer sind.
Aber unterm Strich: Geschwindigkeit hin oder her – Samuel wird seine Schritte machen!
Was die Wochenend(los)thematik angeht, so klang in dem Gespräch an, dass wir nach einem gemeinsamen Kompromiss suchen wollen. Dieses „ganz oder gar nicht“ hilft nicht Samuel und auch nicht uns als Familie.
Wir werden gegen Ende der Woche erfahren, auf welchen Kompromissvorschlag uns das Ärzteteam „einstimmen möchte“.

Der Mittwoch beginnt mit der „Ansage“ für Samuel, dass es nun vorbei ist mit der Rolli-Bequemlichkeit. Mit anderen Worten:  Du hast zwei gesunde Füße und annähernd gesunde Beine – da braucht es keinen Rolli mehr! Laufen trainieren und nicht irgendwelche Rolli-Kunststückchen heißt jetzt die Devise.
Der Muskelkater, der Samuel beim mehr-Laufen-müssen begleitet und nervt, wird nun mit einer kleinen Gabe Magnesium verjagt oder zumindest im Zaum gehalten.
Ich vermute – okay, es ist nicht mehr als eine laienhafte Hypothese, aber immerhin… – dass der aufrechte Gang auch mehr „aufrechtes Denken“ bzw. die räumliche und zeitliche Orientierung fördert. Kein Automatismus, aber doch ein „unterstützendes Faktum“, so will ich diesen Schritt raus aus dem Rolli mal nennen.
Die Physiotherapeutin ist jedenfalls sehr angetan von Samuels Bewegungen und alles, was noch unrund ist, kann auch nur runder werden durch Bewegung….
Ansonsten standen heute zwei besondere Veranstaltungen „auf dem Programm“.
Das erste war ein „Sternendinner“ in Geesthacht für die Kinder der Station zusammen mit den Angehörigen. Yvonne war mit ihm vor Ort – und es war „liebevoll gestaltet und lecker“. Für die Kinder gabs chicken mcnuggets und pommes – und alles wurde an die Tische serviert. Samuel hatte sich extra ein bisschen fein gemacht – und es ist schön, dass die Kinder hier auch mal kleine Feste haben!
Und die zweite Veranstaltung war eine „Benefiz-Lesung“, die von lieben, engagierten und kreativen Leuten aus unserem Umfeld auf die Beine gestellt wurde. Im „Hofcafé Löscher“ (immer einen Ausflug wert: www.hofcafe-loescher.de) wurde ein Raum zur Verfügung gestellt, in dem sich ca. 60 Leute einfanden. Kinder und Erwachsene lasen und sangen „fremde und eigene Texte“ auf deutsch, plattdeutsch und niederländisch – und das dort gesammelte Geld kommt Kindern mit Beeinträchtigungen durch SHT (Schädel-Hirn-Trauma) zugute.
Eine tolle und rundum gelungene Sache. 1000 Dank allen, die sich daran beteiligt hatten bzw. zum Gelingen des Abends beitrugen. Samuel wird hoffentlich bald in der Lage sein, selbst zu realisieren, welch großartige Unterstützung auch durch so einen Abend erlebbar geworden ist.

Der Donnerstag verlief dann wieder vergleichsweise unspektakulär. Es gab wieder mal „Schwimm-Therapie“, was bedeutet, dass Samuel ein bisschen plantschen konnte und so auch seine Beweglichkeit gefördert wird – was unserer kleinen Wasserratte sehr gefällt!
Die Stationsärztin teilte uns die „gefundene Kompromisslösung für die beiden noch ausstehenden Adventswochenenden mit: er darf jeweils einen Tag nach Hause (welchen, können wir bestimmen) – und es soll pro Wochenende einen LANGEWEILE-Tag in Geesthacht geben. Einfach ein Tag, an dem nicht noch etwas Neues kommt, einfach ein Tag, an dem sich das in der vergangenen Woche Erlebte setzen kann. Damit sind wir einverstanden. Aus unserer Sicht könnte zwar auch zu Hause ein Langeweile-Tag stattfinden, aber so what?!? Es ist für ihn auch okay. So kann er z.B. auch an einem Wochenende-Tag Besuch bekommen und dem Besuch zeigen, wo er ist und was es dort gibt. Langeweile-Tag heißt ja nicht: den ganzen Tag im Bett liegen und niemanden sehen. Für das kommende Wochenende haben wir uns dann gleich mal entschieden, dass der Samstag der (Langeweile-)Geesthacht-Tag sein wird und der Sonntag ist der Tag, an dem er zuhause sein kann.
By the way: hatte ich eigentlich schon erwähnt, in welch katastrophalem Zustand sich die Straße befindet, die zur Klinik führt? Schlagloch an Schlagloch… Manchmal haben wir schon leicht zynisch gesagt: eine solche Hoppelstraße, die als Zuwegung zu einer neurologischen Kinder-Reha dient… wer bis jetzt keine Hirnschädigung hatte, erleidet sie spätestens beim Krankentransport dorthin… Naja. Auf jeden Fall: seit diesem Tag sind die Löcher tatsächlich DICHTGEMACHT! Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Wir sind wirklich baff, dass so etwas möglich ist (zur Erklärung: uns wurde gesagt, die Problematik läge daran, dass Geesthacht zwar zu Schleswig-Holstein gehöre, diese Straße aber auf Hamburger Gebiet läge und nun einer zum anderen sagt: DU bist zuständig, ICH zahl nix… – wer auch immer jetzt die Geldbörse aufgemacht hat: es wurde erledigt. Geht doch!)
Nach dem Gute-Nacht-sagen fahre ich nach Hause und versuche auch bald ins Bett zu kommen, da sich bei mir eine Erkältung anbahnt. Männer und Schnupfen… es bedarf eigentlich keiner weiteren Erklärung. Jeder hier weiß um die Dramatik dieser Zusammenhänge, denke ich…
Und nun bedarf es für diesen Blog auch keiner weiteren Worte – weitere folgen im nächsten Blog, wo es um den „Langeweile-Tag“ und die Tage drumherum gehen wird.

wider aller Erwartung doch: noch ein Wochenende zu Hause (2.12.-4.12.2017)

Nach der Ansage, das Wochenende müsse Samuel auf jeden Fall komplett in Geesthacht bleiben, hatten wir eine unruhige Nacht. Wir haben keine wirkliche Begründung dafür gehört, die uns zufrieden gestellt hätte, wir haben Samuels und unsere eigene Enttäuschung darüber wegstecken müssen und wir haben auch, Katharinas Geburtstag vor Augen (und die ganzen Vorbereitungen dafür) nicht wirklich eine Idee gehabt, wie wir gleichzeitig in Winsen vorbereiten bzw. feiern wollen  und zusätzlich in Geesthacht bei Samuel sein können…
Am Samstag morgen dann war mein Plan einfach der, nach Geesthacht zu fahren, Samuel in eine Jacke zu stecken und mit ihm loszufahren. Auf Nachfrage hätte ich dann gesagt „es geht auf einen Tagesausflug“/Fahrt ins Blaue oder so… Dass eine Fahrt ins Blaue auch nach Winsen führen könnte, wäre zumindest eine Option gewesen…
Dann aber kam mir der Gedanke, dass uns ja mal bei einer Visite gesagt wurde, dass die Kinder, wenn der Unfall mindestens 8 Wochen zurück liegt, durchaus tagsüber nach Hause dürften. Und so beschloss Yvonne, vor meiner Abfahrt doch noch mal in Geesthacht anzurufen und genau mit dieser Aussage noch mal nachzufragen. Gesagt – getan. Und zu unserer Verwunderung hieß es dann plötzlich: Oh ja, das stimmt natürlich… das ist wohl nicht vernünftig kommuniziert worden… natürlich darf er auch an diesem Wochenende tagsüber nach Hause…
Ohne Worte…
Egal. Ich also los – und Samuel erwartete mich schon sehnlichst. Wir haben gar nicht viel Zeit verloren und sind quasi kehrtwendend wieder aus der Klinik in Richtung „Home, sweet home“. Ich habe mir abgewöhnt, darüber nachzugrübeln, warum nun doch plötzlich… oder mich darüber aufzuregen, dass es zwischendurch eine entgegengesetzte Aussage gab… Das kostet nur unnötig Zeit und Energie!
So sind wir zu Hause angekommen und hatten, anders als am Wochenende zuvor, kein ruhiges, entspanntes WE vor uns, sondern in gewisser Weise schon auch Stress… Am Sonntag wird Katharina 13 – und somit ein echter Teenie 😉 – und der Samstag stand mehr oder weniger ganz im Zeichen der Vorbereitung darauf. Das war für Samuel – und dann auch für uns – irgendwie auch anstrengend bzw. suboptimal… Samuel „läuft halt noch nicht wieder einfach so mit“, sondern er braucht schon auch noch Beschäftigung oder Ruhezonen oder eben auch einfach „Betreuung“, weil er sich sonst mit seiner dreijährigen Schwester Charlotte sehr schnell immer wieder auch auf dem Niveau von Dreijährigen zofft…
Um das zu realisieren, brauchten wir aber doch auch irgendwie das ganze Wochenende…
Am Samstag bin ich zwischendrin noch zum Einkaufen los gewesen und habe mich bei der Gelegenheit noch mit dem „anderen Advent“, einem Kalender für die Advents- und Weihnachtszeit, versorgt. Immer wieder stehen so viele wertvolle und gute Gedanken darin. Diesen Kalender kaufe ich seit ein paar Jahren immer auf dem Weihnachtsmarkt in Stelle, dem Ort, in dem ich Diakon war, bevor ich nach Fuhlsbüttel ging – ein Nachbarort von Winsen. Dort angekommen, traf ich auf viele liebe Leute, die alle Bescheid wussten über die Situation mit unserem Sohn bzw. in unserer Familie – und es tat gut, von vielen doch auch noch mal zu hören: „wir beten für euch“, „wir denken an euch“ – oder andere ermutigende Sätze.
Ermutigend… Im „anderen Advent“ steht gleich zu Beginn etwas, das ich sehr gut auf Samuel beziehen kann:
es geht um „Kintsugi“! Kintsugi stammt aus Japan und heißt „Goldreparatur“. Wenn eine wertvolle Keramikschale in Scherben zerbricht, wird sie wieder zusammengefügt. Nicht ohne sichtbare Risse, das wäre ja unmöglich.
Aber: Die Bruchstellen werden nicht nur mit besonderem Kitt und Lack geflickt, sondern auch mit Goldstaub. So wirken die Brüche besonders kostbar, das ganze Gefäß ist neu und anders, es glänzt sogar.
Jede wiederhergestellte Schale zeigt: Ich bin gebrochen, an verschiedenen Stellen. Ich habe vieles überstanden. Es hat Mühe und Zeit gekostet, wieder ganz zu werden, wieder neu gefüllt werden zu können. Aber genau das macht mich einzigartig. Mit dem Advent bricht nicht über Nacht eine heile Zeit an. Aber er kann uns bestärken, neu auf die Suche zu gehen – nach goldenen Spuren. (Iris Macke)
Samuel wird auch Risse davon tragen. Macken vielleicht. Auf jeden Fall Narben… Was dieser Text so nicht benennt, ist mein Glaube: Gott selbst ist es, der in der Lage ist, diesen Zerbruch von Samuel wieder zusammenzufügen und dabei sogar aus den zerbrochenen Momenten seines Lebens etwas besonders kostbares werden zu lassen. Wir sind gespannt auf Gottes Arbeit, wenn er Samuel wieder „herstellt“, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat.
Während ich unterwegs war, war Yvonne mit allen Kindern alleine – und nun merken wir, dass es für alle Beteiligten besser ist, wenn wir so langsam aber sicher wieder aufbrechen. Es kommt auch schon an diesem Tag mal zu Situationen, wo wir Samuel mit einem etwas schärferen Ton zurechtweisen, wenn er mal wieder seine Schwester Charlotte „traktiert“. Wohl wissend, dass er diese „Zurechtweisung“ auch bald wieder vergessen haben wird – und auch mit einem schlechten Gefühl versehen, da wir ja eigentlich nach wie vor unendlich dankbar für alles sind, was bei Samuel wieder „lebendig geworden ist“.
Nichtsdestotrotz wird er sich ja auch einfügen müssen in das, was in der Familie an Regeln einfach auch wichtig bleibt… Und von daher „müssen wir da alle durch“…
Bevor ich mit Samuel wieder nach Geesthacht fahre, freuen wir uns noch alle zusammen darüber, dass sich Samuels Grundschullehrerin bei uns gemeldet hat. Seit über einem Jahr ist Samuel nun ja schon an der IGS, aber auch seine ehemalige Lehrerin ist voller Anteilnahme für ihn. Das freut Samuel sichtlich 😉

An diesem Sonntag wird unsere große Katharina nun schon 13 Jahre alt! Whow! Und wo wir vor einigen Wochen noch froh gewesen wären, wenn wir diesen Tag zusammen mit Samuel in Geesthacht hätten verbringen können, freuen wir uns nun umso mehr, dass das alles bei uns zu Hause stattfinden kann! Frühmorgens will ich Samuel abholen… und verschlafe erst mal. Das ist ziemlich blöde, weil wir ja unseren Plan im Kopf hatten: um 10h wollen die Gäste kommen, wir wollen vorher noch ein bisschen was vorbereiten und davor noch genügend Zeit haben, um Geschenke auszupacken, zu singen usw.
Ich wollte eigentlich um 7h wieder in Winsen sein, mit Samuel. Stattdessen wache ich erst um halb sieben auf – um dann festzustellen, dass es draußen Eisregen gibt und sich die Fahrt natürlich auch noch dadurch weiter verzögert.
Tja, dumm gelaufen, aber ein typischer Fall von „is jetzt so“.
Ich beschreibe das so, weil das exemplarisch widergibt, was oft in den letzten Wochen passiert ist… John Lennon hat es mal so formuliert: „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen“.
Pläne machen ist das eine – aber es gelassen und entspannt anzugehen, wenn die Pläne nicht funktionieren, ist oft viel wichtiger.
Der Geburtstag ist schön. Die Hütte ist voll. Samuel hat für Katharina auch ein selbstgemachtes Geschenk: einen Minion, den er in der Ergotherapie selbst gesägt hat (Laubsäge-Minion) – die erste „aktive und zuende gebrachte Arbeit“ nach seinem Unfall. Vielleicht nicht künstlerisch das Allerbeste, was er jemals hervorgebracht hat – aber es hat einen unschätzbaren ideellen Wert.
Samuel ist „mittenmang“ dabei, zieht sich aber oft auch raus. Langweilt sich schnell, wenn er nicht „bespaßt“ wird – und fängt dann an, Charlotte zu triezen. Wir freuen uns, dass er nachmittags auch Leute findet, die mit ihm spielen und ihm so die Langeweile nehmen. Für uns ist es teilweise auch ein Spagat: wir wollen gerne mit unseren Gästen zusammensein, realisieren aber auch, dass wir dann bei ihm fehlen – obwohl er ja da ist. Tja, das ist eine dieser Zerreißproben, die es auszuhalten gilt. Aber unterm Strich bleibt die Dankbarkeit, dass er diesen Tag mit uns begeht, trotz aller Einschränkungen, die momentan noch vorhanden sind.

Als ich ihn zurück bringe, wird mir deutlich, dass dieses Wochenende für ihn nicht sehr erholsam gewesen sein muss… Aber darüber wird in den kommenden Tagen noch nachzudenken sein…

Montags ist mein „home-office“-Tag, was in dieser Zeit ganz praktisch ist. So kann ich nach getaner Arbeit noch zu ihm fahren und ein bisschen Zeit mit ihm verbringen. Heute ist wieder Fußball angesagt – und Woche für Woche läuft es besser. Vor dem Gute-Nacht-Sagen gibt es noch einen kurzen Small-talk mit einer Mitarbeiterin aus Geesthacht, die unter anderem nun für Samuel zuständig ist. Sie kommt aus Stelle und ist eine ehemalige Kindergottesdienst-Mitarbeiterin, die Samuel schon im KiGo kennenlernen konnte. Die Welt ist klein 🙂
Während ich bei Samuel bin, ist meine Frau mit allen Mädchen los, um Katharinas großes Geburtstagsgeschenk einzulösen: ein FAHRRAD! Nach dem Unfall ist uns allen, auch ihr, ganz wichtig, ein verkehrssicheres und einfach gutes Fahrrad zu haben und – na klar: niemals (!) ohne Helm unterwegs zu sein!

…morgen werden wir erfahren, dass es nach der Rücknahme der Rücknahme der Erlaubnis, am Wochenende nach Hause zu fahren, wieder mal eine Rücknahme davon gibt…
Aber davon beim nächsten Blog-Beitrag mehr…

 

Die Zeit fürs Blogschreiben wird immer knapper (29.11.-1.12.2017)

Eigentlich sollte dieser Blog-Eintrag schon seit Freitag Abend (oder Samstag vormittag) stehen. Aber ich merke: jetzt ist Adventszeit, dazu kommt die Tatsache, dass ich seit dem 1.12. wieder arbeite – und zu guter Letzt ist unser Sohnemann nun ja auch am Wochenende zuhause, was aber nicht unbedingt mehr Zeit fürs „in Ruhe Blog-Schreiben“ bedeutet.
Möglicherweise wird es in den nächsten Wochen immer mal „leicht verspätete Berichte“ geben. Ich merke, dass ich da selbst in einem kleinen Zwiespalt stecke… einerseits schreibe ich diesen Blog ja nicht, um irgendwelche Erwartungen zu erfüllen oder es irgendjemandem recht zu machen (auch wenn mich natürlich freut, dass sich viele sehr gerne diesen Blog durchlesen; dass sich manche an der Art und Weise meines Schreibens erfreuen; dass etliche das Beschriebene auch als Grundlage für ihr Gebet nehmen). Aber andererseits WILL ich diesen Blog auch schreiben, um es vor allem für Samuel später leichter zu machen, diese Zeit, die immer ein bisschen im Dunkeln für ihn bleiben wird, zu erinnern und nachvollziehen zu können, was geschehen ist.
Nun denn… genug des Vorworts.
Das Gute am „verzögerten Schreiben“ in dieser Phase ist, dass ja gar nicht mehr täglich so viel passiert, dass man wirklich mega in der Entwicklung hinterher hinkt, wenn man mal ein paar Tage nix hört. Das ist das Gute – aber gleichzeitig auch das Schwierige, weil es uns in der Realität dessen, wie es mit Samuel vorangeht, immer mehr Geduld abverlangt. Die Fortschritte werden immer langsamer, da das, was nun noch wiederhergestellt werden muss, die Prozesse im Gehirn sind, die am langwierigsten sind und einfach nicht Tag für Tag oder Woche für Woche große Erfolgserlebnisse bringen. Und Geduld zu haben ist nicht einfach.
Gestern kam mir der Vergleich aus meiner Freizeitjoggerei… ich habe längere Zeit wirklich täglich Zeit fürs Laufen investiert und bin eine Zeit lang auch mal regelmäßig 8-12km gelaufen. Damit ist es jetzt leider seit längerem vorbei… mein innerer Schweinehund bewacht den Raum, in dem meine Laufklamotten sich befinden, sehr gut… Aber darauf wollte ich gar nicht hinaus…: ich stelle mir vor, wie ich nach längerem Nicht-Laufen und aus-der-Übung-sein mir in den Kopf setze, plötzlich 14km zu laufen. Schon das ist sehr anspruchsvoll und nahezu unrealistisch… Und ich fühle mich manchmal, als wäre ich kurz vor dem Ende der 14km, hab im Prinzip kaum noch Reserven – und in den letzten Minuten bzw. auf den vergangenen 1-2km deutet sich an, dass sich die Strecke verlängert: es werden nicht 14, sondern 42km. Ein Marathon. Das hab ich noch nie gemacht. Und ich bin doch jetzt schon alle… Aber es muss ja weitergehen. Und irgendwie werde ich, werden wir die 42km packen. Ja, so fühle ich mich manchmal.
Gut, dass es Weggefährten gibt, die so etwas zu „riechen“ scheinen. So habe ich vor einigen Tagen auf Facebook als Reaktion auf einen meiner Blog-Einträge einen Text von Jürgen Werth gepostet bekommen, der mich so berührt hat, dass ich ihn hier gerne auch noch mal einstellen möchte:

Weit, dieser Weg ist weit.

Du siehst nur Steine, Staub und Sand.

Zeit, dieser Weg braucht Zeit.

Du fragst: Reicht wohl der Proviant?

Schwer der Kopf, schwer der Schritt.

Nachts träumst du dich heimlich nach Haus.

Schwer das Herz, schwer der Blick.

Warst nie hier und kennst dich nicht aus.

 

Endlose Tage, mühsame Tage,

ängstliche Fragen: Wo gehst du hin?

Fremde Gesichter, leere Gesichter.

Keiner erkennt dich. Gehörst du hierhin?

 

Weit, dieser Weg ist weit.

Das Ziel liegt hinterm Horizont.

Zeit, dieser Weg braucht Zeit.

Du ahnst jedoch, daß er sich lohnt.

Weites Land, neues Land.

Nur durch Staub und Sand kommst du hin.

Weitergehn, weitersehn.

Ziele geben Wegen den Sinn.

 

Holprige Wege, stolprige Wege.

Bleiben wär leichter, doch dann ändert sich nichts.

Einsame Straßen, zweisame Straßen,

unter den Füßen verwandeln sie dich.

 

Weit, mancher Weg ist weit.

Doch nie gehst du ihn ganz allein allein.

Zeit, mancher Weg braucht Zeit.

Doch Gott wird dein Gefährte sein.

Liebe trägt jeden Schritt.

Du lernst laufen, leben, vertraun.

Jeden Schritt geht er mit.

Und führt dich vom Glauben zum Schaun.

Ja, Jürgen, da hast du etwas Gutes und Treffendes beschrieben. Vielen Dank dafür! 🙂

Was passiert ist in diesen Tagen von Mittwoch bis Freitag? Ach ja… ein paar Dinge möchte ich auch noch skizzieren…
Am Mittwoch habe ich mich intensiv unserer großen Tochter gewidmet. Für Mathe lernen (ist für mich als altem Mathe-LK’ler immer ein Genuss, für meine Tochter weniger) und Einladungen am PC für ihre Geburtstagsparty gestalten. Mein Kind wird 13!… Whow. Plötzlich Teenie. Aber dazu mehr im nächsten Blog. Während wir uns diesen Dingen widmen, geht Samuel mit Mama shoppen: neue Schuhe müssen her! Der Nachmittag in Geesthacht vergeht so wie im Flug.
Was seine Entwicklung betrifft, so ist es wie oben beschrieben, eben manchmal auch mühsam: Fortschritte? Es fühlt sich eher wie Stagnation an. Es sind immer wieder dieselben Punkte, an denen ich mich über ihn wundere. Langsam ist es auch nicht mehr „lustig“, „süß“ oder „niedlich“. Es wirkt befremdlich… dass er kaum etwas behalten kann von dem, was ihm erzählt wird; dass er oft sinnentleerte Fragen stellt oder zumindest Fragen auf Kleinkind-Niveau, wo ich denke „HÄ? Wieso fragst du das jetzt?“ („Papa, wozu gibt es eigentlich Autos?“), dass es wenig „AKTION“ in seinem Handeln gibt, sondern viel Reaktion – und die eben auch oft nicht adäquat oder eben auch verzögert… Ich will mich festhalten an der Aussage, dass es eben Geduld erfordert, dass es lange dauert und dass er durchaus in der Lage sein wird, wieder schulfähig zu sein… aber es fällt oft so schwer…
Andererseits geht es mir auch immer noch oft so, dass ich staune, über welche Dinge ich mich jetzt schon aufregen DARF. Und das will ich mir dann eben auch immer in Erinnerung rufen! BIS HIERHER HAT DER HERR GEHOLFEN! Er wird es auch weiterhin tun!
Am Abend fahre ich noch zum gute Nacht sagen zu ihm und lasse mir noch erzählen, dass er an diesem Tag Schwimm-Therapie hatte, was er sehr genossen hat. Normalerweise ist das nicht „drin“, aber es gibt ja manchmal auch Ausnahmen. Wie schön 🙂
Der Donnerstag zog so ins Land, ohne weitere bemerkenswerte Erlebnisse.

Am Freitag hatte ich nun meinen ersten Arbeitstag. Freitags bin ich häufig als „Kita-Preacher“ on tour und gestalte kurze Andachten für Kinder in der Krippe (!) und in der Kita. Das war für den Anfang nach so vielen Wochen auch eine dankbare Aufgabe. Hab ich wirklich sehr gerne gemacht.
Nachmittags hatten wir dann einen kleinen „Schocker“ zu verarbeiten: eigentlich war unser Plan, dass Yvonne Samuel so gegen 14h abholt und mit nach Hause nimmt, denn Freitags nachmittags passiert eh nix mehr auf Station bzw. es gibt auch keine Therapien mehr. Und da er ja schon am vorigen Wochenende nach Hause durfte und auch an diesem Wochenende mit sollte, dachten wir: der Nachmittag geht bestimmt auch schon. Das würde für uns einiges erleichtern, da ja auch noch die drei Mädchen irgendwie zu beaufsichtigen wären…
Tja, kaum in der Klinik angekommen, wurde Samuel auch schon „abreisefertig“ gemacht und es kam noch zur vermeintlichen Verabschiedungssituation am Tresen. Dort wurde meiner Frau dann aber mitgeteilt, dass Samuel auf gar keinen Fall mit nach Hause dürfte. Dass er am vergangenen WE mit war, sei ein Versehen gewesen, für das man sich entschuldigen möchte… – er dürfe erst Weihnachten wieder tagsüber nach Hause und vorher als absolute Ausnahmegenehmigung am Sonntag, wenn seine Schwester Geburtstag hat. Aber sonst nicht mehr…
Boah. Das war ein Hammer! Für Samuel, weil er sich ja schon auf Zuhause gefreut hatte. Für seine Geschwister aus dem gleichen Grund. Und auch für uns Eltern – zum einen aus demselben Grund und zum anderen, weil es dann doch wieder heißt, sich logistisch einiges mehr zu überlegen, wenn er tagsüber am Wochenende, wo nix läuft, doch in Geesthacht von uns betreut werden muss… Und eine richtige Begründung gab es auch nicht… Irgendwas von wegen versicherungstechnisch blabla. Innerhalb Geesthachts ja, aber eben nicht nach Hause. WHAT?!?…
Tja, so verbrachte erst Yvonne ziemlich bedröppelt – und dann später ich, nicht weniger bedröppelt, die Zeit bei unserem Sohn. Ich sagte ihm „gute Nacht“ und versprach ihm, dass wir am nächsten Tag auf jeden Fall die ganze Zeit bei ihm sein würden. Wie auch immer…
Tja, der Tag war nicht schön. Und die Nacht auch nicht wirklich… wir zerbrachen uns den Kopf darüber, warum er durfte und jetzt wieder nicht…
Blöde.
Im nächsten Blog dann der Bericht über ein Wochenende, das wider aller Erwartungen doch zu Hause stattfand… 😉

EwigkeitsMONTAG und die Tage drumherum… (26.-28.11.2017)

An diesem Ewigkeitssonntag haben wir unseren Sohnemann erneut zu Hause. Nachdem Yvonne den Samstag über „unpässlich“ war, hatten wir uns eigentlich auf einen schönen, ruhigen, gemeinsamen Sonntag gefreut. Wir hatten auch kurz erwogen, gemeinsam mit Samuel in den Gottesdienst zu gehen (er meinte: „wenn da doch so viele für mich gebetet haben, ist es doch schön, da zu sein“), aber am Ewigkeitssonntag sind die Gottesdienste in der Regel nicht so „familiengeeignet“ und darüber hinaus dachten wir auch, dass es evtl. etwas viel „Menschenauflauf“ für Samuel sein könnte… auch wohl viele Leute, die ihn hinterher ansprechen – und er ist ohnehin nicht so der Typ, der gerne viel von sich erzählt… Also vertagen wir die Idee.
Die Idee eines gemeinsamen Sonntages müssen wir dann auch leider ziemlich schnell vertagen: Yvonne bekam einen Anruf, dass ihre Großmutter möglicherweise ihre letzten Atemzüge macht… Sie ist 87 und schon einige Zeit sehr pflegebedürftig, kurzum: es war irgendwie irgendwann abzusehen… Aber wenn es dann soweit ist, kommt es ja doch plötzlich, unerwartet und wühlt einfach sehr auf… Naja, Yvonne entschied sich, zu ihr zu fahren und sich von ihr zu verabschieden…
So blieb ich mit den 3 Kindern alleine (Elisabeth fährt ja mit ihren 8 Monaten immer mit Mama mit). Und wir machten das Beste aus dem Tag! Samuel genoss es, mal wieder in der Badewanne zu plantschen und ansonsten, ausgiebig und völlig stressfrei mit seinen beiden Schwestern zu spielen. Mal mit der jüngeren, mal mit der älteren, mal mit beiden. Herrlich. Und ich hatte zwischendurch sogar mal Zeit, um ganz in Ruhe in der Wochenend-Ausgabe des Abendblatts zu schmökern. Herrlich! Und wieder dachte ich: vor ein paar Wochen hätte ich mir niemals (!!) träumen lassen, dass wir jetzt schon so viel Normalität erleben können, wie wir es gerade tun.
Nachmittags haben wir dann noch ein bisschen im Garten gespielt, und anschließend den warmen Kaminofen in der guten Stube genossen, zusammen mit Kakao und Keksen. Außerdem hatte ich mir in den Kopf gesetzt, dass es heute ein Sonntagsessen geben soll.. und pünktlich um 18h stand das von Papa selbstgekochte Menu auf dem Tisch. Ich war fast ein bisschen stolz auf mich.
Danach ging es dann zurück nach Geesthacht. Samuel war anfangs etwas traurig darüber, aber mit den zurückgelegten Kilometern verflog auch die Traurigkeit und mit einem Gute-Nacht-Lied und Gebet konnten wir uns dann bis zum nächsten Tag verabschieden.
Von verflogener Traurigkeit konnte bei Yvonne leider keine Rede sein… Es ist wohl immer eine schwer zu beschreibende Traurigkeit, die einen erfasst, wenn man sich von einem geliebten Menschen verabschiedet – in dem Wissen: es KÖNNTE höchstwahrscheinlich die letzte Begegnung zu Lebzeiten gewesen sein – und dennoch… man weiß es einfach nicht, wie lange sich diese Phase vor dem endgültigen Sterben noch hinzieht… – Mit diesem Gefühl ging es in die Nacht – und mit der Ahnung, dass es jeden Moment die eine endgültige Nachricht geben könnte…

An diesem Montag beginnt für Samuel wieder „der Ernst des Lebens“ mit Namen Schule! 😉 Ja, so ist es: auch in  Geesthacht sitzen Lehrer, die sich freuen, wenn solche Jungs wie unser Sohn wieder geistig soweit fit sind, dass man sie mit Aufgaben aus der Mathematik, der deutschen und der englischen Sprache herausfordern kann. Natürlich am Anfang nur leicht dosiert – aber Tag für Tag steigernd. Am Anfang noch in Einzelunterricht und dann irgendwann, wenn die Auffassungsgabe, die Konzentrationsfähigkeit und die Ausdauer so weit sind, geht es auch in Gruppenarbeit weiter. An diesem Montag stand auch erst mal ein Gespräch mit dem Lehrer an, in dem ich darstellen musste/durfte, welche „schulischen Herausforderungen“ Samuel besonders mag – bzw. an welcher Stelle bisher unser Sohn für die Schule bzw. für die Lehrer auch eine Herausforderung gewesen ist…
Ansonsten verlief dieser Montag für Samuel verhältnismäßig unspektakulär… Ach ja: am Nachmittag ging es wieder in den Bewegungsraum und es wurde eineinhalb Stunden Fußball gespielt, getobt usw. Das tut ihm, bei aller Bewegungseinschränkung, wirklich sehr gut.
Und dann… war dieser Montag tatsächlich ein „Ewigkeitsmontag“, also der Tag, an dem die Oma von Yvonne ihren letzten Atemzug tat und von diesem irdischen Leben ins ewige Leben ging. Ja, sie war alt und: ja, in letzter Zeit war der Kontakt nicht mehr so intensiv… aber dennoch: dieser Abschied in genau dieser Zeit, wo Yvonne ohnehin nicht mit „Extra-Power“ ausgestattet ist, sondern ohnehin viel „schultern“ muss, hat sie schon umgehauen. Für sie war dann auch recht schnell klar, dass sie am nächsten Tag, am Dienstag also, auf jeden Fall mit ihren Schwestern zusammen zu dem Altenheim würde fahren wollen, um dort das Zimmer der Oma aufzulösen. Das hilft beim Abschied-nehmen: sowohl das Zusammensein mit den eigenen Schwestern als auch das liebevolle Erinnern anhand von Gegenständen, die etwas über gemeinsam erlebte Zeiten oder einfach auch über die Art der Oma erzählen können…

An diesem Dienstag also hatte ich einen „Fulltime-Samuel-Dienstag“ und fuhr schon früh nach Geesthacht. Unsere Große (Katharina) hatte leider schon seit Montag mit Magen-Darm zu kämpfen, so dass sie nicht zur Schule konnte… glücklicherweise hatten wir Unterstützung… also jemanden, der bei Katharina bleiben konnte… Das ist in solchen Momenten ja schon eine Herausforderung – und ich bin sehr gespannt, wie wir solchen Herausforderungen ab der kommenden Woche begegnen, wenn ich wieder arbeiten muss. Zumal der Advent ja innerhalb einer Gemeinde noch so das eine oder andere „Extra“ bereithält… Aber auch solche Zeiten gehen vorüber… Na, jedenfalls kann ich in diesem Jahr so gar nicht behaupten, mich auf die Adventszeit zu freuen. Es ist ohnehin immer eher eine gehetzte Zeit – und in diesem Jahr hab ich überhaupt noch nicht mal den Hauch einer Erwartung daran, dass es „besinnliche“ Momente geben könnte. Aber wer weiß… vielleicht werde ich ja positiv überrascht…?!?
Zurück zum Tag: Es steht die – einmal wöchentlich stattfindende – große Visite an und da sich bei uns ein paar Fragen angesammelt haben, nehme ich diesen Termin auch gerne wahr…
Z.B. wurde uns erklärt, dass es verschiedene Phasen gibt – und in der „Akut-Phase“ in der sich Samuel befindet, ist es noch nicht erlaubt, über Nacht zuhause zu sein (am Wochenende). Würden wir das anstreben wollen, müsste er in die nächste Phase eingestuft werden… das hätte aber z.B. auch zur Folge, dass es keine Einzeltherapien mehr gibt, sondern nur noch Gruppentherapien. Und das ist momentan noch nicht das Beste für ihn – oder anders formuliert: so lange man ihm intensive Einzeltherapien zugute kommen lassen kann, sollte man das auch nutzen, weil er da unterm Strich länger etwas von hat, als wenn er frühzeitiger mal über Nacht zuhause bleiben darf.
Was soll’s?! Steht Papa halt weiterhin Samstag und Sonntag so gegen 5.40h auf. Kein Ding 😉
Ich will jetzt hier auch nicht alles aus der Visite wiedergeben. Nur vielleicht noch, dass uns gesagt wurde, dass es wohl im Januar größere Testungen geben wird, die dann auch Aufschluss über die noch benötigte restliche Zeit geben wird. Vor Ende Januar ist keinesfalls mit einer kompletten Rückkehr nach Hause zu rechnen. Das war uns irgendwie auch schon vorher klar, aber so ein kleines bisschen Rest-Illusion hatte ich mir BIS ZU DIESEM MOMENT bewahrt, bewahren wollen. Naja, was soll’s… die paar Wochen mehr oder weniger schaffen wir auch noch!!!
Am Nachmittag haben wir kurzerhand noch einen Kurzausflug nach Hause gemacht! Yvonne war inzwischen wieder zurück in Winsen – und wenn Mama schon nicht nach Geesthacht kommen kann, kommt der Sohn halt zur Mama. Die Freude war auf beiden Seiten riesengroß. Es waren zwar nur eineinhalb Stunden – aber besser als nix, fanden wir alle!
Eine Nachbarin, die das alles auch sehr mitgenommen hat, wurde kurzfristig zu uns nach Hause „beordert“ und durfte einfach auch „Bauklötze staunen“ – in diesem weit fortgeschrittenen Zustand hätte sie Samuel nie und nimmer erwartet!
Zurück in Geesthacht ging es nach diesem insgesamt dann ja doch auch wieder vollen Tag schnellstens ins Bett, wobei: seit heute gibt es einen neuen Zimmernachbarn! Im Nachbarzimmer campiert seit heute der Junge, der schon mit Samuel vorher zusammen auf einem Zimmer war – sowohl im UKE als auch auf der ersten Station in Geesthacht. Nun haben die beiden sich wieder und können sich gegenseitig beim „Fortschritte machen“ anfeuern 😉

der erste „erlaubte Zuhause-Tag“ rückt näher (23.-25.11.2017)

Dieser Blog ist ein bis eineinhalb Tage später da, als ich mir das eigentlich vorgenommen hatte… was schlicht und einfach daran liegt, dass das Wochenende mega-voll war, da „unser Sammy“ endlich mal wieder zu Hause sein durfte. Da es auch sonst einige Unwägbarkeiten gab, die die volle Aufmerksamkeit erforderten, blieb keine Zeit für Blog-Schreiben (noch nicht mal für das aufmerksame Mitverfolgen eines erfreulichen 3:0 Heimsiegs meines HSV, und das will schon was heißen…).
Aber wie immer: alles der Reihe nach:

Donnerstag und Freitag waren noch relativ normale Tage auf der neuen Station. Über den Donnerstag weiß ich gar nicht so viel Außergewöhnliches zu berichten. Wie schon an anderer Stelle geschrieben: die Tage gleichen sich ja irgendwann doch ziemlich… vormittags Therapien, nachmittags freie Zeit für Besuche o.ä. Am Donnerstag sind wir nachmittags gemeinsam einkaufen gewesen! Yvonne wollte aus Geesthacht zurück nach Hause und eh noch einkaufen – und ich hatte mit Samuel nichts besonderes vor, also sind wir kurzerhand alle gemeinsam zum Supermarkt gedüst. Samuel fuhr mit seinem Rolli durch die Gänge und konnte sich diverse Köstlichkeiten aussuchen, das war eine sichtliche Freude für ihn!
Ansonsten gibt es von diesem Donnerstag eigentlich nur noch zu berichten, dass Samuel mich mit der Aussage überrascht hat: „Ich habe drei Wochen geschlafen, weil ich einen Unfall hatte, nicht wahr, Papa?!?“… – whow, mein Sohn, denke ich: die Gedächtnisleistung scheint spürbar zuzunehmen. Es gibt auch immer noch und anhaltend „Gegenbeispiele“ dafür, also vieles, was nach kurzer Zeit doch noch weg ist oder erst nach intensivem Nachdenken wieder abrufbar, aber es sind erkennbar Schritte in die richtige Richtung!

Am Freitag vormittag hatten wir zunächst ein „theologisches Gespräch“ per Whatsapp. Yvonne hatte Samuel die Geschichte vorgelesen, wo ein Blinder von Jesus dadurch geheilt wurde, dass er ihm einen Brei aus Spucke und Sand auf die Augen strich – und  bei Samuel kam die Frage auf, wie das denn sein kann, dass man durch so etwas ekliges (…) gesund werden kann bzw. wie Jesus überhaupt in der Lage ist, (so) zu heilen – und ob es der Brei war, der gesund gemacht hat oder der Glaube des Blinden. Diese Frage gab’s per Sprachnachricht (von Yvonne formuliert, aber nun denn). Daraufhin versuchte ich Samuel zu erklären, dass Gott bis heute viele Möglichkeiten hat, zu helfen und zu heilen – und dass der Glaube der Menschen immer auch eine große Rolle spielt. Mal ist es der eigene Glaube und mal ist es der „stellvertretende Glaube“ anderer… So hab ich ihm gesagt, dass in der Zeit, als er so krank war, auch viele Menschen für ihn gebetet haben und FÜR SAMUEL GEGLAUBT haben, dass Gott hilft. Und Gott half und heilte und tut es immer noch! Ich weiß nicht, ob das alles bei ihm so ankam, was ich versucht hatte, zu erklären – aber ein bisschen wohl schon. Ich freue mich so, dass solche (und auch ganz andere) Gespräche wieder möglich sind. Vor ein paar Wochen hätte ich nicht geglaubt, dass das jetzt alles schon wieder so geht!
Stichwort Kurzzeitgedächtnis: als ich mittags zu ihm komme, sagt er: „Ich habe Hunger! Ich hatte nur Frühstück“ Auf mein erstauntes Nachfragen, ob es kein Mittagessen gab, sagte er: „Nein, ganz bestimmt nicht“. Später erfuhr ich dann aus verschiedenen Quellen, dass es sehr wohl  Mittagessen gab. Das sind die Momente, in denen deutlich wird, dass er eben noch nicht wieder der Alte ist und dass es noch ein gutes Stückchen braucht, um wieder „alltagstauglich“ zu sein…
Nichtsdestotrotz stellen Yvonne und ich uns an diesem Tag zum ersten Mal die Frage, warum unser Sohn eigentlich noch dauerhaft dort in Geesthacht sein muss… bei insgesamt nur 2h Therapie täglich von Mo.-Fr. dort den ganzen Tag sein zu müssen und auch jede Nacht… Ich frag mich dann schon, ob so was nicht auch demnächst (…) ambulant geht bzw. was eigentlich dagegen spräche, ihn morgens hinzubringen, wenn die Therapien beginnen und ihn am frühen Nachmittag wieder abzuholen, wenn eh nix mehr läuft… Die „Forderung“ und „Förderung“, die er durch den Alltag mit seinen Geschwistern zu Hause hätte, wäre sicherlich in der restlichen Zeit höher. Er geht mittlerweile eigenständig zur Toilette, isst selbstständig, kann sich verständigen… Da ist es schon hart, ihn abends immer zurück zu lassen bzw. sich „irgendwas einfallen zu lassen“, damit der Nachmittag für ihn irgendwie nicht langweilig wird… Naja, am kommenden Dienstag ist eine große Visite mit vielen Ärzten und Therapeuten, da werden wir diese Frage bestimmt mal so oder ähnlich stellen… (und wieder: dass wir überhaupt an diesem Punkt sind – und JETZT schon an diesem Punkt sind – macht uns dankbar und froh!)
An diesem Nachmittag bekommt Samuel noch Besuch von einem Freund aus Winsen. Bonuspunkt an diesem Besuch ist, dass ihm von der großen Schwester seines Freundes ein selbstgemachter Adventskalender überreicht wird – wir sind sehr froh über so viel „liebevolle Zuwendung“.
Nach diesem Besuch sage ich ihm gute Nacht und „Du musst jetzt schnell einschlafen, denn morgen früh komme ich und hole dich ganz früh schon hier ab“… Ab jetzt darf Samuel auf jeden Fall am Wochenende tagsüber bei uns sein – und demnächst auch über Nacht von Sa./So. – und einmal im Monat für ein langes Wochenende. Aber für dieses Mal erstmal tagsüber – und darauf freuen wir uns alle schon riesig.
Am Samstag stehe ich gegen 20vor6 auf und bin um ca. 20nach6 an seinem Bett in Geesthacht. Er ist schon wach und kann es kaum erwarten. Ich habe mir zuhause einfach eine Hose über den Schlafanzug gestreift und eine Jacke drüber gezogen – und er macht es nun ganz genau so. Auf dem Weg fischen wir noch Brötchen vom Bäcker ab und schleichen uns dann kurz vor 7h ganz leise hoch, wo alle „Heinselmädchen“ noch schlafen. Also krabbeln wir in unseren Schlafanzügen wieder ins Bett. Samuel geht kurz in unser Bett und als dann Katharina mitbekommt, dass er da ist, verziehen sich beide in ihr Zimmer und schnattern und lachen und gackern wie in besten Zeiten! Uns geht das Herz auf!
Wobei… Yvonne muss sich am Freitag irgendwas eingefangen haben und kommt an diesem Tag nicht richtig auf die Beine. Wenn, dann nur, um den Weg zum Bad anzutreten (alle weiteren Infos entfallen an dieser Stelle). Das heißt: den ersten Zuhause-Tag unseres Sohnes bekommt sie leider nicht wirklich mit. Schade, aber so ist es nun mal…
Dann wird irgendwann gemeinsam gefrühstückt. Ja, ohne Mama 🙁 Aber alle Kinder und Papa knuspern und krümeln, was das Zeug hält. Ein Nutella-beschmiertes Frühstücksbrettchen unseres Sohnes… es gibt keinen schöneren Blickfang, der aufnimmt, wie glückselig Alltagsmomente sein können!!!
Nach dem Frühstück plätschert die Zeit so dahin… es wird ein bisschen KiKa geguckt, ein bisschen gespielt (mal mit Charlotte, mal mit Katharina) – und irgendwann gibt es zum ersten Mal seit langem wieder Papas heißgeliebte Pfannkuchen. Auch wieder mit Nutella. Etwas viel Nutella an diesem Tag für meinen Geschmack – und unter alltagstauglichen Erzieheraspekten wäre das so auch nicht drin gewesen. Aber heute… „GESCHENKT!“
Danach kommen Oma und Opa vorbei. Eine Nachbarin schaut zwischendurch kurz rein, sieht Samuel und hat sofort Tränen der Freude in den Augen. Am späten Nachmittag kommt noch ein Freund von Samuel vorbei und überreicht ihm einen Brief (selbst erdacht und der Mama diktiert, damit sie es in leserliche Form bringen kann).
„Alle schönen Dinge müssen enden“, singt der von uns hochgeschätzte Reinhard Mey in seinem Lied „So viele Sommer“… ja, das ist wehmütig. Und so wehmütig ist uns auch am Ende dieses Tages. Kurz überlege ich, unseren Sohnemann einfach zu Hause zu lassen… Aber nein, wir sind ja pflichtbewusst – und wir wissen eben auch, dass der nächste Morgen naht. Ich werde wieder um 6.15h an seinem Bett stehen und ihn „entführen“. Ich bin kein Morgenmensch, absolut nicht. Aber dafür stehe ich unheimlich gerne schon vor 6h auf! Gute Nacht, mein Sohn – bis morgen! Es war wundervoll, dich wieder „mittenmang“ dabei gehabt zu haben – und so, wie die Dinge laufen, bin ich zuversichtlich, dass es auch BALD (…) wieder so sein wird, dass er bei uns schlafen kann. Erst eine Nacht, dann zwei  Nächte und dann… BALD wieder ganz.
🙂

Die ersten Tage auf der neuen Station – von wegen „keine neuen Quantensprünge“ (20.-22.11.2017)

An diesem Montag soll also nach knapp 5 Wochen (whow, so lange sind wir nun schon hier in Geesthacht) die nächste „Stufe“ erklommen werden: der Umzug auf die neue Station, die „Station A“ steht an. Hier wird einiges anders sein, das merken wir schon in den ersten Tagen. Doch der Reihe nach:
Am frühen Vormittag sind noch ein paar Therapie-Einheiten auf der bisherigen Station, während die Klamotten und persönlichen Habseligkeiten bereits auf das neue Zimmer rüber gewandert sind. Nach diesen Einheiten geht es aber nicht etwa auf die neue Station, sondern auf „große Fahrt nach Winsen“! Denn: ein Augenarzt-Termin steht an. Innerhalb der nächsten Tage wäre ohnehin ein Termin bei der „ihm vertrauten Augenärztin“ in Winsen gewesen – und so wurde das einfach vorverlegt. Mit „Rolli-Taxi“ ging es dann also an diesem kalten und verregneten Tag, zusammen mit Mama und der kleinsten Schwester los in Richtung „Zuhause“. Wie das bei Arztterminen oft so ist, war auch hier Warten angesagt – oder besser: das Taxi war extremst zu früh vor Ort… Naja, umso besser: ein kurzer, leckerer Zwischenstop beim Bäcker konnte diese Zeit im wahrsten Sinne des Wortes versüßen!
Der Augenarzt-Termin hat dann ergeben, dass es bei Samuel „partielles Doppelbilder-Sehen“ gibt, was sich aber nicht weiter therapieren lässt im Moment – und sehr häufig ist es so, dass sich das einfach so im Laufe der Zeit zurück bildet. Also abwarten… das kennen wir ja schon!
Da der Termin relativ schnell rum war und das Taxi noch nicht wieder vor Ort, gab es noch die Gelegenheit, bei dem „Friseur des Vertrauens“ einen Zwischenstop einzulegen – nach vielen Wochen Krankenhaus war auch das ein Termin, der ein bisschen mehr Lebensqualität bedeutet hat.
So ein Ausflug ist anstrengend – und so bekam ich einen recht müden Sohn wieder mit auf den Weg nach Geesthacht: den Nachmittag hatten wir dann wieder gemeinsam. Während der Autofahrt hatten wir ein paar kurze Gesprächsfetzen, bei denen ich merken konnte, dass es mit dem Kurzzeit-Gedächtnis zwar schon ein ganz klitzekleines bisschen besser war als an den Tagen vorher, aber dennoch waren viele Lücken da und auch immer noch viel „wiederholtes Erzählen“ bzw. „wiederholtes Fragen“. Ungefähr alle 10min. musste er mir zeigen, dass er mit dem Rolli kippelnd fahren kann… als zeigte er mir das zum ersten Mal. Aber naja… nur Geduld…
Die Station A unterscheidet sich in vielem von dem, was in den letzten Wochen „Maß der Dinge“ war… Zum einen hat Samuel nun ein richtiges Einzelzimmer mit einem richtigen Bad mit einer RICHTIGEN DUSCHE! Nix mehr: mit Pflegern irgendwo hingefahren werden und dort dann im Liegen duschen. Jetzt darf wieder so geduscht werden wie immer. Die Tagesstruktur ähnelt der eines Schultags: morgens sind überwiegend „therapeutische Anwendungen“ (und davon auch viele, so dass der Vormittag voll ist) und der Nachmittag ist dann verhältnismäßig frei (mehr dazu gleich). Darüber hinaus ist es so, dass die Kinder der Station gemeinsam essen… Frühstück, Mittag, Abendbrot jeweils eine Stunde gemeinsam. Es gibt einen Spieleraum auf Station, wo sich die Kinder, wenn sie Lust haben, zwischendurch treffen können und auch sonst düsen die Kinder viel auf dem Stationsflur hin und her und vertreiben sich die Zeit. Der Betreuungsschlüssel ist nicht mehr so hoch wie vorher – dafür gibt es aber z.B. auch Erzieherinnen, die sich, je nach Bedarf, mit den Kindern beschäftigen. Für uns Eltern bedeutet das alles: im Grunde ist man vormittags beinahe überflüssig.
An diesem Nachmittag dann gab es DAS EREIGNIS SCHLECHTHIN für Samuel! Denn: auf der Station A gibt es nachmittags immer 1,5h gemeinsam gestaltete Zeit mit anderen Kindern der Station als ANGEBOT. Das ursprüngliche Angebot für diesen Tag wäre gewesen, rauszugehen – das wollte aber niemand bei dem Wetter so recht. Die Alternative hieß „Bewegungsraum“ – und das war für Samuel der Knaller, denn plötzlich rollten, kullerten und hüpften verschiedene Bälle durch den Raum… und was macht mein Sohn, der ja eigentlich bisher nur im Rolli saß bzw. mal ganz kurz aufstand, um ein paar Schritte wackelig zu gehen? Er stellt die Bremsen am Rolli fest und steht auf und… jagt einem Ball hinterher, um schlicht und einfach FUSSBALL zu spielen! Hammerhart! Da spielt mein Junge, der vor gut 8 Wochen beinahe ums Leben gekommen wäre, „einfach so“ wieder Fußball… ich hatte Tränen der Rührung in den Augen! Natürlich: alles noch wackelig und längst nicht in dem Tempo, wie er es sonst macht… aber es gelangen dennoch schon kleine Tricks, die ersten Tore wurden geschossen, die ersten Torwart-Übungen auf einer dicken Matte absolviert und somit auch das „gekonnte Fallen“ wieder hervorgeholt… Es war wirklich eine Augenweide und ein DANKE! GOTT!!! Moment!
Natürlich, danach war Samuel K.O.! Da ging nicht mehr viel an diesem Tag. Essen, Singen, Beten, gute Nacht!

An diesem Dienstag fällt uns vor allem auf, dass Samuels Kurzzeitgedächtnis einen Sprung nach vorne macht! Seit heute ist es kaum noch so, dass Samuel Dinge wiederholt nachfragt, die er eigentlich schon erzählt bekommen hat – und gleichzeitig knüpft er an Erlebnisse der vorigen Tage an oder auch (kleines Beispiel am Rande): wir machen einen kleinen Ausflug mit dem Auto, gehen kurz auf eine Parkbank, von dort wieder zurück ins Auto. Ich denk „Mensch, wir haben die Mütze auf der Bank liegen lassen“ und sage: „Au wei, wir müssen noch mal zurück…“ und Samuel ergänzt: „Die Mütze liegt da noch!“ – Eine Kleinigkeit, die mir aber so viel zeigt! Er ist wieder „in der Gegenwart präsent“, erinnert sich an kurz vorher Gesagtes oder Geschehenes. Ein Geschenk!
Das Nachmittagsangebot wäre gemeinsames Basteln gewesen – davon war Samuel noch nie ein Freund… Deshalb, wie gesagt, der Ausflug mit mir war dann die erste Wahl.
Am Abend wird dann zum ersten Mal seit diesen langen Wochen wieder ganz normal im Stehen geduscht. Natürlich auch hier noch mit meiner Unterstützung – aber es ist ihm anzumerken, wie sehr er das genießt, wieder „auf den Beinen zu sein/ zu duschen!“
Mir wird an diesem Tag noch mal bewusst, wie wenig gemeinsame Zeit nun insgesamt über den Tag verteilt übrig bleibt. Wir hatten bisher von 9-19h Zeit, unterbrochen durch ein paar therapeutische Anwendungen. Nun sind von diesen 10h ca. 2,5h Therapie, 1,5h Nachmittagsangebot, 3h Essen in Gruppen. Dann vielleicht noch eine Stunde Mittagspause… bleiben effektiv eigentlich nur zwei Stunden, die man miteinander erleben kann, bzw. die er Zeit für Besuche hat…
Auf der anderen Seite wird uns nun schon gesagt, dass es so ist, dass Patienten, bei denen der Unfall schon mindestens 8 Wochen zurückliegt, ein Anrecht auf „nach Hause fahren am Wochenende“ haben: einmal im Monat ein langes Wochenende und ansonsten aber zumindest von Samstag nachmittag bis Sonntag Abend. WHOW! Wie schön! Auch wieder ein Stück mehr Lebensqualität, Normalität, Zusammenbringen von seinem Alltag mit dem Familienalltag. Wir freuen uns sehr. Katharina, die große Schwester, hat demnächst auf einem Sonntag Geburtstag – und welch ein (unerwartetes) Geschenk erwartet uns alle damit, dass wir Samuel dann bei uns haben können 🙂

An diesem Mittwoch gibt es zum ersten Mal Besuch auf der neuen Station. Und dann gleich von seinem „Klassenlehrer-Duo“, das er so liebt. Die beiden bringen eine von der ganzen Klasse gestaltete Broschüre mit. Vorne drauf sind Fotos mit der gesamten Klasse – jeder Schüler und Lehrer hält einen Buchstaben hoch, alles zusammen ergibt „Wir denken an Dich, deine Knobler“ (Knobelklasse – so heißt das Klassenprofil).Und in dieser Broschüre ist dann jeder Buchstabe dieses Satzes von jeweils einem Mitschüler gestaltet. Da wurde gemalt und geschrieben und gegrüßt. Aufmunternde Worte ohne Ende. Am einprägsamsten fand ich wie jemand schrieb: „Gott, Jesus, der Heilige Geist und die Klasse 6d sind bei dir!“ – Na, dann kann ja nix mehr schief gehen, dachte ich, wenn hier die Trinität sogar erweitert wird J Es ist einfach schön, diese Verbundenheit zu spüren – na klar ist im Schulalltag nicht alles eitel Sonnenschein – und mit manchen, die hier eine wirklich liebevolle Seite gestaltet haben, kann Samuel sich „im Normalzustand“ auch gut zoffen… wie oft haben wir solche Erzählungen gehört… Aber wenn es „hart auf hart kommt“ ist halt doch Zusammenhalt da. Und ich hoffe einfach, dass sich das insgesamt „tief in seiner Seele verankert“, wie viel Grund es gibt, sich von anderen getragen, akzeptiert und gemocht zu wissen. Möge er davon noch seinen Enkeln erzählen…!
Es ist ein launiges Stündchen mit den Lehrern: es wird sich viel erzählt, Kuchen gegessen und gelacht und beim Verabschieden sagen mir die beiden noch, wie sehr sie darüber baff sind, in welch umfassenden Maße ihnen hier schon wieder ihr „altbekannter Samuel“ begegnet. Dem kann ich nur zustimmen.
Was mir an diesem Tag weiter auffällt, ist, wie sich seine Gedächtnisleistung weiter verbessert. Er macht den Weg vom Therapeutenflur zu seinem Zimmer eigenständig (er war wohl etwas früher mit der Therapie fertig – ich wollte gerade los, um ihn dort abzuholen, als er mir schon entgegenfährt…) Natürlich war mir da auch etwas mulmig zumute, dass er sich einfach so auf den Weg gemacht hat – andererseits hab ich mich gefreut wie Bolle, dass er das schon so packt. Daran wäre vor ein paar Tagen noch nicht zu denken gewesen.

Ja, die ersten Tage auf der neuen Station sind ein „voller Erfolg“ und zeigen, dass es immer noch immer weiter voran geht. Wir sind so froh und dankbar. Gott erhört Gebete! Das ist kein Automatismus, aber erlebte Gnade – nichts Verfügbares, aber doch ein Wissen, dass Gott Gebet erhört und handelt, hier und heute. Wir sind glücklich!

die Zeit der „Quantensprünge“ ist vorbei…

Ich „fürchte“, diesmal wird’s ein recht kurzer Blog. Es ist so, dass sich die Tage immer mehr gleichen und auch Erzählungen wie „Heute konnte er zum ersten Mal dies oder das“ werden weniger, denn…
Im Grunde ist er schon ziemlich weit und ziemlich stark wieder hergestellt. Okay, die Bewegungsabläufe müssen runder und sicherer werden, aber ansonsten…
Dafür können wir natürlich sehr dankbar sein! Und sind es auch 🙂
Aber die Zeit, die jetzt kommt, mit den Tagen, die sich immer mehr gleichen, wird möglicherweise auch quälend: keine großen Fortschritte mehr zu erleben, in manchen Bereichen vielleicht länger warten zu müssen und so den Eindruck zu haben, es stagniert und geht gar nicht mehr vorwärts… das kann schon frustig sein, für ihn wie für uns. Das Thema „Kurzzeitgedächtnis“ ist nach wie vor ein „leidiges Thema“… Auch in diesen drei Tagen ist da keine wirkliche Weiterentwicklung zu beobachten. Wir brauchen weiter Geduld, viel Geduld – und den Glauben, dass es sich noch verändert. Es soll tatsächlich Menschen geben, die mehr oder weniger ohne Kurzzeitgedächtnis ein Leben führen (müssen/können), aber eigentlich dürfen wir erwarten (O-Ton der Ärzte), dass sich das bei Samuel noch wieder normalisiert. Nur wann?!?…
Andererseits gibt es eben auch Anhaltspunkte dafür, dass es „funktioniert“… wenn ich mit ihm kleine „Merkspiele“ mache (Gegenstände auf den Tisch legen, einige wegnehmen und fragen: was fehlt… – das läuft einwandfrei!), oder auch andere Dinge des täglichen Lebens dort… aber andererseits frage ich ihn täglich nach dem Namen seines Bettnachbarn und er hat jedesmal Fragezeichen in den Augen… Wir sind aber auch davon überzeugt, dass es eine Art Schutzfunktion ist… Schutz vor Überforderung vielleicht… noch nicht zu viele Eindrücke auf einmal verarbeiten zu können… und dann wird halt was weggelassen, etwas vergessen…
Am Freitag endet die Zeit des „Nahrungsprotokolls“, was auch wieder ein guter und wichtiger Schritt zurück ist: Samuels Nahrungsaufnahme und auch „Nahrungsabgabe“ (…) funktioniert einwandfrei, so dass hierüber nix mehr aufgeschrieben werden muss. Das ist auch vor allem für uns eine Erleichterung.

Am Samstag habe ich Samuel gefragt, ob es etwas gibt, was er sich wünscht – und ihm fällt sofort Schokolade ein. Also fährt Papa zu Lidl und besorgt natürlich nicht nur Schokolade, sondern diverse Köstlichkeiten. Das gefällt ihm. Ansonsten sind wir an diesem Tag mal wieder für eine kleine Rundtour mit dem Auto unterwegs. Das sind Momente, die Samuel sehr gut tun, wo sich aber auch die oben beschriebene Überforderung gleich zeigt… er kriegt viele visuelle Eindrücke und wenn wir uns dann unterhalten oder ich ihn etwas frage, kann er das nicht mehr so abspeichern, dass er es wenig später wiedergeben kann. Das sind dann einfach noch zu viele Eindrücke auf mal…

Am Sonntag mache ich einen Kurzbesuch, da ich vormittags Charlotte habe und nachmittags noch eine Geburtstagseinladung (mein zweitjüngstes Patenkind wird 14 Jahre alt!), wo ich dann doch auch gerne mal hin möchte. Von daher habe ich ihn nur in der Mittagszeit. An diesem Tag wird sein Umzug auf die normale Kinderstation „angebahnt“, die ersten Sachen kommen schon rüber. An der Zimmertür ist ein Dino – und die Zahl 15. Beides, so hab ich ihm eingetrichtert, muss er sich unbedingt merken, denn es ist ja wichtig, dass er weiß, wo sein Zimmer ist. Ich mach regelmäßige Kontrollfragen, aber nach einiger Zeit weiß er es nicht mehr… Naja, wird schon…
Am Nachmittag ist seine Patentante da – das ist prima. So habe ich Zeit, zum Geburtstag zu fahren, während Yvonne mit den drei Mädchen auf einem anderen Geburtstag ist. Ab und an versuchen wir, auch „Extratermine“ möglich zu machen, auch wenn es oft schwierig ist, die Zeit in Geesthacht dann auch noch unterzukriegen…
Aber wir haben ja mittlerweile ein bisschen Übung darin – und die Aussicht, dass es auf der anderen Station ab morgen dann auch noch ein bisschen flexibler laufen kann…
Am Montag ist dann auch noch ein „begleiteter Ausflug“ nach Winsen geplant – Samuel muss zu einem Augenarzt, um abzuklären, ob er Schwierigkeiten mit „Doppelbildern“ hat bzw. ob mit dem Sehen alles okay ist… Wir sind gespannt, beten und hoffen – und ich werde dann demnächst hier berichten.
Das war es diesmal mit dem Blog! Ihr dürft uns alle gerne weiter im Gebet begleiten und
– um ein gutes Ergebnis bei der augenärztlichen Untersuchung
– um Kraft, Energie und Ausdauer bei uns Eltern
– um liebevollen, geduldigen Umgang mit der Kurzzeitgedächtnis-Situation
– um ein wiederhergestelltes Kurzzeitgedächtnis
beten!